Sitzen – bequem, aber ungesund

Büro, sitzen, Arbeitsplatz
Foto: Arlington Research on Unsplash

Nichts fühlt sich erholsamer an, als sich nach einem langen Tag aufs Sofa fallen zu lassen. Allerdings sind Passivität und lange Sitzzeiten für unseren Körper nicht gemütlich, sondern gefährlich. Was ist so schlecht am Sitzen und wie können wir stundenlanges Sitzen in Arbeitswelt und Alltag vermeiden?

Der Körper kennt keine Stühle

Was sich für die meisten von uns wie eine ganz natürliche Körperhaltung und „bequem“ anfühlt, ist biologisch gesehen für unseren Körper ziemlich unbekannt. Über Jahrtausende hinweg war es nicht gängig, das Hüft- und Kniegelenk jeweils im 90 Grad Winkel zu beugen und dabei auf dem Po zu sitzen. Unsere Vorfahren hocken am Boden, vielleicht auf niedrigen Holzstämmen und Steinen. Und vor allem saßen sie nicht lange.

Ist Sitzen das neue Rauchen?

Was sich so harmlos anfühlt, ist mittlerweile zu einem gesellschaftlichen Gesundheitsproblem geworden. Der sogenannte Sitzende Lebensstil gilt bereits als eigener Risikofaktor. Was heißt das? Es bedeutet, dass man stundenlanges tägliches Sitzen nicht durch eine abendliche Joggingrunde „ausgleichen“ kann. Genauso wenig wie man zum Beispiel die Auswirkungen von übermäßigem Alkoholkonsum durch regelmäßige Yogaeinheiten ausgleichen könnte.

Beim Sitzen liegt der Energieverbrauch nur knapp über dem Energieverbrauch beim Schlafen. Und die Liste der Risiken, die sich durch das Dauersitzen von über sieben Stunden pro Tag deutlich erhöhen, ist lang:

  • Typ 2 Diabetes
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Übergewicht
  • Stoffwechselerkrankungen
  • verringerte Knochendichte
  • Minderung der intellektuellen Leistungsfähigkeit
  • häufigere aggressive Verhaltensweisen

Was Hänschen nicht lernt …

Bedenklich ist, dass bereits Grundschüler an Schultagen durchschnittlich über neun Stunden im Sitzen verbringen: frühstücken, in die Schule gefahren werden, sitzen und lernen, nach Hause gefahren werden, Computer spielen, Hausaufgaben machen, Abendessen, fernsehen, schlafen gehen. Kinder „lernen“ den Sitzenden Lebensstil und führen ihn dann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch im Erwachsenenalter fort.

Sitzgelegenheiten abschaffen?

Ganz vermeiden lässt sich das Sitzen natürlich nicht. Und das ist auch gar nicht notwendig oder wünschenswert. Beim Busfahren, einem gemütlichen Abendessen oder im Theater sitzt man nun mal. Und bewusste Erholungsphasen im Sitzen sind absolut nicht schädlich, sondern dürfen genossen werden. Es lohnt sich jedoch darüber nachzudenken, in welchen Situationen wir uns eine Alternative zum Dauersitzen einfallen lassen können.

Warum sollten Besprechungen nicht auch mal im Stehen abgehalten werden? Muss man sich zum Telefonieren hinsetzen? Möchte ich abends wirklich zwei bis drei Stunden auf dem Sofa verbringen oder hilft mir ein Abendspaziergang nicht besser beim Abschalten nach einem langen Tag? Müssen Kinder ständig zum „Stillsitzen“ ermahnt werden oder dürfen wir erkennen, dass Toben, Rennen und Springen ganz einfach zur Kindheit dazu gehören und sogar gesundheitsförderlich sind?

Neue Gewohnheiten finden

In der Freizeit können wir uns bewusst für eine aktivere Lebensgestaltung entscheiden. Tipps, wie Sie dabei den wohlbekannten Schweinehund überwinden können, finden Sie im Artikel „Gute Vorsätze für mehr Bewegung“. Im Arbeitsleben und auch im Schulalltag ist jedoch vieles vorgegeben und von scheinbar unumstößlichen Regeln beherrscht. Aber auch hier sind kleine Aktivpausen möglich.

Als Faustregel gilt: nach 20 Minuten Sitzzeit sollte möglichst eine Unterbrechung mit Positionsveränderung erfolgen. Diese kann ganz einfach darin bestehen, aufzustehen, sich zu recken und strecken und ein paar Sekunden auf der Stelle zu marschieren. Schon hatte der Körper eine kurze Verschnaufpause vom Sitzen. Besonders im Schulalltag ist noch viel Luft nach oben, aber auch hier entdecken immer mehr Lehrkräfte den Sinn und die Notwendigkeit eines körperlich aktiv gestalteten Unterrichts.

Tipps für mehr Bewegung

  • Mit Hilfe eines Sitz-Checks der Plattform Ernährung und Bewegung e.V. (peb) erhalten Familien in fünf Minuten eine Einschätzung des eigenen „Sitz-Typs“. Das passende Aktivierungs-Spiel „Familienaufstand“ von peb hilft Familien dabei, ihren Alltag bewegungsfreudiger zu gestalten und Sitzzeiten zu minimieren.
  • Bewegungsanregungen für den Büroalltag bieten die Broschüren von In Form – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung.
  • Viele Anregungen für Spiele, Pausenbeschäftigungen und zum Bewegten Lernen hält die große Datenbank auf www.fit-lernen-leben.ssids.de bereit. Die Inhalte lassen sich praktischerweise sortieren – zum Beispiel nach dem Alter der Zielgruppe.

Autorin: Verena Elias, Forum ernähren, bewegen, bilden im Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald

Quelle:
LEL Schwäbisch Gmünd, Infodienst Landwirtschaft – Ernährung – Ländlicher Raum
http://www.ernaehrung-bw.info