Fazit der BfR-Verbraucherkonferenz Genome Editing: Viel Potential, aber klare Regeln erforderlich

Teilnehmergruppe präsentiert und überreicht ihr Verbrauchervotum in Berlin.

Aromatische und zugleich haltbare Tomaten; Weizen, der Hitze und Trockenheit trotzt; Gen-Therapie für vererbte Krankheiten; Körpereigene Abwehrzellen, die Krebs bekämpfen: All diese Verheißungen sollen mit Hilfe neuartiger Gen-Scheren in Erfüllung gehen. Aber welche Risiken gibt es? Wo sind die Grenzen? Was muss die Gesellschaft bedenken, wenn sie sich auf die neuen Methoden der Biotechnik einlässt? Diese und viele weitere Fragen diskutierten 20 Bürgerinnen und Bürger bei der Verbraucherkonferenz des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zum Genome Editing – der Fachausdruck für Gen-Scheren.

Das zum Abschluss des Projekts von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern erarbeitete Verbrauchervotum wurde am 30. September 2019 im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin an Repräsentantinnen und Repräsentanten aus Polit ik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft überreicht.

Das komplette Verbrauchervotum zum Nachlesen:

„Nur 13 % der über 14-Jährigen haben gemäß unserer Umfrage bislang etwas über Genome Editing gehört. Es herrscht ein eklatanter Informationsmangel gegenüber einer gesellschaftlich hoch relevanten Technologie, der mit dieser Konferenz angegangen worden ist“, sagt der BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Die Vorlage des Verbrauchervotums ist ein großer Erfolg, die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind eine wichtige Grundlage für notwendige Debatten, die heute und in Zukunft geführt werden müssen.“

Die zentralen Forderungen der Verbrauchergruppe

In ihrem gemeinsamen Verbrauchervotum betonen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der BfR-Verbraucherkonferenz, dass jeder Einsatz neuartiger Technologien von einem grundlegenden gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit begleitet werden müsse. Die Genome Editing-Technik berge das Potential, bei einer großen Bandbreite von Themen – wie Nachhaltigkeit, Gesundheit, Klima, Artenvielfalt, Tierwohl und mehr – Verbesserungen zu erreichen. Dazu bedürfe es einer Einbettung in verantwortungsvolle Forschung zu Chancen, Risiken und Auswirkungen sowie strenger Regeln seitens des Gesetzgebers. Die Forderungen im Überblick:

  • Beibehaltung des Vorsorgeprinzips
  • Wahlfreiheit der Verbraucher
  • Informationsfreiheit und Transparenz
  • Vorrang sozialer Aspekte vor wirtschaftlichen Interessen
  • Reform des Patentrechts: kein Patentschutz auf Lebewesen
  • Haftungsregelung für unerwartete Schäden durch den Hersteller
  • Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln

20 Teilnehmende, drei Wochenenden, ein Verbrauchervotum

Die Verbraucherkonferenz bestand aus drei Teilen. An zwei Vorbereitungswochenenden (10. und 11. August sowie 31. August und 1. September 2019) lernten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich kennen, erhielten eine Einführung zu den wissenschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Aspekten des Genome Editing und erarbeiteten Fragen, die sie an Fachleute richten wollten.

Bei der dreitägigen Abschlusskonferenz vom 28. bis 30. September 2019 wurden zunächst die Fragen aus dem Kreis der Verbraucher durch eine von ihnen selbst ausgewählte Expertengruppe beantwortet. Im Anschluss wurde darauf aufbauend das Verbrauchervotum erstellt. Bereits im Jahr 2006 wurde das Format der Verbraucherkonferenz, das sich an das dänische Modell der Konsensus-Konferenz anlehnt, vom BfR erfolgreich zum Thema Nanotechnologie erprobt.

Was ist Genome Editing?

In der Tier- und Pflanzenzucht haben Menschen schon immer den genetischen Bauplan beeinflusst. Zunächst durch die – sehr langwierige – Auslese erwünschter Eigenschaften, in späteren Zeiten in der Pflanzenzucht etwa mit Hilfe von Chemikalien, die das Erbgut rasch und massiv veränderten. Auf diese Weise erzeugte man neuartige Varianten einer Pflanze, die zum Beispiel größere Früchte trugen. Die Entwicklung der Gentechnik in den 1970er Jahren ermöglichte dann die gezielte Übertragung von Erbanlagen (Genen).

In den vergangenen 20 Jahren wurden mehrere Verfahren entwickelt, mit denen das Erbgut (Genom) gezielt verändert werden kann. Das gelingt mit Gen-Scheren, die die Erbinformation an einem ganz bestimmten Punkt durchtrennen. An solchen Schnittpunkten können die Eigenschaften eines Gens korrigiert werden. Die bekannteste Gen-Schere ist CRISPR/Cas9. Sie stammt ursprünglich aus einem Bakterium. Mit diesem wissenschaftlichen Instrument ist es möglich, das Erbgut zu überarbeiten, also zu „editieren“ – daher der Ausdruck „Genome Editing“.

Über das BfR

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.

Quelle: BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung