Studienergebnisse zu Auswirkungen überregionaler Investitionen in der Landwirtschaft

Bundesagrarministerin: Bauern brauchen Boden.

Wem gehört der Acker? Die Antwort lautet in Deutschland zunehmend: einem überregionalen Investor. Die Bodenpreise sind stark gestiegen – sie haben sich seit 2005 verdreifacht. Daher können sich Landwirte die zum Verkauf stehenden Agrarflächen oft nicht mehr leisten. Das hat auch Folgen für die Struktur im ländlichen Raum – für das Zusammenleben auf dem Dorf und die Lebensqualität vor Ort.

Diese sozialen Folgen hat die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, von ihrem Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, dem Johann Heinrich von Thünen-Institut, erforschen lassen.

Die nun vorgelegte Studie „Auswirkungen überregional aktiver Investoren in der Landwirtschaft auf ländliche Räume“ liefert nicht nur dazu Erkenntnisse, sondern geht auch der Frage nach, warum Investoren gerade in Ostdeutschland so aktiv sind. Dafür wurde die agrarstrukturelle Entwicklung seit der Wiedervereinigung untersucht.

Dazu Julia Klöckner: „Wir sehen: Die Agrarflächen sind zum Spekulationsobjekt geworden. Doch was für außerlandwirtschaftliche Investoren ein gutes Geschäft ist, ist für unsere Bauern eine große Gefahr: Sie verlieren einen fairen und bezahlbaren Zugang zu Ackerflächen, die ihnen das Einkommen sichern: Bauern brauchen Böden.“

Um dieser Entwicklung gegen zu steuern, forderte die Ministerin die Bundesländer erneut deutlich auf, ihrer grundgesetzlichen Aufgabe nachzukommen: Sie müssten ihr Bodenrecht an die heutigen Herausforderungen anpassen und die bestehenden Rechtslücken schließen. So würden etwa 75 Prozent der Pachtverträge in Deutschland rechtswidrig nicht angezeigt. Kein Anteilskauf wird bislang erfasst. „Die dringend notwendige Reform darf in den Ländern nicht wie eine heiße Kartoffel von Landesregierung zu Landesregierung weitergegeben werden. Hier müssen jetzt endlich Taten folgen. Es besteht kein Erkenntnisdefizit: Wer es politisch will, der kann es tun. Baden-Württemberg hat es vorgemacht und 2009 innerhalb eines Jahres die Lücken geschlossen“, so Julia Klöckner.

Aber auch der Bund sei in der Pflicht, so die Ministerin weiter. Nach wie vor können Anteilseigner die Grunderwerbssteuer umgehen, indem sie sich zunächst nur mit 94 Prozent an einem Agrarbetrieb beteiligen. Nach fünf Jahren kaufen sie dann den Rest – alles steuerfrei. Das Bundesfinanzministerium hat vorgeschlagen, diese Schwelle auf 90 Prozent zu setzen: „Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein und mir klar zu wenig. Ich will, dass diese Grenze auf 75 Prozent abgesenkt wird. Das habe ich auch dem Bundesfinanzminister deutlich gemacht und einen Vorschlag vorgelegt“, so Julia Klöckner. Das würde die Umgehung der Grunderwerbsteuer beim Kauf von Agrarimmobilien drastisch verringern.

Die Studie des Thünen-Instituts kommt zu zwei zentralen Ergebnissen:

  1. Es besteht die Gefahr der Entfremdung innerhalb der Gemeinden. Denn ortsfremde Betriebsinhaber integrieren sich in der Regel weniger in das Dorfleben, engagieren sich nicht für die Gemeinde.
  2. In den beiden untersuchten Regionen ist die Eigentumskonzentration 30 Jahre nach der Wiedervereinigung bei Agrarflächen deutlich höher als bisher angenommen. Der wirtschaftliche Druck nach der Wende hat zu den zahlreichen Verkäufen geführt. Finanzstarke Investoren greifen zu.

Julia Klöckner:

„Unsere Studie zeigt, dass diese Entwicklung auf dem Bodenmarkt die Distanz zwischen den Agrarunternehmen und der ländlichen Bevölkerung verstärkt – zum Beispiel indem Wertschöpfung aus der Region zum entfernten Firmensitz abfließt, während die Gemeinde die nötige Infrastruktur vor Ort finanziert. Fest steht: Wer aus der Gegend kommt, bringt sich mehr ein ins Dorfleben, engagiert sich in der Gemeinde. Es ist wichtig, diese Zusammenhänge zu untersuchen.“

Projektleiter des Thünen-Instituts, Andreas Tietz:

„Im Zentrum unserer Studie steht die Erkenntnis, dass sich die Art und Weise des agrarstrukturellen Wandels verändert. Das betriebliche Wachstum vollzieht sich zunehmend in lokalen und überregional organisierten Holdingstrukturen. Dieser Prozess wird von nichtlandwirtschaftlichen Investoren, zum Teil aber auch den Landwirten selbst vorangetrieben. Für uns stellt sich die Frage, wie dieser Prozess das Verhältnis zwischen den ländlichen Gemeinden und der Landwirtschaft verändert. Landwirtschaft hat eine zentrale Bedeutung für die lokalen natürlichen Ressourcen und ressourcennahen Infrastrukturen. Damit geht es auch um den Beitrag der Landwirtschaft zur ländlichen Entwicklung, das Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Bevölkerung und letztlich um die gesellschaftliche Akzeptanz der heutigen Landwirtschaft.“

Die gesamte Studie des Thünen-Instituts finden Sie hier.

Quelle: BMEL