Stellungnahme des DIÄTVERBANDes: „Nutri-Score mit Beikostprodukten nicht vereinbar“

Der Nutri-Score eignet sich nicht für ‚Lebensmittel für spezielle Verbrauchergruppen‘ zu denen auch die Beikost zählt. Der DIÄTVERBAND erläutert im Folgenden die Gründe dafür.

Am 9. Oktober 2020 hat der Bundesrat einer Verordnung zur Nährwertkennzeichnung zugestimmt: Der sog. Nutri-Score ist ein französisches System zur erweiterten Nährwertkennzeichnung, welches Lebensmittel aufgrund seiner Nährstoffzusammensetzung bewertet und einen Vergleich zwischen Produkten einer Lebensmittelkategorie ermöglichen soll. Auch in Deutschland kommen immer mehr ‚Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs‘ mit dem Nutri-Score auf den Markt.

Nutri-Score für ‚Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs‘ entwickelt

Beim Nutri-Score handelt es sich um eine fünfstufige Skala aus den Buchstaben A (beste Bewertung) bis E (schlechteste Bewertung) und den Farben dunkelgrün bis rot mit dessen Hilfe Verbrauchern ein Vergleich von Produkten innerhalb einer Lebensmittelkategorie ermöglicht werden soll. Berechnungsgrundlage ist ein Algorithmus, der die Faktoren Energie, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz als negative Komponenten, den Gehalt an Protein, Ballaststoffen, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen und ausgewählten Ölen als positive Komponenten berücksichtigt. Der Nutri-Score wurde für die Anwendung auf ‚Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs‘ entwickelt, also für Lebensmittel für die Allgemeinbevölkerung.

‚Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs‘ vs. ‚Lebensmittel für spezielle Verbrauchergruppen‘

Im Gegensatz zu sog. ‚Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs‘, entsprechen ‚Lebensmittel für spezielle Verbrauchergruppen‘ den besonderen Ernährungsbedürfnissen bestimmter Verbrauchergruppen, also Patienten oder Säuglinge und Kleinkinder. Die speziell für diese Verbrauchergruppen entwickelten Lebensmittel unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung deutlich von ‚Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs‘.

Santé Publique France weist darauf hin, dass der Nutri-Score bei Produkten für Säuglinge und Kleinkinder nicht empfehlenswert ist. Grund dafür sind die besonderen Ernährungsbedürfnisse dieser Altersgruppe. Ähnlich äußerte sich auch das Max Rubner-Institut in seinem wissenschaftlichen Bericht zu Nährwertkennzeichnungsmodellen: „Der Ausschluss von Produkten für bestimmte Bevölkerungsgruppen ist aus ernährungsphysiologischer Sicht sinnvoll, da die betroffenen Produktgruppen für besondere Lebenssituationen gedacht sind und somit nicht für alle VerbraucherInnen geeignet sind. Eine Bewertung dieser Produkte könnte daher irreführend sein.“

Spezielle Nährstoffanforderungen für Säuglinge und Kleinkinder im Nutri-Score nicht berücksichtigt

Die Beikostrichtlinie und die Diätverordnung bilden die rechtliche Grundlage für die Zusammensetzungsanforderungen an Getreidebeikost und andere Beikost. Sie enthält sowohl Vorgaben u. a. zum Protein-, Fett- und Kohlenhydratgehalt als auch Anforderungen an die Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen, wenn diese zugesetzt werden. Diese besonderen Zusammensetzungsvorgaben werden vom Nutri-Score nicht berücksichtigt und könnten bei Anwendung zu Fehlinterpretationen beim Verbraucher führen, weil sich die Bedürfnisse von Babys und Kleinkindern im Vergleich zu anderen Verbrauchern deutlich unterscheiden.

Die fehlende Eignung des Nutri-Scores für die Säuglings- und Kleinkindernährung zeigt sich beispielhaft am Goldstandard für die Säuglingsernährung: der „Muttermilch“. Muttermilch ist optimal auf die Ernährungsbedürfnisse von Säuglingen abgestimmt. Nach dem Nutri-Score erhielte sie aber nur ein hellgrünes „B“ anstelle eines dunkelgrünen „A“.

Verwechslungsgefahr am Point-of-Sale

Im Handel sind vermehrt sog. Kinderlebensmittel zu finden, die der Beikost in der Aufmachung sehr ähnlich sind und so leicht mit Beikostprodukten verwechselt werden können. Möglicherweise werden diese in Zukunft den Nutri-Score tragen. Es gilt jedoch zu beachten, dass es sich dabei um ‚Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs‘ handelt, die nicht unter die Beikostrichtlinie und ihre strengen Anforderungen an die Zusammensetzung, Kennzeichnung, Aufmachung und Lebensmittelsicherheit fallen. Daher ist ein Vergleich dieser Produkte mit Produkten, die unter die Beikostrichtlinie fallen, nicht sachgerecht.

Fazit: Der Nutri-Score eignet sich nicht für Beikostprodukte

Wie dargelegt, eignet sich der Nutri-Score nicht für Beikostprodukte, da er die speziellen Zusammensetzungsmerkmale dieser Produktgruppe nicht abbilden kann. Der DIÄTVERBAND spricht sicher daher – wie auch von Santé Publique France empfohlen – dafür aus, den Nutri-Score nicht auf Beikostprodukten zu verwenden.

Quelle: Diätverband