Neue Düngeverordnung: zwanzig Prozent unter Bedarf …

Foto: Bauer Willi

Für diejenigen, die es nicht wissen: Die Landwirte müssen, bevor wir mit dem Düngen beginnen, eine schriftliche Düngebedarfsplanung machen, die bei einer Kontrolle vorzulegen ist. Das ist ungefähr so, wie wenn die Küche eines Seniorenheims, eines Kindergarten oder einer Firmenkantine die Essensrationen für die Woche plant. Der Koch weiß grob, wie viele Leute zum Essen kommen, welchen Appetit die mitbringen und dementsprechend wir gekocht. So viel Kilo Kartoffeln, Gemüse, Fleisch, Nachspeise. Wenn es gut läuft, bleibt vom Essen nichts mehr übrig. Es wird also restlos alles aufgegessen. Das kommt aber eher selten vor.

Mit der Düngung verhält es sich ähnlich. Die Landwirte wollen die Pflanze richtig ernähren, planen, was die Pflanze braucht, wissen aber bis zur Ernte nicht, ob die Pflanzen alles aufessen. Wenn, wie im letzten Jahr, die Dürre kommt und der Ertrag niedriger bleibt, können sie von dem Essen für die Pflanzen nichts mehr wegnehmen. Anders als in der Kantine wird der Dünger aber nicht weggeworfen, sondern er bleibt als Reserve im Boden und wird im nächsten Jahr wieder verwendet. Damit er auch wirklich dort bleibt, bauen sie sogenannte Zwischenfrüchte an, die die Nährstoffe in der Pflanzenmasse speichern. Die werden nicht geerntet, sondern im Frühjahr in den Boden eingearbeitet. Das ist so, wie wenn man die Essensreste einfriert und zur nächsten Mahlzeit wieder auftaut.

Jetzt sollen die Landwirte aufgrund der neuen Düngeverordnung 20% unter dem Bedarf der Pflanzen düngen. Um beim Beispiel mit der Kantine zu bleiben: der Koch soll 20% weniger Essen kochen. Das kann durchaus Sinn machen, denn es gibt mit Sicherheit einige Übergewichtige, denen man ja die Rationen kürzen könnte oder die überhaupt nichts zu essen bekommen. Das sieht die Düngeverordnung aber nicht vor. Die Portionen sollen für alle gekürzt werden, egal ob übergewichtig oder eher mager. „Stimmt nicht ganz“, werden einige sagen, die sich auskennen. „Das gilt ja nur für die roten Gebiete“. Stimmt. Dazu muss man aber wissen, dass, um beim Beispiel zu bleiben, ein einziger Übergewichtiger in einer Gruppe (Region) ausreicht, damit die ganze Gruppe (Region) per Verordnung zu übergewichtig erklärt wird. Also bekommt die ganze Gruppe 20% weniger zu essen.

Sicher dürfte sein, dass jetzt kein Essen mehr weggeworfen wird. Ziel erreicht, könnte man sagen. Aber: derjenige, der 140 kg auf die Waage bringt, kann die kleinere Portion besser verkraften. Im Laufe der Zeit wird sein Gewicht vielleicht sogar auf 120 kg sinken, übergewichtig ist er aber auch dann noch. Wer aber nur 65 kg wiegt, dessen Body-Mass-Index eher am unteren Rande liegt, wird hungern und noch weiter abnehmen. Eine Zeitlang wird er das überleben, aber eben auch nur eine Zeitlang….

Und noch was: warum eigentlich nur eine Reduktion um 20%? Warum nicht um 50% oder mehr? Dann stellen sich die „erwünschten Effekte“ doch viel schneller ein!!

Liebe Mitbürger, liebe Medien, liebe heute-Show, ich hoffe, ihr könnt jetzt nachvollziehen, warum die neue Düngeverordnung uns Bauern so aufregt. Dem Übergewichtigen die Ration kürzen ist ja in Ordnung, aber alle auf Diät zu setzen? Macht doch wenig Sinn, oder?

Quelle: Bauer Willi