Cassava: Pflanzenvirus bedroht Grundnahrungsmittel in Afrika

Die Krankheit befällt die Wurzeln der auch als Maniok bekannten Cassava-Pflanze. Afrikanische Cassava-Züchter treffen sich mit Pflanzen-Virusforschern der DSMZ am JKI in Braunschweig. Ihr Ziel: eine rasche Züchtung von Cassava-Sorten, die resistent gegen die neue Krankheit sind und so die Ernährung von Millionen Afrikanern sichern können.

Für rund eine halbe Milliarde Menschen in Afrika – vor allem südlich der Sahelzone – sind nicht Weizen oder Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel, sondern die stärkehaltigen Wurzeln der Cassava-Pflanze, die auch als Maniok bekannt ist. Doch die Versorgung mit dieser ansonsten robusten Feldfrucht ist aktuell in Gefahr: Ein Virus, das sich in wenigen Jahren rasch in vielen afrikanischen Ländern ausgebreitet hat und immer weiter voranschreiten, infiziert Cassava-Pflanzen und lässt ihre Wurzeln absterben. Da die Infektion am oberirdischen Teil der Pflanzen kaum Spuren hinterlässt, fällt der Befall den Bauern zumeist erst auf, wenn sie die nicht mehr essbaren Wurzeln ernten.

Um die effektivsten Strategien zu besprechen, wie die weitere Ausbreitung der Krankheit in die wichtigsten Anbauländer Nigeria oder Kongo verhindert werden kann, treffen sich derzeit auf Initiative des internationalen Züchtungsprojekts NextGen-Cassava Züchter aus der ganzen Welt zu einem mehrtägigen intensiven Austausch am Julius Kühn-Institut (JKI) im niedersächsischen Braunschweig. Bei dem Treffen diskutieren die Forscher, wie die Züchtung von Cassava-Pflanzen beschleunigt werden kann, die gegen das Virus resistent sind. Gastgeber ist der Virologe Dr. Stephan Winter vom Leibniz-Institut DSMZ (Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen).

Dr. Winter untersucht zusammen mit Pflanzenvirologen des JKI seit mehr als 20 Jahren neue unbekannte Viren. Er ist einer der weltweit führenden Experten für das aggressive Cassava brown streak virus (CBSV). Seit 2014 finanziert die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung einen Teil von Winters erfolgreicher Cassava-Forschung. „Ohne die eng vernetzte Zusammenarbeit Tür an Tür mit den international renommierten Virologen des JKI sind solche Erfolge nicht möglich“, sagt Dr. Winter über seine Forschung. „So konnte ich auch bei Cassava die Forschungsgewächshäuser des JKI für die praktischen Versuche mit Pflanzenviren nutzen.“ Auch Prof. Dr. Johannes Hallmann vom JKI, an dessen Institut Doktor Winter einen Großteil seiner Forschung durchführt, sieht hierin eine Win-Win-Situation: „Die fachliche Expertise und inhaltlichen Aufgaben der DSMZ ergänzen in idealer Weise unsere eigenen Aufgaben, so dass durch die enge Zusammenarbeit der Pflanzenvirologen von DSMZ und JKI ein enormer Mehrwert generiert wird, der sehr erfolgreich in gemeinsame Projekte mündet.“

Ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung des Cassava brown streak virus ist bereits getan: Stephan Winter ist es gelungen, in Genbanken in Kolumbien virusresistente Cassava-Pflanzen aufzuspüren, die er in den Gewächshäusern des JKI intensiv testete und die auch erste Auspflanzungen im Freiland auf dem afrikanischen Kontinent erfolgreich bestanden. Nun gilt es, dieses resistente Material möglichst schnell in Sorten einzukreuzen, die an die Anbaubedingungen in Afrika angepasst sind.

Projekt: NextGen Cassava https://www.nextgencassava.org/
Um das Arbeitstreffen in Braunschweig hatte Prof. Dr. Chiedozie Egesi, Projektkoordinator des internationalen NextGen Cassava-Züchtungsprojekts gebeten. Der Cassava-Züchtern arbeitet am International Institute of Tropical Agriculture (IITA) in Ibadan, Nigeria und ist Professor für Pflanzenzüchtung an der Cornell Universität in Ithaca/USA. Weitere Züchter kommen aus Uganda und Tansania.

Informationen zu Cassava
Die Cassava-Pflanze stammt ursprünglich aus Südamerika. Von dort wurde sie vor rund 400 Jahren von Portugiesen nach Afrika gebracht. In Deutschland nahezu unbekannt, spielt Cassava in vielen Ländern südlich der Sahara und vor allem in Nigeria und dem Kongo sowie teilweise in Südamerika eine noch wesentlichere Rolle bei der Ernährung als hierzulande Weizen oder Kartoffeln. Die Wurzeln der Pflanze werden gekocht, gebacken oder gebraten, können aber auch über längere Zeiträume gelagert oder zu Stärke (Tapioka) verarbeitet werden. Besonders die ärmere Landbevölkerung in vielen Ländern Afrikas ist auf Cassava als wichtigstem Kalorienlieferanten angewiesen. Cassava-Pflanzen gelten als ausgesprochen robust. Sie stellen beispielweise keine großen Ansprüche an den Boden und trotzen Trockenheit. Allerdings wird der Anbau immer wieder durch Viruskrankheiten bedroht. Da die Pflanzen vegetativ vermehrt werden, ist die genetische Vielfalt auf den Ackerflächen extrem eingeschränkt. Gegen das fatale Cassava-Mosaikvirus (CMV) konnten glücklicherweise resistente Sorten gezüchtet und flächendeckend eingeführt werden. Diese zeigen sich aber anfällig für die vor einigen Jahren erstmals aufgetretene Krankheit Cassava brown streak virus disease (CBSD).

Weitere Informationen: Presseinfo der DSMZ vom 17.12.2018: https://idw-online.de/de/news708079

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