Weizen hat ein fünfmal umfangreicheres Erbgut als der Mensch

Wissenschaftler der Universität Zürich konnten erstmals zusammen mit internationalen Forschungspartnern das gesamte Erbgut des Brotweizens entschlüsseln. Mit diesem Wissen kann nun effizienter gegen Schädlinge und Klimastress beim Weizen vorgegangen werden.

Weizen ist eines der wichtigsten Getreide der Welt und die wichtigste Getreideart der Schweiz. Mehr als 70’0000 Hektaren werden in der Schweiz jedes Jahr mit Weizen bepflanzt. Nun wurde das Erbgut dieser Pflanze erstmals vollständig entschlüsselt. Dies ist das Resultat einer 13-jährigen, internationalen Zusammenarbeit im «International Wheat Genome Sequencing Consortium» (IWSCG). An dem Konsortium von 73 Forschungsinstituten aus 20 Ländern ist auch die Universität Zürich massgeblich beteiligt.

Fünfmal grösser als das menschliche Erbgut

Das Erbgut des Weizens besteht aus über 15 Milliarden Basenpaaren und ist somit etwa fünfmal umfangreicher als das menschliche Erbgut. Das Weizen-Genom ist in 21 Chromosomen unterteilt und besitzt einen dreifachen Chromosomensatz – insgesamt sind dies fast 100’000 Gene. Das Erbgut wird entschlüsselt, indem die Abfolge der Basenpaare in den Chromosomen sequenziert wird.

«Die Entschlüsselung des Weizengenoms ist ein wissenschaftlicher und technologischer Meilenstein. Noch nie zuvor ist ein solch grosses Genom in so hoher Qualität sequenziert worden», sagt Prof. Beat Keller vom Institut für Pflanzen- und Mikrobiologie der Universität Zürich und Koordinator innerhalb des Konsortiums.

Eine besondere Schwierigkeit bei der Entschlüsselung war der extrem hohe Anteil sogenannter Transposons. Diese kurzen Abschnitte im Erbgut liegen in tausenden Kopien vor. Transposons haben kaum Funktionen, die für das Überleben von Weizen wichtig wären, machten es aber bislang extrem schwierig, die Sequenzen des gesamten Erbguts richtig zusammenzusetzen.

«Dank grosser Fortschritte in der Sequenziertechnologie und vor allem in der Bioinformatik konnten nun praktisch vollständige Chromosomen-Sequenzen von Weizen zusammengesetzt werden», erklärt Thomas Wicker, Leiter einer Forschungsgruppe in Bioinformatik und verantwortlich für die Analyse der Transposons.

Gene gegen Schädlingsresistenz identifizieren

Die Kenntnis des kompletten Erbguts des Weizens ermöglicht es, für die Landwirtschaft wichtige Gene einfacher und schneller zu identifizieren und zu isolieren. So zum Beispiel jene, die für Schädlingsresistenzen verantwortlich sind. Diese Gene können dann präzise in kommerzielle Weizensorten eingekreuzt oder auch mit gentechnologischen Methoden eingefügt werden mit dem Ziel, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft zu reduzieren.

«Die vollständige Entschlüsselung des Weizengenoms wird nicht nur die Forschung vereinfachen, sondern auch die Weizenzüchtung effizienter machen», erklärt Thomas Wicker. So setze man auch bei «Agroscope», dem Kompetenzzentrum der Bundes für landwirtschaftliche Forschung, auf die Zusammenarbeit mit der Universität Zürich.

Die jetzt verfügbaren Genomsequenzen erlauben dank präziser Messungen eine viel schnellere Bestimmung der Gene. So kann beim gezüchteten Weizen eine bessere Krankheitsresistenz oder Backqualität erreicht werden. Auch erlauben die neuen Erkenntnisse, die Sorten schneller an die sich ändernden Umweltbedingungen anzupassen.

Weitere Mitarbeit an der internationalen Forschung

Für die Forscher aus Zürich ist die Entschlüsselung des Weizengenoms nur ein erster Schritt. Sie sind bereits in einem weiteren internationalen Projekt aktiv mit dem Ziel, zehn Weizengenome aus verschiedenen Weltregionen zu sequenzieren.

Literatur:
International Wheat Genome Sequencing Consortium (IWGSC). Shifting the limits in wheat research and breeding through a fully annotated and anchored reference genome Sequence. Science, 16. August 2018. DOI: 10.1126/science.aar7191

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Thomas Wicker
Institut für Pflanzen- und Mikrobiologie
Universität Zürich
Tel: 044 634 82 52
wicker@botinst.uzh.ch

Weitere Informationen

Quelle: Melanie Nyfeler Kommunikation
Universität Zürich