Rein vegane und vegetarische Ernährung: erhöht sich das Frakturrisiko?

Eine pflanzliche Ernährung hat viele Vorteile. Allerdings leiden Vegetarier und vor allem Veganer möglicherweise häufiger unter Knochenbrüchen.

Das vermuten Wissenschaftler der University of Oxford, die Daten der „European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition“ (EPIC)-Studie aus Großbritannien ausgewertet hatten. Das erhöhte Risiko kann zum Teil durch ein geringeres Körpergewicht und einen Mangel an Eiweiß, bei Veganern auch an Kalzium erklärt werden.

Für die Untersuchung wurden knapp 55.000 Briten zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Rund drei Viertel waren Frauen, und ein hoher Anteil verzichtete auf Fleisch. Anhand von Krankenakten wurden im Laufe von durchschnittlich 18 Jahren knapp 4.000 Frakturen festgestellt.

Veganer, die meist geringer mit Kalzium und Eiweiß versorgt waren, hatten im Vergleich zu Fleischessern ein um 43 Prozent höheres Risiko für Frakturen. Das entspricht knapp 20 zusätzlichen Fällen pro 1.000 Menschen in einem Jahrzehnt. Die Wahrscheinlichkeit für eine Hüftfraktur war bei Veganern um das 2,3-fache erhöht. Auch Vegetarier litten mit einer um 25 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit an Hüftfrakturen, selbst wenn sie Fisch aßen.

„Eine ausgewogene und überwiegend pflanzliche Ernährung kann zu einer besseren Nährstoffversorgung und einem geringeren Krankheitsrisiko, etwa für Herz-Kreislauf-Leiden und Diabetes, führen“, betont Dr. Tammy Tong von der University of Oxford. Veganer und Vegetarier sollten die Vorteile und Risiken ihrer Ernährungsweise berücksichtigen und sicherstellen, dass sie ausreichend mit Kalzium und Eiweiß versorgt sind und ein gesundes Körpergewicht haben, rät Tong.

Untergewicht wird mit einem erhöhten Hüftbruchrisiko in Verbindung gebracht, während eine schlechte Versorgung mit Kalzium und Eiweiß die Knochengesundheit beeinträchtigen kann. Ein Kalziummangel kann im Alter das Risiko für Osteoporose („Knochenschwund“) erhöhen. Wer sich rein pflanzlich ernährt, verzichtet auf Fleisch als wichtige Eiweißquelle und Milchprodukte als Kalziumlieferant. Gute pflanzliche Quellen für Eiweiß und Kalzium sind zum Beispiel Hülsenfrüchte, Nüsse und Kerne. ´

Da es sich um eine reine Beobachtungsstudie handelt, können keine ursächlichen Zusammenhänge nachgewiesen werden, geben die Autoren im Journal „BMC Medicine“ zu bedenken. Außerdem war es nicht möglich, zwischen Frakturen aufgrund einer schlechten Knochengesundheit oder als Unfallfolge zu unterscheiden. Vermutlich spielen neben der Kalzium- und Eiweißversorgung weitere, noch unbekannte Faktoren eine Rolle. Untersuchungen mit mehr Männern und Probanden nicht-europäischer Herkunft sollen folgen.

Weitere Informationen:

  • www.biomedcentral.com
  • doi.org/10.1186/s12916-020-01815-3

Quelle: Heike Kreutz, BZfE