Zeitenwende in der Sauenhaltung: Bundesrat beschließt Ende der Kastenstand-Haltung

Tierschutz-Nutzierhaltungsverordnung verabschiedet. Staatssekretär Dr. Bottermann: Mit dem Ausstieg aus der Kastenstand-Haltung beginnt eine neue Ära der Sauenhaltung.

Der Bundesrat hat am Freitag (3. Juli 2020) einem Kompromissvorschlag der Länder Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zugestimmt. „Damit beginnt eine neue Ära der Sauenhaltung. Die Verordnung ist ein Meilenstein zur Verbesserung des Tierschutzes in der Nutztierhaltung. Wir haben in den zurückliegenden Monaten mit zukunftsweisenden Vorschlägen intensiv an einer gemeinsamen Lösung gearbeitet. Es freut mich, dass unser Kompromissvorschlag für ein neues, offenes System der Sauenhaltung heute eine Mehrheit gefunden hat“, würdigte Dr. Heinrich Bottermann, Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, den heutigen Beschluss.

Die Verordnung muss noch durch die Europäische Union notifiziert werden. Sobald die geänderte Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in Kraft tritt, wird der Ausstieg aus der Kastenstandhaltung von Sauen in Deutschland eingeleitet; Gruppenhaltung wird zur Regel. Der Ausstieg aus der Kastenstandhaltung im Deckzentrum muss dann innerhalb von acht Jahren vollzogen sein. Innerhalb von drei Jahren müssen die Tierhalterinnen und Tierhalter ein Umbaukonzept für ihren Stall vorlegen, innerhalb von fünf Jahren muss ein Bauantrag vorliegen und die Maßnahme dann innerhalb von acht Jahren umgesetzt sein. Für Härtefälle sind zehn Jahre für die Umsetzung vorgesehen. Wird kein Umbaukonzept vorgelegt, muss die Tierhaltung nach fünf Jahren beendet werden.

„Mit dieser klaren Perspektive wird insbesondere Familienbetrieben weiterhin eine Ferkelerzeugung in Deutschland ermöglicht. Die Sauenhalterinnen und Sauenhalter haben nun endlich die nötige Rechts- und Planungssicherheit für erforderliche bauliche Änderungen“, begrüßte Staatssekretär Bottermann die Entscheidung des Bundesrates. Sie sei ein Wegweiser für eine dringend erforderliche Neujustierung der Nutztierhaltung entlang der gesamten Kette vom Stall bis zum Teller.

Nach dem heutigen Beschluss muss das Deckzentrum zukünftig Fress-, Liege- und Aktivitätsbereich inklusive Rückzugsmöglichkeiten für die Sauen umfassen. Die flexible Gestaltung der Gruppenhaltung im Deckzentrum ist vorbehaltlich der größeren Flächen von fünf Quadratmetern pro Sau im Zeitraum vom Absetzen der Ferkel bis zur Besamung der Sau den Landwirtinnen und Landwirten überlassen und kann den betriebsindividuellen Möglichkeiten angepasst werden. Fress-Liegebuchten können weiterhin genutzt werden. Sauen dürfen jedoch nur noch zum Zeitpunkt der Besamung fixiert werden.

Hintergrund

Über die Neugestaltung der Haltungsanforderungen für Sauen wurde seit Langem intensiv gestritten. Hintergrund ist ein rechtskräftiges Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Magdeburg, das die Mindestbreite der streitgegenständlichen Kastenstände beanstandet hatte. Diese seien so schmal, dass eine Sau nicht mit ausgestreckten Gliedmaßen in Seitenlage liegen könne. Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hielt es für erforderlich, hier Mindestbreiten festzulegen, die der Höhe einer Sau entsprechen.

Der erste vorgelegte Verordnungsentwurf des Bundes wurde im Agrarausschuss des Bundesrates Ende Januar 2020 mehrheitlich abgelehnt, weil ein ungehindertes Ausstrecken der Gliedmaßen einer Sau in Seitenlage trotz vorgesehener Verbreiterung der Kastenstände und erheblicher Verkürzung der Verweildauer weiterhin nicht möglich gewesen wäre. Ursprünglich sollte der Bundesrat schon am 14. Februar 2020 über die Verordnung abstimmen. An diesem Tag wurde die Vorlage jedoch kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt.

Quelle: Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen