BDSI: Politik muss sicheren Rechtsrahmen und Binnenmarktkompatibilität für erweiterte Nährwertkennzeichnung schaffen

Die Einführung des Nutri-Score als freiwilliges visualisierendes Nährwertkennzeichnungsmodell steht in Deutschland unmittelbar bevor. Für die exportstarke deutsche Süßwarenindustrie sind jedoch vor allem mit Blick auf Ausfuhren in andere Mitgliedstaaten der EU viele fundamentale Fragen ungeklärt.

In einem Schreiben an Bundesernährungsministerin Julia Klöckner hat der BDSI deshalb um Beseitigung zahlreicher rechtlicher Hindernisse im Zusammenhang mit der nationalen Einführung des erweiterten Kennzeichnungsmodells Nutri-Score gebeten.

„Wir haben die klare Erwartung an die deutsche Politik, erst für einen verlässlichen Rechtsrahmen zu sorgen und erst dann eine Umsetzung von den Unternehmen einzufordern“, sagt Bastian Fassin, Vorsitzender des BDSI. „Was wir brauchen, ist eine praxisnahe und EU-weit einheitliche gesetzliche Grundlage, um einen Flickenteppich an unterschiedlichen nationalen Regelungen zu vermeiden. Denn ein zerstückelter EU-Binnenmarkt schadet allen Unternehmen in Europa, auch der exportorientierten deutschen Süßwarenindustrie.“

Eine große rechtliche Unsicherheit stellt insbesondere die Kennzeichnung von Produkten für andere europäische Märkte dar. Während bisher eine einheitliche Verpackung mit der gleichen Kennzeichnung, lediglich in mehreren Sprachen, gängig war, müssen die Hersteller zunehmend wieder unterschiedliche Verpackungen für unterschiedliche Märkte in der EU verwenden. Dies gilt auch für den Nutri-Score, denn verschiedene Länder innerhalb der EU haben sich klar gegen dieses Kennzeichnungsmodell ausgesprochen und unterstützen stattdessen andere Modelle wie das Keyhole- oder das Nutrinform-Modell. Mit dem Nutri-Score gekennzeichnete Produkte sind möglicherweise in Italien, Griechenland, den skandinavischen und einigen osteuropäischen Ländern mangels dort rechtlicher Vorgaben nicht mehr zulässig. Ein Flickenteppich an unterschiedlichen nationalen Regelungen belastet besonders kleinere und mittlere Unternehmen mit zusätzlichen Kosten und hohem administrativem Aufwand.

Daher begrüßt der BDSI, dass sich die Bundesregierung weiterhin für eine europaweite Einführung einer visualisierten Nährwertkennzeichnung ausgesprochen hat. Die europäische Lösung muss jedoch insbesondere für die Lizenzierung und die Rahmenbedingungen des Nährwertkennzeichnungsmodells gelten.

So müssen Lebensmittelunternehmen, die den Nutri-Score nutzen möchten, einen einseitigen Lizenzvertrag mit der französischen Behörde Santé Publique France abschließen. Dieser ist jedoch für viele Unternehmen aus Deutschland, aber auch aus anderen Ländern der EU (außerhalb von Frankreich) in der bestehenden Form nicht akzeptabel. Die französische Behörde kann Einblick in die Rezepturen und somit in das Herzstück eines jeden Süßwarenunternehmens verlangen. Nirgendwo sonst sind die Unternehmen zu einer Offenlegung dieser wertvollen Geschäftsgeheimnisse verpflichtet.

Die französische Behörde hat zudem das Recht, die Lizenzbedingungen und damit auch den Algorithmus der Score-Berechnung jederzeit einseitig zu ändern. Diese Änderungen müssen von den teilnehmenden Unternehmen zeitnah umgesetzt werden, was für die betroffenen Produkte jedes Mal zu Kosten in Millionenhöhe führen kann.

Der BDSI fordert, dass ergebnisoffen unterschiedliche Kennzeichnungsmodelle von der EU-Kommission geprüft werden. Entscheidend ist, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher klare Schlüsse daraus ziehen können, welchen Beitrag das Lebensmittel in Bezug auf den Energie- und Nährstoffgehalt leistet.

Quelle: BDSI