Beschleunigte Gentechnik-Zulassungen durch neues EU-USA-Handelsabkommen?

Seit gut einem Jahr verhandelt die EU-Kommission mit den USA über ein neues Handelsabkommen. Es soll den Abbau von Zöllen auf Industrieprodukte, aber auch Fragen der Produktzulassung regeln. Verhandelt wird über das als „TTIP 2.0“ bezeichnete Abkommen hinter verschlossenen Türen.

75 europäische Verbände unter der Führung von Friends of the Earth Europe haben dazu jetzt an EU-Handelskommissar Phil Hogan geschrieben. Sie fürchten, dass die EU in den laufenden Handelsgesprächen mit den USA Zugeständnisse bei den Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Organismen machen wird.

Grund für die Befürchtung gibt es: Bereits Ende Februar berichtete das Magazin Politico, die USA verlangten, dass die EU künftig Genehmigungen für neue gentechnisch veränderte Organismen (GVO) innerhalb von zwei Jahren erteile. Dies hätte auch China im jüngsten Handelsabkommen mit den USA zugesagt. Als Quelle berief sich Politico dabei auf EU-Beamte und Diplomaten. Ihnen zufolge sollen allerdings nicht rechtliche Regeln geändert, sondern die Zulassungsverfahren bei der EU-Lebensmittelbehörde EFSA beschleunigt und diese mit mehr Ressourcen ausgestattet werden. Dies könnte aber auch bedeuten, dass weniger Daten verlangt würden, hieß es bei Politico.

Die 75 Verbände erinnerten in ihrem Brief Handelskommissar Hogan daran, dass das strenge EU-Zulassungsverfahren das Ziel habe, Menschen und Umwelt zu schützen und deshalb nicht zur Verhandlung stehen dürfe. Stattdessen müsse es verbessert werden, denn die Zulassungen beruhten „auf einer oberflächlichen wissenschaftlichen Bewertung, die wichtige potentielle Schäden ignoriert“. Darüber hinaus seien die EU-Zulassungen „das Ergebnis eines zutiefst undemokratischen Entscheidungsprozesses“, in dem die Kommission am Ende einseitig entscheide, ohne die Unterstützung einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedsstaaten und gegen die Einwände des Europäischen Parlaments.

Die Verbände forderten die Kommission auf, die Sicherheitsbewertung von GVO zu verbessern und das Urteil des Europäischen Gerichtshofs über den Geltungsbereich des Gentechnikrechts umzusetzen. Auch müsse die Kommission alle Versuche zurückweisen, GVO, die aus neuen gentechnischen Verfahren wie Crispr/Cas stammen, von der Gentechnik-Gesetzgebung auszunehmen.

Die Organisation Testbiotech hatte bereits im März an die EU-Kommission geschrieben und ähnliche Befürchtungen geäußert wie nun die Verbände. Die Kommission versicherte in ihrer Antwort, dass Handelsabkommen „weder die Standards in Bezug auf die Lebensmittelsicherheit noch den Inhalt der Risikobewertung oder die Geschwindigkeit der Risikobewertung ändern“. Das EU-Gentechnikrecht bleibe, wie alle anderen Rechtsvorschriften zur Lebensmittelsicherheit, „bei allen Handelsabkommen uneingeschränkt anwendbar“. Die Kommission räumte allerdings ein, dass sie mit den USA regelmäßige Dialoge über die Biotechnologiepolitik führe, „um Informationen auszutauschen und die Zusammenarbeit in innovativen Bereichen der Biotechnologie zu fördern“.

Quelle: VLOG