Aus Hafer, Mandeln und Co.: Milchersatzprodukte erklärt

Immer mehr Menschen reduzieren aus gesundheitlichen, ethischen und/oder ökologischen Beweggründen den Konsum tierischer Lebensmittel. Nach Angaben von Statista zählen aktuell vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte und Milchalternativen sowie pflanzliche Brotaufstriche mit einem jährlichen Umsatz von 1,22 Milliarden Euro (2019) zu den wachstumsstärksten Warengruppen. Die größte Dynamik ist bei den pflanzlichen Milchersatzprodukten zu verzeichnen.

Diese Produkte wollen keine Milch sein, dürfen auch gemäß der EU-Gesetzgebung nicht so bezeichnet werden, sollen aber genauso wahrgenommen werden. In Schweden etwa, dem Pionierland des Haferdrinks, ist dieses Wahrnehmungsziel bereits Realität: Das Produkt steht neben Milch im Kühlregal, obwohl es gar nicht gekühlt werden muss. Hierzulande fand man diese Produkte in den Supermärkten bis vor kurzem eher in der Öko-Ecke, bei den veganen Brotaufstrichen oder den dunklen Mehlen in Hocktiefe. Inzwischen werden die Produkte aber immer prominenter platziert.

Eine kleine Auswahl der Milchalternativen

Hafer-/Reisdrinks

Die industrielle Herstellung von Getreidedrinks aus Hafer und Reis verläuft im Prinzip folgendermaßen: Entspelzter Hafer beziehungsweise Naturreis wird mit viel Wasser gekocht und zu einem Brei vermaischt. Dieser Brei wird dann mit bestimmten Enzymen (zum Beispiel Amylasen) versetzt, die eine Fermentation in Gang bringen. Stärke wird in Zuckerbausteine gespalten, die Bioverfügbarkeit von Mineralstoffen und Spurenelementen erhöht sich, der Gehalt sogenannter Antinutritiva verringert sich.

Die Masse wird anschließend filtriert, die festen Bestandteile dienen unter anderem als Tierfutter. Das Getränk schmeckt jetzt süßlich. Um eine angenehme Konsistenz zu erreichen, gibt man dem Getreidedrink etwas pflanzliches Öl hinzu, es entsteht eine milchige Wasser-Öl-Emulsion. Damit sich der Drink nicht entmischt oder aufrahmt, werden manche Getreidedrinks entweder homogenisiert oder mit einem Emulgator versetzt.

Getreidedrinks gibt es auch aromatisiert – zum Beispiel mit Vanille, Kakao oder Kokos. Auch Mischungen mit Früchten sind erhältlich.

Sojagetränke

Moderne, kontinuierlich arbeitende Extraktionsanlagen verarbeiten die vollen oder geschälten Sojabohnen ohne vorheriges Einweichen oder Blanchieren. Die Bohnen werden über ein Dosiersystem zusammen mit heißem Wasser in Vermahlungssektionen geleitet. Es folgt das Abtrennen der Fasern und die Enzymdeaktivierung.

Durch die Steuerung der Mahltemperatur kann das Sojagetränk entweder auf einen starken Bohnengeschmack – die traditionellere Variante, die vor allem in asiatischen Ländern beliebt ist – oder auf einen eher neutralen Geschmack eingestellt werden. Vor der Abfüllung erfolgt eine Ultrahocherhitzung. Auch Sojagetränke gibt es in verschiedenen Variationen und Geschmacksrichtungen.

Mandeldrinks

Die Mandeln werden zunächst geröstet und anschließend zu einer Mandelmasse fein gemahlen. Danach lässt man sie in warmem bis heißem Wasser mehrere Stunden ziehen. Die festen Bestandteile werden herausgefiltert. Übrig bleibt die Mandelflüssigkeit. Auch hier können je nach Produkt Emulgatoren, Stabilisatoren, Vitamine sowie Mineralstoffe und Zucker zugesetzt sein.

Mittlerweile haben Verbraucher reiche Auswahlmöglichkeiten. Neben den erwähnten Pflanzendrinks gibt es beispielsweise noch solche aus Hanfsamen, Haselnuss, Cashewkernen, Erdnuss, Lupinen, Erbsen, Gerste, Kokos – zum Teil auch als Bioware.

Ernährungsphysiologisch betrachtet, unterscheiden sich die alternativen Getränke erheblich von der Kuhmilch. Diese enthält natürlicherweise Laktose, Milcheiweiß und in geringen Mengen Cholesterin, was – gerechtfertigt oder nicht – einige Verbraucher meiden wollen. Die pflanzlichen Alternativen können mit dem hohen Nährstoffgehalt der Milch jedoch nicht mithalten. Nur Sojamilch besitzt ähnlich viel Eiweiß und Fett, enthält aber mehr Zucker. Zöliakie-Patienten müssen bei Getränken auf Getreidebasis darauf achten, ob diese Gluten enthalten oder nicht. Allen vegetarischen Varianten gemeinsam ist, dass sie kaum Kalzium enthalten, weshalb dieser wichtige Mineralstoff oftmals zugesetzt wird.

Außer zum reinen Trinkgenuss können Pflanzendrinks in der Küche nahezu ebenso verwendet werden wie Milch: zum Müsli, zu Tee oder Kaffee, in Smoothies und zum Kochen/Backen, Desserts und Shakes. Apropos Trinkgenuss, der Geschmack kann schon etwas gewöhnungsbedürftig sein und es lohnt sich, verschiedene Marken und Hersteller auszuprobieren.

Was die Ökobilanz betrifft, so dürfte Haferdrink eine gute Alternative sein. Hafer wird überall in Europa angebaut. Der Wasserverbrauch von Hafer ist gering und die Transportwege kurz.

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Quelle: Rüdiger Lobitz, BZfE