Ob an Weihnachten oder zu Silvester – viele Menschen entscheiden sich für Karpfen oder andere Fischarten sowie Meeresfrüchte zum Festmahl.
Doch Fischesser*innen sind oft verunsichert: Kann ich Fisch und Meeresfrüchte aus Aquakultur kaufen? Denn das Thema wird kontrovers diskutiert. Nicht einfach, denn „die eine“ Aquakultur gibt es nicht. Vielmehr gibt es sehr unterschiedliche Formen der kontrollierten Erzeugung von Fischen, Krebstieren, Muscheln und Algen. Dr. Fabian Schäfer betreut das frei zugängliche, forschungsbasierte Informationsportal Aquakulturinfo.de vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Der Forscher erläutert die Vorzüge des Karpfens als Speisefisch.
Für alle, die ihn noch nicht mögen – Vieles spricht für den Karpfen
Er hat nicht gerade wenige Gräten – das ist aber auch schon der größte Makel. Aus ernährungsphysiologischer Sicht und auch vor dem Hintergrund der Umweltverträglichkeit ist der Karpfen für Fischesser*innen eine gute Wahl.
Badewanne ist zum Glück Vergangenheit, modrig schmeckt er trotzdem nicht
Es ist kein Zufall, dass Karpfen traditionell im Winter auf den Tisch kommen. Im Sommer sind die Karpfenteiche natürlicherweise trüb und die Karpfen gründeln am Gewässerboden.
Die vielen Mikroorganismen im Gewässer geben Stoffe wie Geosemin ab, die der Karpfen im Fleisch einlagert – das verändert den Geschmack. Nachdem die Fische einige Zeit in klarem Wasser verbracht haben, wie in den Winterteichen nach dem Abfischen im Herbst, verschwindet dieser Fehlgeschmack ohne weiteres Zutun. Man nennt das Schwimmen im klaren Wasser Aushältern. Die frühere Tradition, Karpfen in der Badewanne auzuhältern, ist heutzutage weder notwendig noch erlaubt: Die Tiere dürfen für den Verzehr entsprechend § 9 Abschnitt 3 der Tierschutz-Schlachtverordnung nicht lebend verkauft werden.
So wird der Karpfen gezüchtet
Der Karpfen ist wahrscheinlich einer der ersten Fische, der gezielt in Aquakultur aufgezogen wurde – bereits vor mehr als 2500 Jahren wurden Karpfen in den Teichen Asiens kultiviert. Heute gehört er zu den vier wichtigsten Fischarten in Aquakultur weltweit. Auch in Deutschland wurde der Karpfen vor vielen hundert Jahren eingeführt und die Erzeugung in Aquakultur hat eine lange Tradition. Die naturnahen Teiche sind heute vielerorts Teil der Kulturlandschaft.
Die Karpfenzucht in Deutschland ist mit ca. 5000 Tonnen pro Jahr im weltweiten Vergleich sehr gering. Dennoch ist der Karpfen nach der Regenbogenforelle der zweitwichtigste Fisch in der deutschen Aquakultur. Am Produktionssystem, der Teichwirtschaft, hat sich über diesen langen Zeitraum nur wenig verändert.
Karpfenteichwirtschaften werden gerne als „Hotspots” der Biodiversität bezeichnet, ist das gerechtfertigt?
Tatsächlich ist es so, dass die weitläufigen Teichanlagen zur Karpfenzucht Lebensraum vieler Pflanzen- und Tierarten sind. Neben verschiedenen Amphibien und Reptilien können in den naturnahen Teichlandschaften auch geschützte Vogelarten vorkommen. Verschwinden die Teiche, gehen auch diese Lebensräume verloren.
Viele Infos zu Karpfen & Co.
Sie möchten mehr über die Aquakultur und den Karpfen erfahren? Schauen Sie doch auf www.aquakulturinfo.de vorbei. Dort finden sie auch Informationen zu anderen Arten. Außerdem bietet die Webseite Hintergrundinformationen zu diversen Themen wie Produktionssystemen, Produktqualität, Tierwohl, Forschung und Ökonomie. Viel Spaß beim Lesen!
Video „Fischer Knuts Teich“ von IGB-Forscher Dr. Hendrik Monsees: Warum schmecken Fische manchmal modrig?
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Zu Aquakulturinfo.de
Obwohl die Aquakultur vielerorts eine lange Tradition hat, sorgen diese dynamische Entwicklung und der weltweite Handel auch für Herausforderungen ökologischer und sozialer Art. Auch deshalb steht die Aquakultur vermehrt im Fokus des gesellschaftlichen und medialen Interesses. Verbraucher*innen sind nicht selten verunsichert, wenn es um Produkte aus Aquakulturen geht. Auch Vertreter*innen von Verwaltung, Wirtschaft, Verbänden, Politik und Bildung suchen zunehmend nach seriösen Aquakultur-Informationen.
Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat es sich mit der forschungsbasierten Plattform Aquakulturinfo daher zur Aufgabe gemacht, unabhängige, objektive und detaillierte Informationen zu Themen der Aquakultur zusammenzustellen und für alle Interessierten frei verfügbar zu machen. Diese wissenschaftsbasierten Informationen sollen verantwortungsbewusste Entscheidungen unterstützen.
Aquakultur-Forschung am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Fisch ist weltweit für viele Millionen Menschen eine wichtige Eiweißquelle. Doch die natürlichen Vorkommen können die rasant steigende Nachfrage nicht decken. Die Zucht von Fischen in Aquakultur kann dazu beitragen, natürliche Ressourcen und Ökosysteme zu schonen und zugleich die Nahrungssicherheit zu verbessern. Möglich ist dies jedoch nur in einer nachhaltigen Aquakultur: Ökologische, ökonomische und soziale Aspekte müssen gleichberechtigt berücksichtigt werden.
Zu diesem Dreiklang forschen wir am IGB, zum Beispiel zu ressourcenschonender und effizienter Produktion, zu Tierwohl und alternativen Therapeutika, zu ökologischen Futtermitteln und Selbstversorgungskonzepten. Besonders ressourcenschonend ist die am IGB entwickelte Aquaponik-Technologie, auch als Tomatenfisch bekannt: Die kombinierte Fisch- und Gemüsezucht spart Wasser, Energie, künstlichen Dünger, Platz und verringert die Emissionen in der Nahrungsproduktion deutlich. Unsere Expertise zur Fischgenetik und Reproduktion nutzen wir auch für den Artenschutz. Wir kommunizieren unsere Forschungsthemen und Ergebnisse zielgerichtet an verschiedene Interessengruppen und Praxispartner, damit unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse in die praktische Anwendung gelangen können.
www.igb-berlin.de/aquakultur-und-aquaponik
Quelle: IGB Berlin