Motorik Modul-Studie: 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen nutzen Bewegungschancen nicht

Wie hat sich die motorische Leistungsfähigkeit von Kindern in Deutschland seit 2003 verändert? Und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Bewegungsempfehlungen?

Antworten gibt das MoMo-Symposium am 22.3. im Rahmen des Kongresses „Kinder bewegen“ auf dem Campus des Karlsruher Instituts für Technologie. In zehnminütigen Kurzvorträgen stellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstmalig aktuelle Ergebnisse der jüngsten MoMo-Erhebungswelle zu den Themen Aktivität, Motorik und Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland vor.

Die Vorträge thematisieren die Entwicklung der körperlich-sportlichen Aktivität sowie der motorischen Leistungsfähigkeit und gehen darauf ein, ob es beispielsweise einen Zusammenhang zwischen mangelnder Bewegung und Medienkonsum gibt oder ob Mitglieder von Sportvereinen über eine bessere motorische Entwicklung verfügen als Nicht-Mitglieder. Außerdem zeigt die Studie auf, wie groß der Prozentsatz an Kindern und Jugendlichen ist, die die Bewegungsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation nicht erfüllen.

Leistungsfähigkeit hat um ein Zehntel nachgelassen

Die MoMo-Studie möchte langfristig einen Beitrag zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland leisten. Denn die Ergebnisse verdeutlichen, dass etwa 80 Prozent nicht die Bewegungsempfehlung der Weltgesundheitsorganisation von einer Stunde körperliche Aktivität pro Tag erreichen. Im Vergleich zu Referenzdaten aus den 70er Jahren hat die Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen um ein Zehntel nachgelassen.

Die leichte Tendenz auf Verbesserungen zwischen 2006 und 2012 setzt sich in der aktuellen Erhebungswelle nicht fort. Mit nachhaltigen Folgen: Die Langzeitanalysen über zwölf Jahre belegen, dass aus einem übergewichtigen Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent ein übergewichtiger Erwachsener wird. Die Auswertungen zeigen auch, dass körperlich aktive Kinder weniger gesundheitliche Risikofaktoren entwickeln.

Rückgang in der Alltagsaktivität um etwa 31 Minuten

„Erfreulich ist, dass die in Schulen und Vereinen organisierte körperlich-sportliche Aktivität in den letzten 15 Jahren um 25 Minuten pro Woche leicht zugenommen hat“, sagt Prof. Dr. Alexander Woll vom Karlsruher Institut für Technologie. „Gleichzeitig hat jedoch das unorganisierte Sporttreiben und das Spielen im Freien im selben Zeitraum stark abgenommen.“

Allerdings kann die leichte Zunahme der organisierten körperlichen Aktivität nicht den Rückgang in der Alltagsaktivität um etwa 31 Minuten kompensieren. Was zu einem Bewegungsparadoxon führt: Es waren noch nie so viele Kinder im Sportverein und dennoch war Bewegungsmangel im Alltag noch nie ein so großes Problem wie heute!

Und Prof. Dr. Annette Worth, Prorektorin der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, informiert: „Die Ergebnisse der MoMo-Studie dienen als Grundlage für die Planung und Entwicklung zielgerichteter, bewegungsbezogener Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung.“

Über die Motorik-Modul-Längsschnittstudie (MoMo)

MoMo ist ein Verbundprojekt des Karlsruher Instituts für Technologie und der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut. Die Verbundleitung haben Prof. Dr. Alexander Woll (Karlsruher Institut für Technologie) und Prof. Dr. Annette Worth, (Pädagogische Hochschule Karlsruhe). Die Studie wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Bereits seit 2003 werden in regelmäßigen Abständen Daten in mehr als 160 Untersuchungsorte in ganz Deutschland erhoben. Die Untersuchung beinhaltet sowohl motorische Tests als auch die Aktivitätserfassung mittels Aktivitätsfragebogen und Akzelerometern (Beschleunigungssensoren).

Die Studie kombiniert zwei unterschiedliche Methoden, um möglichst aussagekräftige Ergebnisse über den Entwicklungsstand innerhalb einer Kohorte zu erlangen. In der Längsschnitt-Analyse werden zum einen dieselben Personen mehrmals in zeitlichem Abstand getestet, um daraus Entwicklungsverläufe erkennen zu können. Zum anderen werden im Kohortenvergleich unterschiedliche Personen desselben Alters miteinander verglichen, um Veränderungen innerhalb der jeweiligen Altersgruppe über einen Zeitraum hinweg ableiten zu können.

Weitere Infos über MoMo:

Quelle: Pädagogische Hochschule Karlsruhe