Pflanzenschutzmittel – wie wird das gesundheitliche Risiko für Anwenderinnen und Anwender bewertet?

Von Pflanzenschutzmitteln dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit ausgehen. Deshalb ist nicht nur die Bewertung der möglichen gesundheitlichen Risiken von Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch von Anwenderinnen und Anwendern ein zentrales Thema bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Das BfR bewertet nach europaweit harmonisierten Bewertungsgrundsätzen, ob bei sachgerechter und bestimmungemäßer Anwendung der Schutz der Gesundheit aller Personen gewährleistet ist, die mit dem Mittel bei der Ausbringung in Kontakt kommen können. Dazu gehören u.a. Landwirte, aber auch Mitarbeitende im Gartenbau oder nichtberufliche Anwenderinnen und Anwender im Haus- und Kleingartenbereich.

Die Expertinnen und Experten beurteilen u.a., welche Menge an Pflanzenschutzmittel über die Lunge oder die Haut aufgenommen wird (die Einnahme über die Nahrung wird separat bewertet). Überschreitet die Exposition den toxikologischen Richtwert, ist eine Zulassung nur eingeschränkt möglich. Sprich: Anwenderinnen und Anwender von Pflanzenschutzmitteln müssen Arbeitskleidung, Handschuhe oder andere Schutzausrüstung tragen, um die Belastung auf ein vertretbares Maß zu reduzieren. Dies kann genauso für Arbeitskräfte gelten, die beispielsweise bei der Ernte mit behandelten Pflanzen in Kontakt kommen. Das Risiko für Anwohnerinnen und Anwohnern sowie für weitere Unbeteiligte kann gesenkt werden, indem Technik zum Einsatz kommt, die beim Sprühen von Pflanzenschutzmitteln das Verwehen vermindert.

Die Bewertung der Exposition von Anwenderinnen und Anwendern basiert in der EU seit 2016 auf dem aktuellen EFSA-Modell (Agricultural Operator Exposure Model; AOEM), das in die EFSA-Leitlinie zur Expositionsschätzung (EFSA Guidance, 2014) integriert ist. Das Konzept basiert auf Messungen, bei denen die Versuchspersonen Arbeitskleidung trugen und Pflanzenschutzmittel unter Praxisbedingungen anwendeten. Anschließend wurden die Rückstände, die durch die Kleidung gedrungen waren, gemessen. Um die Exposition der Hände zu bestimmen, wurden nach dem Händewaschen die Chemikalienmengen im Waschwasser analysiert.

Die Exposition von Arbeitskräften, die beispielweise auf behandelten Flächen arbeiten (z.B. bei Erntearbeiten), wird ebenfalls auf Basis der EFSA-Leitlinie berechnet. Dabei gilt: Erst wenn das aufgetragene Pflanzenschutzmittel getrocknet ist, dürfen Menschen die behandelte Fläche wieder betreten. Übersteigt während der anschließenden Arbeiten die Exposition den Grenzwert, sollten Maßnahmen ergriffen werden. Die Beschäftigten müssen möglicherweise Arbeitskleidung und gegebenenfalls auch Handschuhe tragen – entsprechend der erforderlichen Reduzierung des gesundheitlichen Risikos. Zusätzlich kann die Arbeitszeit auf maximal zwei Stunden täglich beschränkt werden. Dies ist in der Regel nur für einen kurzen Zeitraum der Fall. Wie lange Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen sind, wird angegeben.

Grundsätzlich muss es für alle Anwendungsgebiete, für die ein Pflanzenschutzmittel zugelassen wird, Angaben zur Exposition geben. Dazu werden häufig die Standardwerte aus der EFSA-Leitlinie herangezogen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt daher, dass Hersteller von Pflanzenschutzmitteln weitere Messungen für das Zulassungsverfahren vornehmen, beispielsweise wie schnell sich Pflanzenschutzmittel auf Pflanzen abbauen.

Neue und realitätsnähere Expositionsberechnungen können auch für ein bereits zugelassenes Pflanzenschutzmittel beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit eingereicht werden. Das BfR erhält dann den Auftrag, die Daten zu prüfen. Als Ergebnis können die Zulassungsbedingungen für ein Pflanzenschutzmittel aktualisiert und Sicherheitsvorgaben angepasst werden. Allgemein gilt: Das BfR überprüft die von Herstellerfirmen vorgelegten Bewertungen und gibt selbst Schutzvorgaben vor, wenn nötig.

Weitere Informationen auf der BfR-Website zum Thema:

Über das BfR

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.

Quelle: BfR