Der Nutri-Score: Neues Modell zur Nährwertkennzeichnung

Nutri-Score

„and the winner is…“ Nutri-Score. Das geht zwar etwas schwer über die Lippen, aber trifft es auf den Punkt. Um was ging es? In Deutschland wurde seit vielen Jahren diskutiert, wie vor allem verarbeitete Lebensmittel gekennzeichnet werden sollten, um die Nährwertqualität besser zu erkennen. Ziel: Es soll einfacher werden, gesünder und ausgewogener zu essen. Alle waren sich immer einig, dass dazu eine ergänzende Kennzeichnung auf die Vorderseite der Packung gehört. Nur das wie und was war schwierig.

Seitdem sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft dem Thema angenommen hatte – auch als Auftrag aus dem Koalitionsvertrag – kam Fahrt in die Sache. Verschiedene Modelle wurden diskutiert und wissenschaftlich durchleuchtet und letztlich haben die Verbraucherinnen und Verbraucher entschieden, welches Modell das verständlichste ist. Die Verbraucherforschung mit Fokusgruppendiskussionen und anschließender Repräsentativbefragung mit insgesamt 1.604 Interviews, ergab einen klaren Favoriten Der Nutri-Score, der am 30.9. von Bundesministerin Klöckner vorgestellt wurde. Er zeigt über eine farbige Skala von A bis E (grün bis rot) die Einschätzung zum Nährwert eines Produkts.

Der Nutri-Score basiert auf einem Rechenmodell. Dabei werden ungünstige und positive Nährwerteigenschaften mit Punkten bewertet. Dann wird beides miteinander verrechnet. Heraus kommt ein Gesamtwert, der Nutri-Score. Er wird in Farben und Buchstaben angezeigt. A und Grün für die höchste Qualität. Rot und den Buchstaben E bekommen Produkte mit der niedrigsten Nährwertqualität. Mit dem System kann praktisch jedes verpackte Lebensmittel gekennzeichnet werden, er eignet sich besonders gut um innerhalb einer Produktgruppe zu vergleichen.

Wichtigste Anforderung an eine erweiterte Nährwertkennzeichnung ist, dass sie auf einen Blick zu erfassen ist und eine schnelle Orientierung beim Einkauf bietet. „Ein solches System darf nicht anstrengend sein und muss die Produktauswahl quasi im Vorübergehen positiv beeinflussen“, heißt es in der Studienzusammenfassung. Der Nutri-Score erfüllte viele der Anforderungen, die die Verbraucherinnen und Verbraucher an ein zusätzliches Nährwertkennzeichen formulierten: Er ist auf einen Blick erfassbar, leicht zu verstehen, und nutzt die eingängige, bereits gelernte (und vom Verbraucher erwartete) „Ampelfarbwelt“, beispielsweise aus der Klassifizierung von Elektrogeräten.

Die höchsten Empfehlungswerte erreichte das Modell in zwei besonders relevanten Verbrauchergruppen: bei Personen, die sich selten oder gar nicht mit der Zusammensetzung von Lebensmitteln beschäftigen (67 Prozent) und bei Personen mit Adipositas, Body-Mass-Index (BMI) über 30 (64 Prozent).

Ganz neu ist der Nutri-Score übrigens nicht: Die wissenschaftliche Grundlage wurde von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Oxford in den Jahren 2004-2005 erarbeitet. Sie entwickelten den so genannten FSA-Score (Food Standards Agency). Er wird in Großbritannien seit 2007 genutzt, um Werbung für in der Optik an Kinder gerichtete Produkte einzuschränken, die wenig empfehlenswert sind. In Frankreich hat das Gesundheitsministerium die Weiterentwicklung des FSA Score angestoßen. Im Jahr 2017 wurde dort der Nutri-Score mit Unterstützung der Regierung auf freiwilliger Basis eingeführt. Auch Belgien, Spanien, Luxemburg und Portugal unterstützen die Einführung des Nutri-Score. Das heißt für Deutschland: Das Rad wird nicht neu erfunden, man kann von anderen lernen und von Erfahrungswerten profitieren.

Ein Allheilsbringer ist der Nutri-Score natürlich nicht als Orientierungshilfe für eine gesundheitsbewusste Ernährung. Aber er hilft dabei, dass die gesündere Wahl bei verarbeiteten Produkten künftig leichter wird.

Harald Seitz, BZfE