Fisch mit mehr Fleisch. Erstes genom-editiertes Tier in Japan zugelassen

Es ist eine Weltpremiere. In Japan ist erstmals ein genom-editiertes Tier für die Nahrungsmittelproduktion zugelassen worden: Rote Meerbrassen, ein dort beliebter Speisefisch.

Mit der Gen-Schere CRISPR/Cas wurde ein Gen ausgeschaltet, welches das Muskelwachstum hemmt. Diese Tiere setzen nun deutlich mehr Fleisch an als ihre konventionell gezüchteten Artgenossen. Nun soll ein zunächst begrenzter Verkauf beginnen.

Rote Meerbrassen (Pagrus major) sind in Asien beliebte Speisefische. In Japan gehören sie zu den wichtigsten in Aquakulturen gehaltenen Fischen. Auf sie entfallen zehn Prozent der Fischproduktion des Landes.

Nun hat das Regional Fish Institute, ein 2019 gegründetes Start-up in Kyoto, in Kooperation mit zwei Universitäten Rote Meerbrassen entwickelt, die in ihrer Wachstumsphase mehr Muskeln bilden. Dazu wurde im Genom der Fische mit der Gen-Schere CRISPR/Cas das Myostatin-Gen ausgeschaltet. Myostatin ist ein Enzym, das normalerweise das Muskelwachstum hemmt. Ist das entsprechende Gen inaktiv, wachsen die Muskeln weiter. Die editierten Roten Meerbrassen setzen bis zu etwa 20 Prozent mehr essbares Fleisch an. Dabei zeigen sie eine bessere Futterverwertung als herkömmliche Brassen – eine deutliche Kosten- und Ressourceneinsparung.

Schon länger ist die Funktion des Myostatin-Gens bekannt. Entdeckt wurde sie bei alten Nutztierrassen wie der Rinderrasse „Weißblaue Belgier“ oder dem Texel-Schaf. Bei ihnen ist das Myostatin-Gen infolge einer natürlichen Mutation ausgeschaltet – solche Tiere bilden überdurchschnittlich große Muskeln und damit mehr Fleisch. Mit den neuen Genome Editing-Verfahren ist es möglich geworden, eine punktuelle Mutation im Myostatin-Gen gezielt herbeizuführen und es so zu blockieren. Auch bei anderen Tierarten wollen Forschungsprojekte auf diese Weise das Muskelwachstum stimulieren. Bei Schweinen, Rindern, Schafen oder Ziegen soll so die Fleischbildung gesteigert werden, bei Pferden und Hunden deren sportliche Leistungsfähigkeit. Marktreife haben all diese Tiere bisher jedoch nicht erreicht.

Dank der Gen-Schere CRISPR/Cas brauchte Regional Fish nur zwei Jahre, um Fische mit blockiertem Myostatin-Gen zu entwickeln. Mit herkömmlichen Zuchtverfahren würde es bis zu 30 Jahre dauern, so das Unternehmen. Die editierten Meerbrassen werden in abgeschlossenen Becken im Landesinneren gehalten, um ein Entkommen der Tiere in die freie Wildbahn und damit ein Vermischen mit natürlichen Beständen zu verhindern.

In Japan werden Zulassungsanträge für Organismen, die mit Hilfe von Genome Editing verändert wurden, von Fall zu Fall bewertet. Wurden neue Gene in Pflanzen oder Tiere eingefügt, wie es mit der klassischen Gentechnik der Fall ist, sind zusätzliche Sicherheitsprüfungen vorgeschrieben. In den editierten Meerbrassen mit blockiertem Myostatin-Gen ist jedoch kein zusätzliches oder „artfremdes“ DNA-Material vorhanden. Deswegen ließ das zuständige Ministerium (Ministry of Health, Labor and Welfare) die Tiere nun für die Nahrungsmittelproduktion zu.

Bevor die breite Vermarktung beginnt, sind 190 Test-Mahlzeiten aus editierten Meerbrassen vorgesehen, die sich neugierige Kunden über eine Crowdfunding-Plattform reservieren lassen können. Ab Oktober 2021 will Regional Fish die Bestellungen ausliefern. Das Unternehmen verspricht, sie als „genom-editiert“ zu kennzeichnen. Vorgeschrieben ist eine solche Kennzeichnung in Japan nicht, wird aber empfohlen.

Die Roten Meerbrassen sind weltweit die ersten genom-editierten Tiere, die für den menschlichen Verzehr genehmigt wurden. In den USA und Kanada sind zwar gentechnisch veränderte Lachse auf dem Markt, diese wurden aber mit klassischen Gentechnikmethoden verändert und tragen zwei Fremdgene. Die Entwicklungs- und Zulassungszeit betrug mehr als zwanzig Jahre. Produkte aus diesen Lachsen müssen als bioengineered gekennzeichnet werden.

Nicht nur in Japan nutzen Forschungseinrichtungen verstärkt Genome Editing-Verfahren in der Fischzucht. So beschäftigt sich etwa die Kyoto University mit schneller wachsenden Kugelfischen, die für die japanische Spezialität Fugu benötigt werden. Chinesische Institute wollen Fische mit weniger Knochen entwickeln, um sie einfacher zu Fischfilets verarbeiten zu können. Makrelen sollen für die Aquakultur optimiert werden.

Vor den Meerbrassen hatte Japan bereits genom-editierte Tomaten genehmigt, die – ebenfalls mit Hilfe von CRISPR/Cas – einen um das Fünffache erhöhten Gehalt an Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) aufweisen und deswegen als gesundheitsfördernd gelten. GABA ist ein wichtiger Botenstoff, der entspannend und Blutdruck senkend wirken soll.

Quelle: Forum Bio- und Gentechnologie