Kampf gegen Lebens­mittel­ver­schwen­dung steht noch am Anfang

Studie zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung: Neue Geschäftsmodelle und ihre Grenzen.

„In Deutschland werden jährlich 11,9 Millionen Tonnen an Lebensmitteln weggeschmissen, pro Person entspricht das 144 Kilogramm. Noch finden die Geschäftsmodelle, die gegen die Lebensmittelverschwendung angehen, zu wenig Resonanz“, konstatiert Adrian Kirste, Partner der Managementberatung Kearney und Experte für Handel und Konsumgüter. Deutschland sei bislang weit davon entfernt, das UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung, bis 2030 die Lebensmittelmittelverschwendung zu halbieren, zu erreichen. Dabei böte der Markt mit einem Volumen im zweistelligen Milliardenbereich zahlreiche Möglichkeiten und Wege, wenn alle Akteure an einem Strang zögen.

In der Studie „Lebensmittelverschwendung reduzieren: Neue Geschäftsmodelle und ihre Grenzen“ untersucht Kearney, wie bis zu 70 Prozent der Verschwendung vermieden werden können. Gegenstand der Studie sind die Aktivitäten des öffentlichen und privaten Sektors gegen Lebensmittelverschwendung und eine Befragung von 1.000 Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Die überwiegende Mehrheit des Lebensmittelabfalls stammt aus privaten Haushalten (52 Prozent), gefolgt von der Lebensmittelverarbeitung (18 Prozent), der Außer-Haus-Verpflegung (14 Prozent), der Primärproduktion (12 Prozent) und dem Handel mit vier Prozent. Wie viel dieser Verschwendung auf welchem Weg vermieden werden kann ist Gegenstand der Kearney-Untersuchung. Verschiedene Geschäftsmodelle gehen die Verschwendung in privaten Haushalten an mit divergierenden Bekanntheits- und Nutzungsgraden. Jeder Dritte der Befragten kennt Dienste zur Mahlzeitenplanung, Sharing-Plattformen und Zero-Waste-Stores. Doch nur jeder Dritte unter ihnen nutzt sie auch. Pantry-Tracking-Dienste, die einen intelligenten Einkauf ermöglichen sollen, sind im Gegensatz dagegen kaum bekannt (10 Prozent der Befragten). Diese Dienste werden allerdings von denen, die sie kennen, häufig genutzt.

Bei der Frage nach der Effektivität schneiden die Modelle unterschiedlich ab: Sharing-Plattformen und Food2Food-Transformationsunternehmen gelten als besonders effektiv. Dagegen wird die Effektivität von „Ugly‑Food“- Geschäften und Zero Waste Stores als mittelmäßig eingeschätzt. Die befragten Konsumentinnen und Konsumenten sehen bei Pantry-Tracking-Diensten und Diensten zur Mahlzeitenplanung die geringste Wirksamkeit in der Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung.

Potenzial sehen die Autoren von Kearney neben den Geschäftsmodellen, die auf Endkundinnen und -kunden zielen, auch bei Geschäftsmodellen im B2B-Bereich, wie zum Beispiel Bioenergie- und Tierfutterunternehmen, da den relativ hohen Preisen der Endprodukte geringe Rohstoffkosten für die Produktion gegenüberstehen.

Die Befragten waren sich darin einig, keine Mehrkosten für Angebote zu akzeptieren, die die Lebensmittelverschwendung reduzieren. Die Autoren der Studie weisen daher auf die unverzichtbare Rolle des Staats hin und nennen Instrumente wie finanzielle Anreize, neue Qualitätsstandards, Bewusstseinsbildung, oder gezielte Verbote.

„Im schlimmsten Fall verfehlt Deutschland nicht nur das UN-Nachhaltigkeitsziel, sondern erzeugt sogar mehr Lebensmittelabfälle im Vergleich zum Basisjahr 2015“, erläutert Kirste. Dem hält er ein Best-Case-Szenario entgegen, bei dem bis 2030 52 Prozent der Abfälle reduziert werden können. „Für Unternehmen bieten nachhaltige Geschäftsmodelle neue Möglichkeiten der Monetarisierung mit zurzeit noch wenig Konkurrenz“ so Kirste.

Quelle: Kearney