Essbare Stadt München – Ergebnisse einer Befragung zu den Krautgärten der Stadt liegen vor

Krautgarten Gut Riem in München. Foto: K. Sartison / IÖR-Media

Seit 1999 bietet die Stadt München der Bevölkerung die Möglichkeit, auf kommunalem Ackerland in der Stadt eigenes Bio-Gemüse anzubauen. Inzwischen gibt es die „Münchner Krautgärten“ an 26 Standorten. Die Flächen dienen nicht nur der Selbstversorgung der Bevölkerung, sondern sind zugleich Orte der Erholung und des Lernens. Dies hat die Befragung von Nutzerinnen und Nutzern der Krautgärten ergeben. Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) hat die Umfrage im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes durchgeführt.

Mehr als 20 Jahre nach der Gründung der ersten Krautgärten in München ist die Nachfrage nach freien Parzellen ungebrochen. Die Idee, sich selbst mit erntefrischem Bio-Gemüse aus eigenem Anbau zu versorgen, kommt bei vielen Münchnerinnen und Münchnern gut an. Die Stadtverwaltung verfolgt mit dem Projekt das Ziel, den Grüngürtel in und um München zu erhalten und fördert zugleich nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft im Stadtgebiet.

Doch was bringt es den privaten Nutzerinnen und Nutzern, sich in den Krautgärten zu engagieren? Dieser Frage ging das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) mit einer Befragung nach. Ziel der Umfrage war es herauszufinden, welche Funktionen die Krautgärten erfüllen und inwieweit sie die Ortsverbundenheit ihrer Gärtnerinnen und Gärtner stärken oder als Lernort fungieren. 254 Nutzerinnen und Nutzer aus 19 Krautgärten haben an der Online-Befragung teilgenommen. Der Großteil ist in den Krautgärten in Ramersdorf, Pasing bzw. Blumenau aktiv.

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die Krautgärten unterschiedliche Funktionen erfüllen. Zuallererst leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Selbstversorgung mit Lebensmitteln. 27 Prozent der Befragten gaben an, ihren Bedarf an Küchenkräutern zu sehr großen Teilen bis nahezu vollständig über die Ernte in ihrem Krautgarten abzudecken. Beim Gemüse sind die Anteile zwar etwas niedriger, aber auch hier spielt die Ernte des eigenen Gemüses im Krautgarten eine wichtige Rolle bei der Selbstversorgung.

Die Krautgärten erfüllen aber auch andere Funktionen. So nutzen knapp zwei Drittel der Befragten ihre Parzelle in der Gartensaison mehrmals pro Woche, um sich körperlich zu betätigen, 44 Prozent um sich zu erholen. Auch die Natur lässt sich in den Krautgärten beobachten, dafür nutzen 39 Prozent der Befragten ihren Gartenanteil mehrmals wöchentlich. Jeweils knapp ein Drittel gab an, sich im Krautgarten mehrmals in der Woche mit anderen auszutauschen (31 Prozent) bzw. den Ort für Umweltbildung zu nutzen (28 Prozent).

Weitere Punkte der wissenschaftlichen Befragung zielten unter anderem darauf ab herauszufinden, wie das Engagement in einem Krautgarten zur Identifikation mit dem Ort und zur Verbundenheit mit der Natur beiträgt. Aufgrund der Befragungsergebnisse schlussfolgern die Wissenschaftlerinnen des IÖR: Der Krautgarten ist ein Lernort, er stärkt die Ortsverbundenheit und die kooperative Stadtgestaltung in München. „Die Krautgärten sind wichtige Bausteine einer essbaren und grünen Stadt. Gerade wenn Städte notwendigerweise immer weiter verdichtet werden, ist es deshalb wichtig, diese grünen multifunktionalen Oasen der Selbstversorgung zu schützen und in die Stadtentwicklung zu integrieren“, erläutert Dr. Martina Artmann, Projektleiterin im IÖR.

Die Ergebnisse der Befragung in München fließen aktuell in ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Folgeprojekt ein. In dem BMBF-Projekt „Zukunftsstadt Dresden 2030+“ werden – wissenschaftlich begleitet durch das IÖR – zwei von der Bürgerschaft entwickelte Projekt-Ideen zum Thema „Essbare Stadt“ in die Praxis umgesetzt. „Hier testen wir also, inwieweit im Rahmen einer kooperativen Stadtgestaltung Bürgerinnen und Bürger zusammen mit der Stadtverwaltung unterschiedliche Bausteine einer essbaren und grünen Stadt umsetzen können“, erläutert Martina Artmann. „Die Befragung in München liefert wertvolle Hinweise, was wir beachten müssen, wenn wir Aspekte einer ‚essbaren Stadt‘ in der Praxis umsetzen wollen“, so die Wissenschaftlerin.

Hintergrund

Das Projekt „Essbare Städte – Evaluierung von Begrünungsstrategien als systematische Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen der Urbanisierung. Konzipierung eines Bewertungskonzeptes und Erprobung am Beispiel essbarer Städte in Deutschland“ wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Zu den Praxispartnern gehören die Stadtverwaltung Andernach (Amt für Stadtplanung und Bauverwaltung), die Gemeindeverwaltung Haar (Referat Umwelt und Abfallwirtschaft) sowie der Green City e. V., München.

Die Ergebnisse von Befragungen in Andernach und München fließen in die konzeptionellen Projektarbeiten ein. Basierend auf den Konzepten der Mensch-Natur-Verbindung und Ortsverbundenheit (place attachment) wurde ein multidimensionales Bewertungskonzept entwickelt, um Auswirkungspotenziale der essbaren Stadt im Kontext einer sozio-ökologischen und sozio-räumlichen Nachhaltigkeitstransformation zu evaluieren.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Martina Artmann (Projektleitung), E-Mail: M.Artmann[im]ioer.de

Originalpublikation:
Sartison, Katharina; Artmann, Martina: Edible cities – An innovative nature-based solution for urban sustainability transformation? An explorative study of urban food production in German cities. In: Urban Forestry & Urban Greening 49 (2020) 126604, S. 1-9.
https://doi.org/10.1016/j.ufug.2020.126604

Weitere Informationen:

Quelle: Heike Hensel Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V.

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