- Studie des staatlichen Max-Rubner-Instituts bewertet Nutri-Score-Ampel offenbar positiv
- Bundesernährungsministerium weigert sich, Original-Studie herauszugeben
- Ministerium beantwortet Informationsfreiheitsgesetz-Antrag von foodwatch unvollständig
Ernährungsministerin Julia Klöckner hält eine wissenschaftliche Studie zurück, die offenbar der Lebensmittelampel „Nutri-Score“ ein positives Zeugnis ausstellt. Das geht aus internen E-Mails aus dem Bundesernährungsministerium hervor, die die Verbraucherorganisation foodwatch am Montag veröffentlicht hat.
Frau Klöckner hatte kürzlich eine in ihrem Ministerium redaktionell bearbeitete Einschätzung des staatlichen Max-Rubner-Instituts zur Nährwertkennzeichnung bei Lebensmitteln vorgestellt – die zugrundeliegende Original-Studie mit der rein wissenschaftlichen Bewertung der Experten wurde jedoch nie veröffentlicht, wie foodwatch kritisierte. Auch auf mehrfache Nachfrage hin wollte das Klöckner-Ministerium diese nicht herausgeben.
Die E-Mails aus dem Bundesernährungsministerium belegen, dass das Max-Rubner-Institut bereits im Herbst 2018 einen Bericht vorgelegt hatte. Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass die Nutri-Score-Ampel nach französischem Vorbild „grundsätzlich vorteilhaft für eine ‚Front of Pack‘-Nährwertkennzeichnung“ sei – so lautete die klare Einschätzung aus dem Bundesernährungsministerium zu den Forschungsergebnissen.
In einem internen Vermerk hieß es allerdings, Ministerin Klöckner habe „ausdrücklich darum gebeten, (…) größte Vertraulichkeit sicherzustellen“. Die „Prüfung der MRI-Studie“ bedürfe noch „der Abstimmung mit anderen Referaten“. Ein halbes Jahr später veröffentlichte das Bundesernährungsministerium dann eine offenbar überarbeitete Fassung der Studie. Bei der Vorstellung Anfang April bewertete Frau Klöckner den Nutri-Score zurückhaltend und betonte, man wolle mit Befragungen und weiteren Untersuchungen ein eigenes Modell zur Nährwertkennzeichnung entwickeln.
foodwatch forderte unter Bezugnahme auf das Informationsfreiheitsgesetz die Bundesernährungsministerin auf, die Original-Studienergebnisse des Max-Rubner-Instituts umgehend herauszugeben. Unter www.aktion-ampelstudie.foodwatch.de startete die Verbraucherorganisation eine Online-Protestaktion, über die Bürgerinnen und Bürger sich der Forderung anschließen können.
„Politik auf der Basis von Wissenschaft und Fakten, wie von Frau Klöckner immer wieder betont, braucht keine Geheimhaltung von wissenschaftlichen Studien. Über das Informationsfreiheitsgesetz haben Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch auf Informationen von Behörden und Ministerien. Es ist inakzeptabel, dass Frau Klöckner eine von Steuerzahlern bezahlte Studie des staatlichen Max-Rubner-Instituts einfach als ‚vertraulich‘ einstuft und die Veröffentlichung verweigert – und stattdessen nur eine überarbeitete Version herausgibt“, sagte Luise Molling von foodwatch.
foodwatch hatte die internen E-Mails aus dem Bundesernährungsministerium (BMEL) aufgrund eines Antrags gemäß Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erhalten. In den Schreiben wird unter anderem Bezug genommen auf eine Studie, die das BMEL beim Max-Rubner-Institut in Auftrag gegeben hatte, um verschiedene Systeme zur Kennzeichnung von Zucker, Fett, Salz und anderen Nährwerten zu untersuchen.
„Die vorläufigen Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Studie liegen dem BMEL seit kurzem vor und werden derzeit in der zuständigen Fachabteilung ausgewertet. Es [das MRI] kommt in seinem Bericht zu dem Ergebnis, dass der Nutri-Score als [sic!] grundsätzlich vorteilhaft für eine ‚Front of Pack‘-Nähwertkennzeichnung ist“, heißt es in einer Mail vom 10. Oktober 2018. Das Max-Rubner-Institut habe die Ampel „lediglich wissenschaftlich bewertet“ und sich einer politischen Einschätzung enthalten, heißt es weiter.
Ein interner Vermerk stellt klar: „Frau Bundesministerin hat (…) ausdrücklich darum gebeten, zu den vorbereitenden Arbeiten des MRI größte Vertraulichkeit sicherzustellen.“ Und weiter; „Die Prüfung der MRI-Studie in der Fachabteilung bedarf der Abstimmung mit anderen Referaten und wird daher noch Zeit benötigen.“
Diese ursprüngliche Studie des Max-Rubner-Instituts zur Nährwertkennzeichnung wurde bis heute nicht veröffentlicht und wurde foodwatch auch nicht im Rahmen des IFG-Antrages übermittelt. Als foodwatch nachfragte, verwies das Ministerium lediglich auf die von Frau Klöckner im April 2019 vorgestellte Fassung des Berichts. Eine weitere Nachfrage blieb vom Ministerium unbeantwortet.
E-Mail-Aktion von foodwatch: www.aktion-ampelstudie.foodwatch.de
Links:
- Interne E-Mails aus dem Bundesernährungsministerium
- E-Mail-Verkehr zwischen BMEL und foodwatch
Quelle: foodwatch