Sensorik – eine Wissenschaft in ständigem Aufbruch

Sensorik ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die in der Qualitätssicherung und in der Produktentwicklung von Lebensmittelherstellern unersetzlich ist. In den letzten Jahrzehnten wurde eine Reihe von anerkannten Methoden zur Beschreibung und Beurteilung von Lebensmittelqualitäten entwickelt. Auf molekularer Ebene beschäftigt sich die Sensorik-Wissenschaft mit den sensorischen Wirkungsmechanismen und auf gesellschaftlicher Ebene mit der Akzeptanz neuer Lebensmittel für eine Ernährung der Zukunft.

Sensorik heute

Die Sensorik als „objektive“ Wissenschaft basiert hauptsächlich auf den Grundlagen der Lebensmittelchemie und der Ernährungspsychologie. Sie ist heute eine angewandte Wissenschaft mit starkem lebensmittelindustriellen Bezug und hebt sich als Disziplin insbesondere als Marketing- oder Konsumwissenschaft hervor. Sensorische Methoden helfen, die auftretenden Fragen objektiv zu beantworten und Managemententscheidungen vorzubereiten. Dafür müssen einerseits Prüfpersonen ausgewählt und geschult werden. Andererseits ist es wichtig, Laborumgebungen zu schaffen, die äußere Einflüsse wie störende Gerüche oder Geräusche ausschließen.

Um valide Daten zur Verfügung stellen zu können, investieren größere Lebensmittelunternehmen und Sensorik-Agenturen außerdem in statistische Auswertungssoftware. Das Ziel der sensorischen Wissenschaftspraxis besteht darin „Reaktionen auf Produkte, die durch die Sinne des Sehens, Riechens, Fühlens, Schmeckens und Hörens wahrgenommen werden, hervorzurufen, zu messen, zu analysieren und zu interpretieren“.

Eine Wissenschaft im Aufbruch

Mit der rasanten Entwicklung der digitalen Erfassung und Verarbeitung großer Datenmengen haben „künstliche Augen“ zur Bewertung der Lebensmittelqualität an vielen Stellen in der Produktion das menschliche Auge bereits ersetzt. Die instrumentelle Analytik einer „künstlichen Nase“ ist hingegen deutlich komplexer, da Gerüche durch das Gehirn interpretiert werden. Bei der Entwicklung neuer Methoden sind die Analyse von dynamischen Effekten und der Einsatz temporaler, sensorischer Messmethoden spannend, weil sie von der statischen Blitzlichtaufnahme der Messung unserer Sinneseindrücke zu einer zeitlichen Betrachtung führen.

Stellenwert in der Industrie

Wurde die Sensorik früher eher reaktiv z. B. in der Qualitätssicherung eingesetzt, wird sie heutzutage immestärker in den gesamten Produktlebenszyklus eingebunden. Durch ihre Expertise können SensorikerInnen gerade im Bereich Innovation konstruktiv beraten und die Produktentwicklung zielführend unterstützen. Genutzt als strategische Komponente kann Sensorik die Effektivität und Effizienz der Produktentwicklung steigern und somit auch Flop-Raten reduzieren.

Dieser Professionalisierung der Sensorik stehen allerdings immer häufiger Produkttests in Medien gegenüber. Dieser sogenannten „Straßensensorik“ fehlt aber oft die Aussagekraft und sie konterkariert eher die Wertschätzung für Lebensmittel als sie zu erhöhen. Gerade dies aber ist eines der Ziele der Sensorik als Wissenschaft, die im Umfeld einer permanenten Verfügbarkeit und Vielfalt von Lebensmitteln auch dazu beitragen will, die Genussfähigkeit der Menschen zu schulen.

Top-Themen der Zukunft

Angesichts von Umwelt- und Klimaschutz muss auch die Sensorik dazu beitragen, die Gesellschaft bei der Ernährungswende zu unterstützen. Neue Lebensmittel und nachhaltige Produktinnovationen müssen nicht nur gut schmecken, um akzeptiert zu werden, es bedarf auch der Unterstützung bei der Qualitätssicherung. Um die Wertschätzung für Lebensmittel zu erhöhen und deren Verschwendung zu reduzieren sind didaktische Methoden für Kita und Schule gefragt.

Auch in der Forschung gibt es spannende Themen wie die Untersuchung der biologischen und psychologischen Trigger von sensorischen Effekten auf die Akzeptanz von Lebensmitteln oder die Frage, was Appetit macht und wie die sensorische Wahrnehmung unser Essverhalten steuert.

Autor: Prof. Dr. Guido Ritter, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Sensorik (DGSens) e. V.; Institut für Nachhaltige Ernährung der Fachhochschule Münster

Langfassung

Kontakte:

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Quelle: LCI