Keine Krebsrisiken verheimlicht: Sämtliche fachlichen Schlussfolgerungen des BfR zu Glyphosat sind seit Jahren öffentlich zugänglich

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erhält derzeit Informationsanträge zu einer wissenschaftlichen Abhandlung des BfR zum Wirkstoff Glyphosat, die auf einer Internetplattform ohne Zustimmung des BfR veröffentlicht wurde.

Bei der Abhandlung handelt es sich um die deutschsprachige zusammenfassende Stellungnahme des BfR zur IARC-Monographie über Glyphosat vom 4. September 2015. Die aus- führliche wissenschaftliche Bewertung enthält das Addendum I, welches ebenfalls 2015 vom BfR verfasst wurde. Das Addendum I sowie sämtliche fachlichen Schlussfolgerungen sind seit Herbst 2015 für die Öffentlichkeit frei zugänglich: https://www.efsa.europa.eu/de/press/news/151119-0

Das BfR hat im Wege einer Allgemeinverfügung entschieden, die zusammenfassende Stellungnahme allen Antragstellenden über eine nicht öffentlich zugängliche BfR-Internetseite individuell zugänglich zu machen. Das Institut kommt damit einerseits seinen Verpflichtungen nach dem Informationsfreiheitsgesetz nach, andererseits wahrt es das Urheberrecht an seinen wissenschaftlichen Arbeitsergebnissen.

Die Abhandlung hatte das BfR einem Antragsteller aufgrund einer Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz Ende 2018 übersandt. Das BfR hat allerdings zugleich sein hieran bestehendes Urheberrecht geltend gemacht. Dritte dürfen grundsätzlich nicht das Werk eines anderen ohne dessen Zustimmung veröffentlichen. Das BfR nimmt somit seine Rechte als wissenschaftliches Institut wahr. Die Rechtsfragen sind von grundsätzlicher Bedeutung für die zukünftige wissenschaftliche Tätigkeit des BfR. Dieses Vorgehen ist unabhängig von der wissenschaftlichen Bewertung. Im Rahmen der Neubewertung des Wirkstoffs Glyphosat sind keinesfalls Krebsrisiken verheimlicht worden.

Das BfR hat Fragen und Antworten zum Thema zusammengestellt.

Will das BfR Krebsrisiken verschleiern?

Nein. Sämtliche fachlichen Schlussfolgerungen sind seit Herbst 2015 für die Öffentlichkeit frei zugänglich. Das BfR beruft sich bei dem Vorgehen auf das Urheberrechtsgesetz. Dieses Vorgehen ist unabhängig von der wissenschaftlichen Bewertung und den wissenschaftlichen Inhalten.

Worum handelt es sich bei der zusammenfassenden Stellungnahme?

Es handelt es sich um die sechsseitige deutschsprachige Zusammenfassung des BfR zur IARC-Monographie über Glyphosat vom 4. September 2015. Diese Stellungnahme ist kein Gutachten. Die ausführliche wissenschaftliche Bewertung enthält das Addendum I, welches ebenfalls 2015 vom BfR verfasst wurde. Das Addendum I sowie sämtliche fachlichen Schlussfolgerungen sind seit Herbst 2015 für die Öffentlichkeit frei zugänglich: https://www.efsa.europa.eu/de/press/news/151119-0

Warum hat das BfR sein Urheberrecht geltend gemacht?

Dritte dürfen grundsätzlich nicht das Werk eines anderen ohne dessen Zustimmung veröffentlichen. Verfasserinnen und Verfasser der Stellungnahme sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfR. Da es sich bei einer wissenschaftlichen Abhandlung um einen geistig schöpferischen Akt einer wissenschaftlichen Institution handelt, liegt das Urheberrecht bei der Institution. Die Arbeit des BfR zeichnet sich durch ihren wissenschaftlichen, forschungsgestützten Ansatz aus, der alle Aufgabenfelder des BfR durchzieht. Vor diesem Hintergrund ist es von wesentlicher Bedeutung für das BfR, wer das Erstveröffentlichungsrecht an seinen geistigen Werken hat. Diese Frage sollen die laufenden Rechtsstreite klären.

Auf welche Urteile zu urheberrechtlichen Fragen kann das BfR verweisen?

Das BfR verweist auf die öffentlich zugänglichen Urteile des Landgerichts Köln (LG Köln, 15.12.2016 – 14 O 302/15) und des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln, 06.12.2017 – 6 U 8/17) in dem einstweiligen Verfügungsverfahren BfR ./. MDR. Diese sind beispielsweise in der juristischen Datenbank Juris veröffentlicht. Außerdem bietet das Land Nordrhein- Westfalen einen Rechercheservice unter dem Link https://www.justiz.nrw/BS/nrwe2/index.php. Hier sind die Urteile ebenfalls abrufbar mittels Eingabe des jeweiligen Aktenzeichens. Das Hauptsacheverfahren ist derzeit noch anhängig.

Wie viele Anfragen nach Informationsfreiheitsgesetz (IFG) sind bislang beim BfR eingegangen und wie geht das BfR damit um?

Zum Stand 5. Juni 2019 sind mehr als 43.000 standardisierte Anfragen eingegangen. Das BfR hat im Wege einer Allgemeinverfügung entschieden, diese Stellungnahme allen Antragstellenden über eine nicht öffentlich zugängliche BfR-Internetseite individuell zugänglich zu machen. Die Allgemeinverfügung vom 23. April 2019 wurde im Bundesanzeiger am 3. Mai 2019 veröffentlicht (https://www.bundesanzeiger.de/ebanzwww/wexsservlet?page.navid=to_official_part).

