Die Fränkische Zwetschge erfindet sich neu

Zwetschge
Foto: WG Veitshöchheim

Einmal Ableeren bitte: Auch bei den rund 600 Zwetschgenbäumen der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) im Versuchsbetrieb in Thüngersheim läuft die Ernte auf Hochtouren. Dort werden 100 Sorten und Neuzüchtungen auf ihre Anbaueignung in Franken auf Herz und Nieren geprüft. Mit dabei ist natürlich auch der Zwetschgenklassiker schlechthin – die Hauszwetschge. Doch in den letzten Jahren ist es still geworden um die ovale, blau-schwarze bzw. violette Frucht, was sich aber bald ändern könnte: Denn in unserer Zwetschge stecken gänzlich ungeahnte Talente, die nur (wieder)entdeckt werden müssen.

So schmeckt der Sommer

Frankenland ist Zwetschgenland! Denn das schon seit Karl des Großen (8. Jhrd. n.Chr.) kultivierte Rosengehölz ist tief in Franken verwurzelt. Der Zwetschgenbaum prägt nicht nur das Bild der Kulturlandschaft und ist aus den Streuobstwiesen nicht wegzudenken. Nährstoffe und Wasser aus dem Boden und vor allem reichlich Sonne prägen den Geschmack der Früchte.

Dabei kommt der Zwetschge das fränkische Klima entgegen: Die schier endlosen Sonnentage 2019 bescheren nicht nur eine überdurchschnittliche Ernte, sondern den Früchten auch einen hohen Zuckergehalt. Vollreif sind sie so ein heimischer Hochgenuss und können geschmacklich locker mit Südfrüchten mithalten – und dank der besseren Klimabilanz schmecken sie gleich doppelt gut. Insgesamt werden in Bayern rund 50 verschiedene Zwetschgensorten erwerbsmäßig angebaut.

Kulturlandschaft im Glas

Neben dem Wein zählt auch die Zwetschge zum kulinarischen Erbe Frankens und wird seit je her auch zur Herstellung von Obstbränden genutzt. Der markante Geschmack der Zwetschge wird schließlich nach dem Einmaischen der frisch geernteten Früchte in der Destillation zum Edelbrand konserviert. Ein guter Zwetschgenbrand zeichnet sich durch eine fruchtige Aromavielfalt aus, die für einen weichen und harmonischen Geschmackseindruck sorgt.

Die rund 2.000 aktiven Brenner in Franken stellen aber nicht nur unverwechselbare Liköre, Brände und Geiste her, sondern sind auch Landschaftspfleger und Lebensraumbewahrer. Denn eine Streuobstwiese ist ein regelrechter Biodiversitäts-Mikrokosmos: Bis zu 5.000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten fühlen sich dort wohl. So bieten gerade die Zwetschgenbäume zur Blütezeit im April ein reichhaltiges Nahrungsangebot für pollen- und nektarsuchende Insekten. Gerade die bayerischen Brenner leisten mit der Bewirtschaftung der Streuobstwiesen einen wertvollen Beitrag zur Artenvielfalt.

Zwetschge 2.0

Alleine in den letzten fünf Jahren verringerte sich der erwerbsmäßige Zwetschgenanbau in Bayern um fast 20 Prozent auf 360 Hektar. Neben dem verstaubten Image als „Obst aus Omas Garten“ liegen die Gründe dafür in der stetig wachsenden Konkurrenz durch Importware und Südfrüchte sowie am fehlenden Wissen um die vielfältigen Vermarktungsmöglichkeiten. Genau hier setzt die Initiative „Inwertsetzung der Fränkischen Zwetschge“ mit keinem geringeren Ziel an, als das große Potenzial der im Dornröschenschlaf liegenden Frucht aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu holen.

Durch neue Verarbeitungs- und Vermarktungsmöglichkeiten soll der heimische Zwetschgenanbau gestärkt und neue Zukunftsperspektiven für klein- und mittelständische Betriebe geschaffen werden. Das Konzept ist Teil der Premiumstrategie für Lebensmittel, mit der das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten den Absatz hochwertiger Spezialitäten aus dem Freistaat voranbringen und gleichzeitig ein Bewusstsein für deren kulturhistorische Bedeutung schaffen möchte.

Quelle: StMELF