Die Darmbakterien: Eine einzigartige Wohngemeinschaft

Der falsche Mix an Darmmikroben kann Krankheiten wie Diabetes, Übergewicht oder Depressionen begünstigen. Daher beschäftigen sich Forschungszentren auf der ganzen Welt damit, welche Darmkeime uns gesund und fit halten.

Wir sind nie allein. Nicht mal im eigenen Körper. Allein im Darm leben 10 bis 100 Millionen Bakterien, Pilze, Viren und andere Darmmikroben, die zusammen etwa eineinhalb Kilogramm auf die Waage bringen. Während man früher von der Darmflora sprach, werden die Untermieter im Darm heute fachsprachlich als Mikrobiota bezeichnet. Im alltäglichen Sprachgebrauch redet man aber auch vom Mikrobiom. Doch das ist nicht ganz korrekt: Der Begriff Mikrobiom beschreibt nämlich nicht die Darmbewohner an sich, sondern nur ihre genetische Information.

Die Aufgaben der Darmmikroben

Lange haben Wissenschaftler und Ärzte unterschätzt, welchen Einfluss die Darmmikroben auf den Körper haben. Heute wissen wir, dass die Darm-Mikrobiota als eigenständiges Organ angesehen werden kann. Sie hilft bei der Verdauung, indem sie einen Teil der verzehrten Ballaststoffe abbaut, die der Mensch sonst nicht verwerten könnte. Die dabei entstehenden kurzkettigen Fettsäuren sind eine wichtige Energiequelle für die Darmzellen, sorgen für eine intakte Darmbarriere, verringern bestehende Darmentzündungen und können möglicherweise sogar die Vermehrung von Krebszellen im Darm hemmen. Die Darmmikroben halten außerdem den Darm gesund, regen die Darmbewegung an, unterstützen das Immunsystem, stellen Vitamine und Aminosäuren her und besetzen die Darmschleimhaut. Dadurch können sich krankmachende Bakterien weniger erfolgreich im Darm ausbreiten.

Ein gesunder Darm hat viele unterschiedliche Bewohner

Wie genau ein gesundes Mikrobiom aussehen sollte, ist jedoch bisher noch völlig unklar. Wissenschaftler vermuten, dass eine große Artenvielfalt im Darm förderlich für die Gesundheit ist. Doch nur rund zehn Prozent der Artenvielfalt im Darm wird durch die Gene bestimmt. Einen viel größeren Einfluss haben Umweltfaktoren, wie die Art der Entbindung (Kaiserschnitt oder vaginale Geburt) und die Ernährung in den ersten drei Lebensjahren. Aber auch die Herkunft, in welcher Gegend man aufwächst, Hygienebedingungen und Arzneien haben eine große Bedeutung.

Die moderne Lebensweise stört den Darmfrieden

Woran niemand mehr zweifelt: Antibiotikagaben, vor allem in der frühen Kindheit, wirken sich schädlich auf den Darmfrieden aus. Daher sollte man Antibiotika nur bei schweren bakteriellen Infektionen und niemals auf Verdacht geben. Doch nicht nur Antibiotika töten Bakterien ab. Auch viele andere Medikamente verändern die Zusammensetzung der Darm-Mikrobiota. Welche Auswirkungen das auf die Gesundheit hat, daran forschen Wissenschaftler noch. Was dagegen als gesichert gilt: Ausreichend Schlaf, ein effektives Stressmanagement, regelmäßige Bewegung und längere Essenspausen (Intervallfasten) wirken sich günstig auf das Gleichgewicht im Darm aus.

Pflanzliche Lebensmittel halten den Darm gesund

Die Ernährung scheint allerdings den größten Einfluss auf die Darmbewohner zu haben. Eine großangelegte Studie zeigte, dass je mehr unterschiedliche pflanzliche Lebensmittel jemand verzehrt, umso mehr verschiedene Arten von Bakterien leben im Darm – und zwar ganz unabhängig davon, was sonst noch auf dem Speiseplan steht. Nachgewiesenermaßen ist die mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, Salat, Obst, Hülsenfrüchten, Nüssen und gesunden Ölen vorteilhaft, während man bei Fleisch und Zucker etwas zurückhaltender sein sollte.

Probiotika und Präbiotika sind günstig für den Darm

Eine positive Wirkung auf dem Darm haben auch Probiotika. So werden lebende Mikroorganismen wie Laktobazillen und Bifidobakterien bezeichnet, die natürlicherweise in gereiften (fermentierten) Milchprodukten vorkommen, zum Beispiel Joghurt oder Kefir, aber auch in pflanzlichen Fermenten, wie rohem Sauerkraut oder Apfelessig. Präbiotika dagegen sind nicht verdaubare Nahrungsmittelbestandteile, wie Ballaststoffe, die das Wachstum und die Aktivität der „guten“ Bakterien im Dickdarm fördern. Natürliche Quellen sind beispielsweise Getreide, Spargel, Chicorée, Topinambur, Zwiebeln, Knoblauch, Schwarzwurzeln, Artischocken und Bananen. Am besten wirken Prä- und Probiotika, wenn man sie zusammen verzehrt.

Was wird die Zukunft bringen?

Mittlerweile soll so ziemlich jedes Volksleiden auf das Konto einer aus dem Gleichgewicht geratenen Darmmikrobengemeinschaft gehen. Das ist wahrscheinlich übertrieben. Doch die Mikrobiom-Forschung bleibt weiter spannend. Experten sind sich einig, dass die winzigen Mitbewohner in unserem Darm zukünftig eine zentrale Rolle in der Medizin spielen werden.

Quelle: Landeszentrum für Ernährung an der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) www.landeszentrum-bw.de