Der Informationszugang erfolgt als Lesezugang auf einem Webportal (https://dokumente.bfr.bund.de/glypo/), das auf der speziellen Internetseite bereitgestellt wurde. Der Login wird durch individuell übersandte Zugangsdaten ermöglicht und ist innerhalb eines Zeitraums von sieben Tagen auch mehrfach möglich. Das Institut kommt damit einerseits seinen Verpflichtungen nach dem Informationsfreiheitsgesetz nach, andererseits wahrt es das Urheberrecht an seinen wissenschaftlichen Arbeitsergebnissen. Das BfR geht diesen neuen Weg, um gesetzliche Anforderungen hinsichtlich der Transparenz von Behördenentscheidungen zu erfüllen und Anfragen in einem angemessenen Zeitraum zu beantworten. Gebühren werden für den Informationszugang nicht erhoben.

Welche Kosten sind dem BfR für die Schaffung des Webportals entstanden?

Das BfR hat keine Unternehmen mit der Erstellung beauftragt. Kosten für den Einsatz des eigenen Personals wurden nicht gesondert erhoben. Der Gesamtaufwand wurde nachträglich mit einem Wert unterhalb von 15.000 Euro geschätzt.

Warum hat das BfR das Dokument nicht verschickt?

Ein Postversand an alle Antragstellenden hätte Kosten in sehr großer Höhe für Papier, Druck, Porto, Arbeitskraft etc. verursacht. Auch im Hinblick auf natürliche Ressourcen wäre dies nicht angemessen gewesen. Eine massenhafte Versendung per E-Mail schied aus, weil dies die Gefahr weiterer Urheberrechtsverletzungen erhöht hätte.

Welche Rolle spielt das aufsichtführende Ministerium (BMEL)?

Das BfR ist eine unabhängige wissenschaftliche Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Als Anstalt des öffentlichen Rechts vertritt sich das BfR selbst vor Gericht bzw. beauftragt Kanzleien, soweit dies gesetzlich zur Vertretung vor Gerichten vorgeschrieben ist. Hierüber unterrichtet es das aufsichtführende Ministerium (BMEL). Das BfR ist in seiner wissenschaftlichen Bewertung, Forschung und Kommunikation unabhängig.

Warum hat das BfR die Stellungnahme nicht selbst veröffentlicht?

Im Jahr 2015 wurden das Addendum I und die deutschsprachige Zusammenfassung nicht vom BfR veröffentlicht, weil sie Gegenstand des europäischen Genehmigungsverfahrens für Glyphosat waren. Das Addendum I wurde im Herbst 2015 von der EFSA als verfahrensleitender Behörde veröffentlicht. Somit sind sämtliche fachlichen Schlussfolgerungen öffentlich zugänglich.

Das Addendum I und die zusammenfassende Stellungnahme des BfR sind noch Gegenstand laufender Verfahren vor dem Landgericht Köln. Hierbei handelt es sich um grundsätzliche Fragen des Urheberrechts des BfR. Während der Prozesse wird das BfR die Stellungnahme nicht veröffentlichen, da die Berechtigung der Erstveröffentlichung dann durch das Gericht nicht mehr geklärt werden könnte. Nach Abschluss der Verfahren wird das BfR über eine Veröffentlichung der zusammenfassenden Stellungnahme entscheiden.

Sollten aus Sicht des BfR Studien zu Pflanzenschutzmittelwirkstoffen im Rahmen von Genehmigungsverfahren offen zugänglich sein?

Das BfR unterstützt seit Jahren die weitere Erhöhung der Transparenz der Bewertungsverfahren. Toxikologische Originalstudien der Industrie sollten frei zugänglich sein, so wie es die durch die EFSA veröffentlichten Bewertungsberichte bereits sind. Allerdings sollten dabei die bestehenden Gesetze eingehalten werden.

Aus Sicht des BfR ist ein uneingeschränkter Zugang der Öffentlichkeit zu wissenschaftlichen Informationen wünschenswert. Glyphosat ist vom BfR nach derzeitigem Wissensstand als nicht krebserzeugend bewertet worden. Diese Entscheidung ist auf der Grundlage einer unabhängigen und umfassenden Auswertung aller verfügbaren wissenschaftlichen Studien gefällt worden. Sämtliche Bewertungsbehörden weltweit, denen die Originaldaten vorlagen, kamen nach eigener Bewertung zu dem Schluss, dass Glyphosat nach derzeitigem Stand des Wissens nicht als krebserzeugend für den Menschen einzustufen ist.

Welche Institutionen kommen derzeit zu dem Schluss, dass Glyphosat nicht als krebserzeugend für den Menschen einzustufen ist?

Folgende Bewertungsbehörden europa- und weltweit kommen nach eigener Bewertung mittels etablierter international anerkannter toxikologischer Standardverfahren zu dem Schluss, dass Glyphosat nach derzeitigem Stand des Wissens nicht krebserzeugend und genotoxisch hinsichtlich der Auswirkungen auf den Menschen ist.

  • das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
  • die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sowie die Expertinnen und Experten der Risikobewertungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten
  • die US-amerikanische Umweltbehörde (US-EPA)
  • die kanadische Bewertungsbehörde Pest Management Regulatory Agency (PMRA)
  • die australische Bewertungsbehörde Australian Pesticides and Veterinary Medicines Authority (APVMA)
  • die japanische Food Safety Commission
  • die neuseeländische Umweltbehörde EPA
  • das Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der Welternährungsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
  • die Europäische Chemikalienagentur (ECHA)

Weitere Informationen auf der BfR-Website zum Thema Glyphosat:
https://www.bfr.bund.de/de/a-z_index/glyphosat-126638.html

Über das BfR

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.

Quelle: Mitteilung Nr. 021/2019 des BfR vom 7. Juni 2019