Vitamin-D-Mangel als Indikator für schwere COVID-19-Krankheitsverläufe?

Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht und ein hohes Alter scheinen das Risiko für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf zu erhöhen.

Diese Komorbiditäten haben eines gemeinsam: Sie sind ebenfalls mit niedrigen Vitamin-D-Plasmaspiegeln assoziiert. Diesen Zusammenhang legt Prof. Dr. Hans-Konrad Biesalski von der Universität Hohenheim in Stuttgart in seinem kürzlich veröffentlichten Paper „Vitamin D deficiency and co-morbidities in COVID-19 patients – A fatal relationship?“ dar. Der Ernährungsmediziner hat 30 Studien ausgewertet und eine Vitamin-D-Unterversorgung als möglichen Indikator für den Schweregrad und das Sterblichkeitsrisiko bei einer Covid-19-Erkrankung erkannt.

Inzwischen ist bekannt: Vitamin D ist nicht nur für die Knochengesundheit wichtig, sondern spielt auch eine wesentliche Rolle bei der Immunabwehr. Es interagiert mit Zellen des Immunsystems und reguliert Entzündungsprozesse im Körper. Ein Vitamin-D-Mangel kann demnach die Immunabwehr schwächen und entzündliche Reaktionen begünstigen.

Das Vitamin wird dem Körper über zwei Wege zugeführt: Hauptsächlich wird Vitamin D unter Einwirkung von Sonnenlicht (UV-B-Bestrahlung) in der Haut gebildet. Zu einem geringeren Anteil (weniger als 10 Prozent) kann Vitamin D auch über die Nahrung aufgenommen werden: Fetter Fisch, sonnengetrocknete Pilze und Eier enthalten nennenswerte Mengen.

In den nördlichen und mitteleuropäischen Ländern reicht die Sonnenstrahlung in den Wintermonaten oft nicht aus, um eine optimale Versorgung sicherzustellen. Zudem reduziert sich im Alter die Kapazität der Haut zur Vitamin-D-Bildung, weshalb vor allem auch ältere Menschen häufig von einem Vitamin-D-Mangel betroffen sind. Auch die Pigmentierung der Haut, bedeckende Kleidung oder wenig Aufenthalt im Freien stellen Faktoren dar, welche die Vitamin-D-Synthese beeinträchtigen können. Insgesamt ist der Vitamin-D-Mangel ein weltweites Problem. In Europa beispielsweise sind 20 bis 60 Prozent aller Altersgruppen von einer unzureichenden Vitamin-D-Versorgung (< 30 nmol) betroffen.

Bislang gibt es keine Untersuchungen mit der Verwendung von Vitamin D bei COVID-19. Aufgrund der Funktion des Vitamins in der Immunabwehr sollte ein festgestellter Mangel bei stationären Patienten jedoch korrigiert werden. Zu beachten ist allerdings, Gleichzeitig ist zu beachten, dass hohe Dosen des fettlöslichen Vitamins auch Risiken bergen können und nur dann supplementiert werden sollten, wenn tatsächlich zu niedrige Vitamin-D-Plasmaspiegel festgestellt wurden.

Zur Publikation:
Hans K. Biesalski: Vitamin D deficiency and co-morbidities in COVID-19 patients – A fatal relationship? NFS Journal, Volume 20, August 2020, Pages 10-21
https://doi.org/10.1016/j.nfs.2020.06.001

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