Fernab vom Feld: Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Abdriften von Pflanzenschutzmitteln sind unwahrscheinlich

Wird ein Pflanzenschutzmittel auf den Acker gesprüht, ist es kaum zu vermeiden, dass ein Teil des Mittels nicht dort ankommt, wo es wirken soll. Es wird in die Umgebung „verfrachtet“.

Dafür gibt es verschiedene Ursachen. Beim Ausbringen können der Wind und andere Faktoren es jenseits des bearbeiteten Feldes „abdriften“ lassen, das Mittel kann zum Beispiel beim Versprühen verdampfen, vom Boden verdunsten oder mit Staub verweht werden. Vor allem beim Versprühen können Pflanzenschutzmittel über die Atemwege oder die Haut vom Anwender oder von Personen in der Umgebung aufgenommen werden.

Besteht dadurch eine Gefahr für den menschlichen Organismus? Diese Frage ist ein Teil der gesundheitlichen Risikobewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen durch das BfR. Prozesse wie das Abdriften und das Verflüchtigen von Pflanzenschutzmitteln werden dabei in Modellrechnungen berücksichtigt. Angenommen wird der schlimmstmögliche Fall (worst case). So wird anhand der Modelle und Messwerte bewertet, ob gesundheitliche Beeinträchtigungen entstehen können, wenn Pflanzenschutzmittelwirkstoffe im Nahbereich (bis zu zehn Meter vom Feldrand entfernt) auftreten. Im Nahbereich sind die Konzentrationen der Wirkstoffe höher als in größerer Entfernung. Nur wenn direkt angrenzend an die behandelten Flächen keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit zu erwarten sind, werden Pflanzenschutzmittel zugelassen. Daher ist bei sachgerechter und bestimmungsgemäßer Anwen-dung nicht von einem gesundheitlichen Risiko durch Abdrift von Pflanzenschutzmitteln auszugehen.

Strenge Regeln für die Prüfung von Pflanzenschutzmitteln gewährleisten hohes Schutzniveau

Pflanzenschutzmittel sind in Europa zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern und der Umwelt einem strengen, einheitlichen, gesetzlichen Regelwerk unterworfen. Dieses regelt sowohl die im konventionellen Anbau als auch die für die Biolandwirtschaft zugelassenen Mittel. Beide Bereiche sind auf Pflanzenschutzmittel angewiesen. Die in Europa vorgeschriebe- nen Datenanforderungen und Prüfvorschriften gehören zu den umfangreichsten weltweit und gewährleisten mit den darauf basierenden Bewertungen ein gesundheitliches Schutzniveau, das Maßstäbe setzt.

Im Gegensatz etwa zu sonstigen Chemikalien durchlaufen im Pflanzenschutz sowohl die Wirkstoffe ein Genehmigungsverfahren als auch die daraus formulierten Mittel ein explizites Zulassungsverfahren, mit strengen Anforderungen an Toxikologie (Bewertung der Giftwirkung) und Anwendung. Dieser gesetzliche Rahmen gewährleistet bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung den sicheren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gemäß dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik unter strikter Wahrung des Schutzgutes der menschlichen Gesundheit. Die in den Bewertungen getroffenen Annahmen und verwendeten Sicherheitsfaktoren sind dabei im Sinne des Verbraucherschutzes grundsätzlich konservativ, also so gewählt, dass sie einen höchstmöglichen gesundheitlichen Schutz gewährleisten und Unterschätzungen vorbeugen.

Die durch den Einsatz letztlich folgende Aufnahme geringer Mengen an Pflanzenschutzmitteln durch den Menschen, bei denen aus toxikologisch-gesundheitlicher Sicht gesundheitliche Beeinträchtigungen unwahrscheinlich sind, wird in diesem Prozess umfassend berücksichtigt und ist vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen, da unvermeidbar. Allein der Nachweis einer Substanz begründet daher kein gesundheitliches oder toxikologisches Risiko.

Der unausweichliche intrinsische Zielkonflikt zwischen absoluter Sicherheit und akzeptablem Risiko kann und soll dabei nicht auf wissenschaftlicher Ebene entschieden werden. Vielmehr haben Parlamente überall auf der Welt in ihrer Gesetzgebung festgeschrieben, dass der Prozess der Pflanzenschutzmittel-Zulassung die zentralen Aspekte der Gesundheitsvorsorge berücksichtigen muss. Dies gilt insbesondere für den Umgang mit Rückständen von Pflanzenschutzmitteln. Diese sind keine Verunreinigungen (Kontaminanten) im klassischen Sinn, sondern erwartbar.

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Quelle: BfR