Einstufung von Synephrin-haltigen Produkten

Der Pflanzeninhaltsstoff Synephrin kommt natürlicherweise in Zitrusfrüchten wie Orangen, Mandarinen, Clementinen und Zitronen vor. Aber auch in Nahrungsergänzungsmitteln, insbesondere Sportlerprodukten und Schlankheitsmitteln, wird der Stoff verwendet.

Die Gemeinsame Expertenkommission, deren Geschäftsstelle vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geleitet wird, hat nun eine Stellungnahme zur Einstufung von Synephrin erstellt. Über Lebensmittel einschließlich Nahrungsergänzungsmitteln sollten insgesamt nicht mehr als 21 mg Synephrin pro Tag aufgenommen werden.

Synephrin ist ein natürlicher Pflanzeninhaltsstoff, der im Fruchtfleisch und der Schale verschiedener Zitrusfrüchten, wie der Bitterorange (Citrus aurantium) vorkommt. Es weist eine strukturelle Ähnlichkeit mit den Substanzen Ephedrin und Adrenalin auf. Synephrin wirkt im menschlichen Organismus sympathomimetisch. Dabei führt die Stimulierung von Adrenorezeptoren zur Verengung von Blutgefäßen sowie zu einer verstärkten Kontraktion des Herzens und einer erhöhten Herzfrequenz. Außerdem bewirkt Synephrin eine Erhöhung der Lipolyse im Fettgewebe, was in einer leicht erhöhten Fettsäureoxidation resultiert.

Aktuell wird Synephrin aus Bitterorangenextrakten unterschiedlichen als Lebensmittel in Verkehr gebrachten Erzeugnissen zugesetzt, insbesondere Sportlerprodukten und Schlankheitsmitteln. Überwiegend werden diese Erzeugnisse als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) angeboten, meist in Kombination mit Coffein. Oft enthalten solche Erzeugnisse neben Synephrin zusätzlich Coffein, welches dabei häufig in Form pflanzlicher Extrakte aus Guarana, Kaffee oder Grüntee zugesetzt wird.

Die Gemeinsame Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen hat vor diesem Hintergrund Informationen zu Synephrin-haltigen Produkten zusammengestellt. Auf dieser Grundlage hat die Gemeinsame Expertenkommission eine Empfehlung zur rechtlichen Einstufung von Citrus-aurantium-Extrakt bzw. Synephrin allein und in Kombination mit Coffein erstellt. Bei der Beurteilung der Verkehrsfähigkeit wurden mögliche pharmakologische Wirkungen und Gesundheitsrisiken von Synephrin und Coffein beurteilt.

Synephrin war seit den 1930er Jahren über viele Jahre als Arzneimittel zur Behandlung von niedrigem Blutdruck im Einsatz. Zu diesem Zeitpunkt waren noch keine Wirksamkeitsnachweise im Rahmen eines Zulassungsverfahrens notwendig. Da keine adäquaten Studien für eine Nachzulassung vorgelegt wurden, ist Synephrin derzeit in Deutschland in keinem Arzneimittel mehr zugelassen. Die Gemeinsame Expertenkommission hat daher die aktuell in der Literatur verfügbaren Humanstudien zu einer möglichen sympathomimetischen Wirkung von Synephrin kritisch geprüft. Nur in einzelnen Studien konnten geringfügige Effekte nachgewiesen werden, die durch die Kombination mit Coffein möglicherweise verstärkt werden. Diese Effekte sind zwar als Hinweise auf eine pharmakologische Wirkung zu werten. Eine exakte Dosierung, die mit einer pharmakologischen Wirkung im Sinne des Arzneimittelgesetzes assoziiert ist, lässt sich für Synephrin auch in Kombination mit Coffein auf Basis der derzeitigen Datenlage jedoch nicht festlegen. Im Ergebnis kommt die Gemeinsame Expertenkommission zu dem Schluss, dass Synephrin-haltige Produkte aufgrund der verfügbaren Datenlage nicht als Funktionsarzneimittel eingestuft werden können.

Für Synephrin sind unerwünschte Wirkungen wie Herzrasen, Herzrhythmusstörungen und Unruhezustände bekannt. Die Gemeinsame Expertenkommission hat daher auch die verfügbaren Studien zur Sicherheit Synephrin-haltiger Erzeugnisse geprüft. Daten zum möglichen toxischen Potenzial von Synephrin sind allerdings nur in begrenztem Umfang verfügbar, so dass es nicht möglich war, eine sichere Höchstmenge für Synephrin in Lebensmitteln einschließlich NEM zu identifizieren.

Die Gemeinsame Expertenkommission verfolgte daher den Ansatz, dass die Aufnahme von Synephrin über NEM oder sonstige Lebensmittel, denen eine Synephrin-Quelle zugesetzt worden ist, auf eine Höchstmenge beschränkt werden sollte, bei welcher kein signifikanter Anstieg der Synephrin-Exposition im Vergleich zur Aufnahme durch Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs zu erwarten ist. Synephrin kann über das süße Fruchtfleisch von Orangen (Citrus sinensis), Mandarinen (Citrus reticulata) und Clementinen (Citrus clementina) sowie deren Saft aufgenommen werden. Außerdem werden Bitterorangen (Citrus aurantium) zu Marmelade, Sirup, Orangeat und Likör weiterverarbeitet. Die Datenlage zu Synephrin-Gehalten in solchen Lebensmitteln war zum Zeitpunkt der Erstellung der Stellungnahme begrenzt. Daher stellte das Bayerische Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) aktuelle Messungen entsprechender Synephrin-Gehalte zur Verfügung. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) führte mit Hilfe dieser Daten auf Bitte der Gemeinsamen Expertenkommission eine aktualisierte Abschätzung der Aufnahme von Synephrin über Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs in Deutschland durch. Gemäß dieser Expositionsabschätzung nehmen in Deutschland Vielverzehrer über Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs mit den maximal ermittelten Synephrin-Gehalten bis zu etwa 21 mg Synephrin pro Tag auf.

Die Gemeinsame Expertenkommission kommt zu dem Schluss, dass über Lebensmittel einschließlich NEM, die eine oder mehrere Synephrin-Quellen als Zutat enthalten, insgesamt nicht mehr als 21 mg Synephrin pro Tag aufgenommen werden sollten. Für NEM, über die gemäß Verzehrsempfehlung bereits 21 mg Synephrin pro Tag zugeführt werden, empfiehlt die Gemeinsame Expertenkommission einen Hinweis auf dem Etikett, dass keine weiteren Synephrin-haltigen Lebensmittel verzehrt werden sollen. Für Erzeugnisse mit einer Dosierung von mehr als 21 mg Synephrin pro Tag, insbesondere in Kombination mit Coffein, empfiehlt die Gemeinsame Expertenkommission eine Einzelfallprüfung.

Die Gemeinsame Expertenkommission besteht neben Behördenvertretern aus anerkannten, behördenexternen Wissenschaftlern, die in ihren Entscheidungen unabhängig sind. Die Geschäftsstelle wird gemeinsam vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geleitet.

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Quelle: BVL