Großes Potenzial für regionales Obst und Gemüse: urbanes Gärtnern

Gemüsegarten
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In Städten gibt es mehr als genug Platz, um Obst und Gemüse direkt vor der Haustür anzubauen. Das lässt eine Fallstudie aus Großbritannien erkennen, die am Beispiel der Stadt Sheffield das Potenzial des urbanen Gärtnerns untersucht hat. Dazu kartierten britische Wissenschaftler mit Hilfe von geographischen Informationssystemen (GIS) die für den Obst- und Gemüseanbau geeigneten Flächen in der Stadt. Sie fanden heraus, dass das städtische Land 15 Prozent der Bevölkerung mit ausreichend Obst und Gemüse versorgen könnte.

In Sheffield machen Grünflächen wie Parks, Gärten, Kleingärten, Straßenränder und Wälder 45 Prozent der Fläche aus. Das ist vergleichbar mit anderen britischen Städten, erklären die Wissenschaftler der Universität Sheffield. Mehr als ein Drittel der Grünflächen besteht aus Hausgärten, in denen unmittelbar mit dem Anbau von Nahrungsmitteln begonnen werden könnte. Weitere 15 Prozent der „grünen Infrastruktur“ wie Parks und Straßenränder sind nach ihrer Einschätzung ebenfalls geeignet, in Gemeinschaftsgärten oder Kleingärten umgewandelt zu werden.

Die Nutzung dieser gesamten (theoretischen) Fläche für die Lebensmittelproduktion könnte nach Schätzungen über 700.000 Menschen pro Jahr mit Obst und Gemüse versorgen. Selbst wenn nur realistische 10 Prozent der Gärten und anderen städtischen Grünflächen umgewandelt und die derzeitigen Kleingartenanlagen (1,3 Prozent) beibehalten werden würden, könnte der Bedarf von knapp 90.000 Menschen gedeckt werden. Das sind rund 15 Prozent der lokalen Bevölkerung, ist in der Zeitschrift „Nature Food“ zu lesen.

Zusätzlich untersuchten die Wissenschaftler das Potenzial für eine bodenfreie Landwirtschaft auf Flachdächern mit innovativen Methoden wie Hydrokultur und Aquaponik. Bei der Hydrokultur werden Pflanzen in einer Nährstofflösung angebaut, die Aquaponik ist ein Verfahren, das die Aufzucht von Fischen in Aquakultur und den Anbau von Nutzpflanzen in Hydrokultur verbindet. Die Auswertung der Daten hat gezeigt, dass Flachdächer im Stadtzentrum von Sheffield 32 Hektar Land bedecken. Das ist nicht viel, könnte sich aber trotzdem lohnen.

In Deutschland liegt der Selbstversorgungsgrad bei Gemüse bei 35,7 Prozent und bei Obst bei 22,4 Prozent. Viel Obst und Gemüse wird importiert. Die Nahrungsmittelproduktion in städtischen Gebieten, insbesondere die Gartenbauproduktion, könnte einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten. Nebenbei hat das urbane Gärtnern auch Vorteile für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt. Die Wissenschaftler haben die Vision von „smarten Lebensmittelstädten“, in denen lokale Erzeuger ihre Gemeinden mit frischen, nachhaltigen Lebensmitteln unterstützen.

Weitere Informationen: Nature Food, Bd. 1, S. 155–159, 2020

Quelle: Heike Kreutz, BZfE