Von „back to nature“ bis „easy going“: neue Ernährungs-Stile in Coronazeiten

Mobilitätsbeschränkungen und Verzichtsgebote durch die Covid-19-Pandemie haben Lifestyle und Ernährungsmuster der Deutschen nachhaltig beeinflusst.

Bei einem Streifzug durch die neue Lebensmittel- und Mahlzeitenwelt hat die Trendforscherin Karin Tischer den Plantarismus als Megatrend ausgemacht. 34 Prozent der Deutschen sind ernährungsbedingt sensibilisert – als Veganer, Vegetarier, Flexitarier oder reduktionswillige Fleischesser. „Wir sprechen vom sogenannten Plantarismus. Die zukünftige Ausrichtung wird insgesamt pflanzenorientierter sein – statt streng vegan und vegetarisch“, so Tischer beim Wissenschaftlichen Symposium des Verbands der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS) Mitte November vor rund 100 Teilnehmenden an den Monitoren.

Das – freiwillige oder verordnete – Homeoffice hatte zwiespältige Auswirkungen auf den Umgang mit Essen und Trinken. Die Bandbreite der Empfindungen durch das tägliche Kochen war enorm groß: Von „toller Entdeckung“ bis „unwillkommene Belastung“. Die erforderliche Bevorratung mit Lebensmitteln daheim war für Viele eine ungewohnte Herausforderung, was die teilweise völlig überzogenen Hamsterkäufe von Mehl und Nudeln im ersten Lockdown gezeigt haben.

Inzwischen gibt es laut Tischer einen Trend zu „Wohlfühl-Speisen“, die gesundheitsbezogene Superfood-Aspekte mit Convenience-Argumenten verbinden. Als weitere Beispiele nannte sie Salate, Früchte, Smoothies und „Comfort Food“ wie Granolas, Overnight-Oats oder warmes Zimt-Porridge mit Mandeln und Äpfeln – vorzugsweise als Bowls.

Für die Snacking-Fans hatte die Trendforscherin „Healthy Snacks“ für eine gesunde, schnelle Energiezufuhr im Homeoffice anzubieten: selbstgemachte Dattel-Cashew-Bällchen mit Trockenfrüchten oder eine „High-Protein-Bowl“ mit Quinoa, Erbsen und Belugalinsen-Mash. Besonders angesagte Alternativen für die Unterwegsverpflegung hat Tischer bei ihrer Erkundung der (Corona-offenen) To-Go-Szene entdeckt – an Foodtrucks, in Bäckerläden und im Lebensmittelhandel. In ihrem Vortrag präsentierte sie dazu Appetitanregendes: Wraps mit Spinat und Honigschinken, Hanf-Gemüse-Sticks oder – zunehmend veggie-belegte – Baguettes und Brötchen.

„Die Coronakrise ist ein Trend-Booster“, stellte Tischer fest. Marktentwicklungen, die sich schon vorher abzeichneten, haben nun stark an Dynamik gewonnen. Und auch dabei stehen Verbraucherinnen und Verbraucher häufig vor einem angesichts der Pandemie zu bewältigenden Dilemma zwischen Nachhaltigkeit und Convenience: Einerseits das Bedürfnis nach „back to nature“ bei der Lebensmittelwahl, andererseits die Anforderung von „easy going“ bei der Zubereitung in der Küche.

Tischer hob vier Trends hervor, für die sie auch in der Zeit „nach der Krise“ bleibende Bedeutung erwartet: Der Camping- und Caravaning-Hype, für den passende „Trecking-Speisen“ zum Picknickverzehr benötigt werden. Der Grill- und Barbecue-Trend, bei dem die persönliche Profilierung mit aufwändigen Outdoor-Kochstationen eine große Rolle spielt. Neue digitalisierte Gastronomie- und Einzelhandelskonzepte mit bargeldlosem Abhol- oder Lieferservice, wozu in weiterem Sinne auch Lebensmittelboxen inkl. Rezepten zählen oder der „Ab-Hof“-Automatenverkauf von Gemüse und Obst, Eiern oder Honig. Und schließlich der Trend zu authentisch-regionalen Produkten mit hohen Qualitäts- und Genusseigenschaften, die allerdings auch ihren Preis haben.

Quelle: Heiko Zentgraf, BZfE