AöL diskutiert Preisgestaltung als Schlüssel zu nachhaltiger Ernährung

Ist billig wirklich billig?

True Cost Accounting, oder auch „wahre Preise“ bieten viele Vorteile. Doch wie können wir Bio-Lebensmittel allen zugänglich machen und welche Rolle spielt die Preisgestaltung dabei? Damit beschäftigte sich das Podium der Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller e.V. (AöL) im Rahmen des BIOFACH eSPECIAL 2021. Getreu dem Titel „Preisschlacht oder True Cost – was führt zu einem enkeltauglichen Ernährungssystem“ diskutierten Volkert Engelsmann (EOSTA BV), Amelie Michalke (Universität Greifswald), Prof. Dr. Carola Strassner (FH Münster) und Prof. Dr. Horst Lang (Globus Holding) ihre Positionen vor über 200 Zuschauern.

Dass unser Ernährungssystem nachhaltiger werden muss, ist unbestritten. Doch was können Unternehmen, Politik und jeder Einzelne dafür tun? „Wir müssen Ökologie und Soziales mit der Ökonomie, also den Preisen, verknüpfen, was im Moment nicht der Fall ist“, so die Augsburger Wirtschaftsingenieurin Amelie Michalke. Was geschehen würde, wenn doch, das hat ihre Fallstudie mit PENNY gezeigt: Die Berechnungen wahrer Preise für unterschiedliche Lebensmittel haben verdeutlicht, dass biologische Preisaufschläge bei wahren Preisen meist geringer wären als Konventionelle.

Der Gründer und Geschäftsführer von EOSTA, Volkert Engelsmann, begründet die Notwendigkeit für wahre Preise ähnlich. „Nicht nur wir sind in Pandemiezeiten in Atemnot, sondern auch die Erde, und zwar immer. Wir brauchen mehr Bewusstsein für gesundheitliche, soziale und ökologische Vitalität.“ Dazu kommt: Eine enge Zusammenarbeit der Nachhaltigkeits- und Finanzbranche würde mehr Tempo bringen, wenn Entscheidungen der Politik nicht mehr abgewartet werden müssten. EOSTA selbst berücksichtigt neben dem finanziellen Kapital bereits das soziale und natürliche Kapital in allen Prozessen.

Prof. Dr. Carola Strassner, langjährige wissenschaftliche Begleiterin der AöL und Dozentin an der Uni Münster, beschreibt das Konzept der wahren Preise als „ein unglaublich hilfreiches, notwendiges Instrument, das der Sensibilisierung der Konsumierenden dient – ein solcher Weckruf ist nötig.“ Die entscheidende Frage, um dabei alle gesellschaftlichen Gruppen mitzunehmen sei aber, wer die Mehrkosten zahlen müsse. Darüber brauche es ebenso eine Diskussion, wie über den Wert unserer Lebensmittel.

Wie sieht nun der Handel das Konzept? Prof. Dr. Horst Lang, Leiter der Unternehmensbereiche Qualitätssicherung, Umwelt und Arbeitssicherheit der Globus Holding, sieht die Frage nach dem True Cost-Ansatz, der marktwirtschaftliche Kräfte hinsichtlich der Preisfindung entkoppelt, völlig unabhängig von Preisschlachten. Denn wahre Preise führten weg von der Preisdiskussion, hin zu einer nötigen Diskussion Mehr(wert). „Wahre Preise können uns helfen, Lebensmittel richtig zu werten“. Dabei die entscheidenden Faktoren der Wertigkeit von Produkten, nämlich Haltung und Purpose zu vermitteln, das sei auch Aufgabe des Handels.“

Wie können wir das Konzept der wahren Preise nun in die Breite bringen?

Die AöL-Moderatorin Anne Baumann fasste zusammen: „Mit den sogenannten „wahren Preisen“ haben wir mit Sicherheit eines der wichtigsten Instrumente und einen enorm wirksamen Hebel, um nachhaltiger und ökologischer zu leben und viele unserer aktuellen Probleme zu lösen. Menschen würden sich ausgewogener und biologischer ernähren, ihre Gesundheit würde sich verbessern, Ökologie vom Acker bis zum Teller würde gefördert werden, Landwirte fair bezahlt – die Vorteile sind vielfältig.“

Im Sinn kreativer Gesetzgebung und braucht es dazu mehrere Ansatzpunkte, um ein gleiches Spielfeld in der Lebensmittelwirtschaft zu schaffen, in dem wahre Preise wirken können. Wir müssen uns damit beschäftigen, wie wir die Wertwahrnehmung für Lebensmittel öffentlich verbessern und in Wissen und Bewusstsein der Verbraucher*innen investieren. Denn klar ist: billig ist eigentlich ziemlich teuer.

Quelle: AöL