Tönnies erfordert eine Regionalisierung in der Ernährungswirtschaft

Die hochriskanten Schwächen der mittlerweile von Großkonzernen dominierten Fleischwirtschaft geraten durch den Fall Tönnies, der im Zusammenhang mit Corona-Infektionen und Billiglohn-Mitarbeitern in die Schlagzeilen geraten ist, wieder in den Fokus. Um diesen Missständen für Mensch und Tier endlich ein Ende zu bereiten, brauchen wir eine offensive und mutige Strukturpolitik, die durch eine Regionalisierung in der Ernährungswirtschaft das Lebensmittelhandwerk sowie Kleinst-, kleine und mittlere Betriebe mit nachvollziehbaren Strukturen stärkt.

Die Konzentrationsprozesse, die in den letzten Jahrzehnten innerhalb der Ernährungswirtschaft und vor allem auch in der Fleischwirtschaft stattgefunden haben, zeigen mittlerweile gravierende Auswirkungen. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes sprechen für sich: Allein in den 20 Jahren von 1998 bis 2018 haben 49 Prozent der Betriebe, d.h. beinahe jeder zweite Fleischerhandwerksbetrieb in Deutschland, geschlossen. Wenn dieser Rückgang weiter so dramatisch anhält wird es schon 2037 keine Handwerksfleischer mehr geben!

Eine Entwicklung, die alarmieren sollte. Denn mit dem Verlust der Kleinst-, kleinen und mittleren Handwerksbetriebe gehen wertvolle Nahversorgerstrukturen verloren. Strukturen, die bisher durch überschaubare Betriebsgrößen und aufgrund der Nähe zum Verbraucher einer gewissen sozialen Kontrolle ausgesetzt waren und vor allem für partnerschaftliche und faire Arbeitsbedingungen sowie die Einhaltung von Tierwohlbestimmungen stehen. Mit dem Fokus auf regionale Vertriebsstrukturen sind sie außerdem Garanten für einen „Klimaschutz durch kurze Wege“.

„Wenn wir ernsthaft die Strukturen erhalten wollen, die das Wohl von Mensch, Tier und Klima in den Vordergrund stellen, müssen regionale Wirtschaftskreisläufe mit dezentralen Strukturen sowohl Teil einer zukünftigen Lebensmittel- als auch Klimapolitik sein“, fordert Heiner Sindel, 1. Vorsitzender des Bundesverbandes der Regionalbewegung e.V. Es bedarf einer offensiven und mutigen Strukturpolitik, die eine Regionalisierung in der Ernährungswirtschaft fördert und damit gute Rahmenbedingungen nicht nur für wenige Industrie-Riesen, sondern für die vielen regionalen kleinstrukturierten Betriebe der bäuerlichen Landwirtschaft und des Lebensmittelhandwerks schafft.

Die jetzt zu ergreifende Chance ist es, den Aufbau von regionalen Nahversorgerstrukturen systematisch zu unterstützen. Der Aufbau von Nahversorgerzentren, die als Vernetzer Betriebe der regionalen bäuerlichen Landwirtschaft und des Lebensmittelhandwerks bündeln und sowohl Vertrieb als auch Marketing unterstützen, könnten wesentliche Elemente von Nahversorgerregionen sein. Nahversorgerregionen, die durch die Auflage eines „Bundesprogramms Regionale Wertschöpfung“ sukzessive aufgebaut werden könnten. Das wäre ein erster großer Schritt in Richtung einer Regionalisierung in der Ernährungswirtschaft.

Der Bundesverband der Regionalbewegung e.V.

2005 aus dem Aktionsbündnis Tag der Regionen gegründet, versteht sich der Bundesverband der Regionalbewegung e.V. als Dachverband für die Akteure regionalen Wirtschaftens, die zu einer erfolgreichen und nachhaltigen Regionalentwicklung und der Stärkung ländlicher Räume beitragen. Als Kompetenznetzwerk für Regionalität bündelt der BRB vielfältige Aktivitäten einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, unterstützt und vernetzt zahlreiche vorhandene Akteure durch weitere Impulse und leistet wichtige Lobbyarbeit für die Stärkung ländlicher Räume. Aktuell zählt der BRB rund 300 Mitgliedsorganisationen im Bundesgebiet.

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Quelle: Bundesverband der Regionalbewegung e.V.
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