Health-Claims: Keine leichten Gesundheitsversprechen

Konferenz der Akademie Fresenius diskutierte Fallstricke der Health Claims-Verordnung für funktionale Lebensmittel.

Seit ihrer Einführung sorgt die Health-Claims-Verordnung für Schlagzeilen: Nährwertprofile, Gesundheitsaussagen und süße, fetthaltige Lebensmittel, Gesundheitsangaben für Functional Food und Superfood bestimmen auch 2019 die Diskussion. Die neunte internationale Konferenz der Akademie Fresenius „Health Claims and Functional Ingredients“ am 4. und 5. Juni in Mainz diskutierte die Rechtslage und blickte in die Zukunft für funktionelle Lebensmittel, die nicht nur Nahrung bieten, sondern darüber hinaus physiologische Parameter gezielt beeinflussen sollen.

Seit 2006 sind nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben in der Werbung und Kennzeichnung von Lebensmitteln nur noch möglich, wenn sie durch die „Health-Claims“-Verordnung ausdrücklich zugelassen sind. Es gilt zudem ein strenger Wissenschaftsvorbehalt: Erlaubt sind Gesundheitsaussagen nur, wenn sie durch anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse nachgewiesen sind. Das hat zu viel Verunsicherung und Diskussionen geführt.

„Lieber auf Nummer sicher gehen…“ rät Sebastián Romero Melchor vom Beratungsunternehmen Food Compliance International den Herstellern. Er betont die breite Spanne an Auslegungsmöglichkeiten für Health Claims: „Produktaussagen können auch dann unter die Health-Claims-Definition fallen, wenn sie nicht vorteilhafte Wirkungen des Lebensmittels ausloben, und unabhängig davon, ob ein Durchschnittsverbraucher sie als vorteilhafte Wirkung ansieht oder nicht. “

Jeder Claim ist einzigartig

„Jeder Claim ist auf seine Weise einzigartig“, betont Andreu Palou von der University of the Balearic Islands. So müssten bei der Zulassung die wissenschaftlichen Anforderungen immer wieder an den Kontext des Lebensmittels, der Zielgruppe und der vorgeschlagenen Einnahmemenge angepasst werden. Das verlangsamt und erschwert die Zulassung von Health Claims enorm: Bis heute steht in der EU 30 genehmigten nährwertbezogenen Angaben und 261 genehmigten Health Claims die große Zahl von 2030 abgelehnten Health Claims und 2140 offenen Verfahren gegenüber.

Probiotische Lebensmittel: Marktrückgang durch Health-Claims-Verordnung?

Die Bewerbung eines Joghurts mit probiotischen Bakterien mit dem Slogan „Stärkung des Immunsystems“ ist seit 2006 nicht mehr erlaubt – sehr zum Ärger der Anbieter probiotischer Lebensmittel. Die International Probiotics Association (IPA) mit Sitz in Brüssel bemängelt, dass die EU-Gesetzgebung Hersteller probiotischer Lebensmittel vor unlösbare Probleme stelle, so lange die Gesetzgebung nicht eindeutiger gestaltet werde.

Wie IPA-Direktorin Rosanna Pecere auf der Konferenz darlegte, beschreibt der Terminus „probiotisch“ nach Auffassung des Verbandes weder eine Funktion noch einen gesundheitsbezogenen Nutzen. Eine der Hauptbedingungen, die eine Genehmigung für gesundheitsbezogene Angaben erfüllen muss, ist die Beschreibung einer bestimmten Auswirkung. Genau das sei aber bei Probiotika sehr schwer, weil diese stammspezifisch ausfielen. Somit lasse die Aussage „enthält Probiotika“ keinen Rückschluss auf Gesundheitsvorteile zu.

Noch fehlen klare und abgrenzbare Kriterien für Probiotika. Das hat in den Augen Rosanna Peceres verunsicherte Verbraucher und Wettbewerbsnachteile für die Hersteller zur Folge. Deshalb habe sich das Marktwachstum für Probiotika in der EU im Vergleich zu anderen Märkten erheblich abgeschwächt. War die EU vor einigen Jahren noch Spitzenreiter im Verkauf und Verzehr probiotischer Lebensmittel, so liege Europa nun nur noch auf Platz Drei hinter China und den USA.

Probiotika-Hersteller fordern eigene Produktkategorie

Die Hersteller von Probiotika verzeichnen Pecere zufolge einen Umsatzverlust von einer Milliarde Euro. Sie plädiert für die Entwicklung einer einheitlichen Lebensmittel-Kategorie „Probiotika“: „Die Anerkennung einer eigenen Kategorie würde die Sackgasse für Probiotika in der EU beseitigen und sogar die Einreichung individueller probiotischer gesundheitsbezogener Angaben fördern.“

Omega3-Fettsäure-Zufuhr: Hersteller wechseln vom Einnahme- zum Aufnahme-Konzept

Die BASF SE hat den Mangel an Omega3-Fettsäuren als eine der großen Herausforderungen und Chancen für die Ernährungsindustrie ausgemacht. Der menschliche Körper benötigt sie für den Stoffwechsel in den Zellen und zum Schutz der Gefäße. Mit „Accelon“ hat der Konzern eine funktionelle Produktlösung auf den Markt gebracht, die durch eine verbesserte Omega-3-Aufnahme zur optimalen Versorgung der Verbraucher beitragen soll.

Bernd Haber stellte das Konzept vor: „Wir gehen bei unseren Überlegungen nicht mehr von der Omega-3-Einnahme (Intake), sondern von der Aufnahme (Uptake) aus, also von der angemessenen Absorption der vom Körper benötigten Fettsäuren in den Blutkreislauf.“ Accelon ist eine hochkonzentrierte Fischöl-Kapsel, die sich beim Eintritt in den Magen schnell in eine Omega-Mikroemulsion auflöst, die in den Darm gelangt und effektiv absorbiert wird.

Mit dem Fokuswechsel von der Einnahme auf die Absorption sieht BASF eine Richtungsänderung in der Herstellungs- und Anwendungsstrategie für funktionale Lebensmittel auf dem Weg zur personalisierten Ernährung. So könnten personalisierte funktionale Lebensmittel zur Entlastung der öffentlichen Gesundheitsausgaben beitragen: „Durch eine kontinuierliche Einnahme von Omega3-Fettsäuren von Risikogruppen könnten die Gesundheitsausgaben im Bereich der Herzgesundheit in der EU pro Jahr um 13 Milliarden Euro gesenkt werden“, ist Haber überzeugt.

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Quelle: Akademie Fresenius

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