Kann der Biofaktor Vitamin D3 vor Krebs schützen?

Drei Metaanalysen von insgesamt 35 klinischen Studien aus USA und Asien zeigen, dass Vitamin D3 die Krebssterblichkeit signifikant senken könnte.

Forscher vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg übertrugen diese Ergebnisse nun auf Deutschland und veröffentlichten folgende Empfehlung: Durch eine Vitamin-D3-Supplementierung aller Menschen über 50 könnte die Zahl an Krebstoten um 30.000 pro Jahr vermindert werden – bei gleichzeitiger Kostenersparnis für das Gesundheitssystem durch weniger Krebstherapien.

Mit über 230.000 Menschen deutschlandweit war 2019 jeder vierte Todesfall tumorbedingt. (1)  Neben anderen Faktoren kann laut Studien auch ein Vitamin-D3-Mangel als Ursache in Frage kommen. Und ein solcher Mangel ist gar nicht selten: Knapp 62 % der Bevölkerung sind nicht ausreichend mit dem Biofaktor Vitamin D3 versorgt, (2)  bei älteren Menschen liegt die Zahl noch höher. (3)

Diese Ursachen können zu einem Vitamin-D3-Mangel führen

Die möglichen Ursachen für einen Vitamin-D3-Mangel sind vielfältig und werden durch eine verminderte Synthese oder Zufuhr sowie einen erhöhten Bedarf an dem Biofaktor, vor allem bei Säuglingen, Schwangeren, Stillenden und Senioren, ausgelöst. Daneben kann es generell durch eine ungenügende Sonnenexposition, z. B. durch Sonnenschutzmittel und im Freien, zu einer ungenügenden Vitamin-D3-Synthese über die Haut kommen. (4,5)

Zudem kann die Vitamin-D3-Resorption durch chronische Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Zöliakie oder Lebererkrankungen vermindert sein. Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz wird mehr Vitamin D3 über die Nieren ausgeschieden und weniger aktives Vitamin D3 gebildet, wodurch es ebenfalls zu einem Mangel des Biofaktors kommen kann. Auch die langfristige Einnahme von Arzneimitteln wie Antiepileptika, Sedativa, Glukokortikoiden, Protonenpumpeninhibitoren oder Zytostatika kann zu einer Vitamin-D3-Unterversorgung führen.

Nicht zuletzt kann ein Magnesiummangel einen Vitamin-D3-Mangel bedingen, da die beiden Biofaktoren synergistisch im Körper agieren: Einerseits ist der Biofaktor Magnesium ein Cofaktor für die Umwandlung der inaktiven zur aktiven Vitamin-D3-Form, andererseits fördert Vitamin D3 die Magnesiumaufnahme im Dünndarm.

Biofaktor Vitamin D3 – weniger Krebstote?

„Seit Jahren untersuchen Wissenschaftler den Einfluss von Vitamin D3 auf die Prognose von Erkrankungen außerhalb des Skelettsystems, so auch bei Krebs. Die Evidenz für präventive Effekte auf Tumorerkrankungen galt jedoch bisher als unzureichend“, bewerten Experten der Gesellschaft für Biofaktoren (GfB) die aktuelle Studienlage. (6)

In 2019 wurden nun gleich drei große Metaanalysen (7) hochwertiger klinischer Studien publiziert, die den Vitamin-D3-Status auf die Krebssterblichkeit untersuchten – mit folgendem Ergebnis: Unter Vitamin-D3-Supplementierung von 400 bis 2.000 IE täglich sank die Mortalität über alle Krebserkrankungen hinweg im Vergleich zu Placebo hoch signifikant um rund 13 %, während für die Krebsinzidenz eine nur geringe, statistisch nicht signifikante Reduzierung beobachtet wurde.

Epidemiologen des DKFZ stellten daraufhin Modellrechnungen an und berücksichtigten Zahlen zu Bevölkerungsdichte, Kosten für Krebstherapien und für Vitamin-D3-Supplemente von 1.000 IE pro Tag: Durch bundesweite Supplementierung aller Menschen über 50 Jahre mit dem Biofaktor könnte sich die jährliche Anzahl an Krebstoten um 30.000 verringern, es könnten 300.000 Lebensjahre gewonnen und 254 Millionen Euro durch weniger Krebstherapien eingespart werden. (8)

Die Anzahl verlorener Lebensjahre ab Zeitpunkt des Krebstodes wurde anhand der Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes errechnet. Streng genommen müssten auch Kosten für die Vitamin-D3-Diagnostik in das Modell eingebunden werden. Allerdings halten die DKFZ-Wissenschaftler eine routinemäßige Bestimmung des Vitamin-D3-Blutspiegels für verzichtbar, da bei einer „blinden“ Supplementierung von 1000 IE pro Tag eine Überdosierung ohnehin nicht zu befürchten sei.

Fazit der GfB

Bei Krebs an Vitamin D3 denken und bei Mangel substituieren
Die Ergebnisse von Studien und Modellrechnung bewertet die GfB ebenfalls als äußerst positiv und weist auch auf die Häufigkeit eines Vitamin-D3-Mangels hin. Schon aus Gründen der Erstattungsfähigkeit plädiert sie jedoch dafür, den Biofaktor nur nach nachgewiesenem Mangel zu supplementieren.

Literatur

  1. www.destatis.de/Gesundheit/Todesursachen/_inhalt/
  2. Rabenberg M et al.: Journal of Health Monitoring 2016, 1(2). Robert Koch-Institut, Berlin. DOI 10.17886/RKI-GBE-2016-036 www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/JoHM_2016_02_ernaehrung.html
  3. MRI (Max Rubner-Institut): Nationale Verzehrsstudie II. Ergebnisbericht, Teil 2. Karlsruhe, 2008. www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/Institute/EV/NVSII_Abschlussbericht_Teil_2.pdf, S. 141.
  4. Pietrzik K, Golly I, Loew D: Handbuch der Vitamine, 2008, S. 275
    Wacker M et al.: Sunlight and Vitamin D: A global perspective for health. Dermato-Endocrinology 2013, 5(1): 51-108
  5. Muller DC et al.: No association between circulating concentrations of vitamin D and risk of lung cancer: an analysis in 20 prospective studies in the Lung Cancer Cohort Consortium (LC3) Ann Oncol. 2018 Jun, 29(6): 1468-1475
  6. Keum N et al.: Vitamin D supplementation and total cancer incidence and mortality: a meta-analysis of randomized controlled trials. Ann Oncol. 2019, 30(5): 733-743
  7. Haykal T et al.: The role of vitamin D supplementation for primary prevention of cancer: meta-analysis of randomized controlled trials. J Community Hosp Intern Med Perspect. 2019, 9(6): 480-488
  8. Zhang X et al.: Meta-analysis of randomized controlled trials on vitamin D supplement and cancer incidence and mortality. Biosci Rep. 2019,39(11)
    www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/

Quelle: GfB