KLIMA UND BODEN ENTSCHEIDEN ÜBER DIE AUSPRÄGUNG VON PFLANZENMERKMALEN

Weltweit nur durch gemeinsame Effekte erklärbar.

Einem internationalen Forschungsteam gelang es, global wirkende Faktoren zu erkennen, die die Vielfalt der Formen und Funktionen von Pflanzen hervorrufen. Unter der Leitung der Universität Zürich, des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena sowie der Universität Leipzig, trugen die Forschenden weltweit Pflanzendaten zusammen und analysierten sie. Sie zeigten erstmalig, wie stark Klima- und Bodeneigenschaften durch Merkmale wie Größe, Aufbau und Lebensspanne der Pflanzen bestimmt werden. Daraus abgeleitete Erkenntnisse könnten entscheidend sein, um Erdsystemmodelle hinsichtlich der Rolle von Pflanzenvielfalt zu verbessern. Die Studie wurde nun im international renommierten Fachjournal „Nature Ecology and Evolution“ veröffentlicht.

In ihrer Vielfalt bedrohte Pflanzenwelt Foto: Universität Zürich

Auf den ersten Blick erscheint die Vielfalt der Formen und Funktionen von Pflanzen kaum erfassbar. Sie kann jedoch anhand morphologischer, physiologischer und biochemischer Merkmale beschrieben werden. Schon früher wurde gezeigt, dass Merkmale arten-übergreifend in zwei Hauptkategorien fallen, innerhalb derer jede Pflanze ein Gleichgewicht halten muss: zum einen die Größe und zum anderen die Ökonomie des Stoffwechsels. In einer aktuellen Studie in Nature Ecology and Evolution konnte ein Forscherteam anhand eines stark vergrößerten, globalen Datensatzes für 17 verschiedene Pflanzenmerkmale nun erstmals bestätigen, dass diese zwei Hauptkategorien für alle untersuchten Pflanzen weltweit gültig sind.

In der Kategorie Größen halten Pflanzen unter anderem die Wuchshöhe, die Blattgröße und die Größe der Samen in Balance. Diese Merkmale werden auch von hydraulischen Komponenten des Wassertransports in den Pflanzen beeinflusst. Die ökonomische Kategorie beschreibt, wie schnell und effektiv die Pflanze Energie und Biomasse durch Photosynthese gewinnt und damit auch, wie lange sie unter den jeweiligen Bedingungen überlebt. Bestimmt wird diese Kategorie durch messbare Merkmale wie z. B. den Aufbau und die Zusammensetzung der Blätter hinsichtlich Blattfläche sowie Stickstoff-, Phosphor- und Kohlenstoffgehalt der Trockenmasse. Mithilfe der zwei universal gültigen Hauptkategorien sind Lebensstrategien aller Pflanzenarten, die in weltweit zusammengetragenen Daten der TRY-Datenbank erfasst sind, nun gut erklärbar.

Die Merkmale einer Pflanze als Ganzes sowie der gesamten Vegetation werden aber durch unterschiedlichste externe Faktoren wie z. B. Klima, Bodenbeschaffenheit und menschliche Eingriffe beeinflusst. Welche Faktoren entscheidend sind, konnte auf der globalen Ebene bislang nicht bestimmt werden. Zur Beantwortung dieser Frage analysierte das Forscherteam, geleitet von Julia Joswig an der Universität Zürich und am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, die Pflanzenmerkmale von über 20.000 Arten. Entscheidend hierbei war die Tatsache, dass über die Standort-Daten der Pflanzen auch die Informationen zum Klima und der Bodenbeschaffenheit mitberücksichtigt wurden.

„Unsere Studie belegt eindeutig, dass Pflanzenmerkmale weltweit nur durch gemeinsame Effekte von Klima und Boden erklärbar sind“, so Joswig, und weiter: „Dies deutet darauf hin, dass Aspekte des Klimawandels und der Bodenerosion, die beide zum Beispiel durch eine veränderte Landnutzung auftreten, immer auch gemeinsam erforscht werden sollten.“

Viele der hier beschriebenen Zusammenhänge waren aus kleinteiligen, lokalen Studien bekannt. „Aber, dass diese Prozesse nun global aufgezeigt und ihre Bedeutung quantifiziert werden konnte, ist ein wichtiger Meilenstein“, fügt Prof. Miguel Mahecha von der Universität Leipzig hinzu. „Denn an Studien dieser Art können sich globale Erdsystem-Modelle orientieren, um die komplexe Wechselwirkung von Klima-Boden und Biodiversität darzustellen, was eine wichtige Voraussetzung für zukünftige Vorhersagen ist“, so Mahecha weiter.

Die Studie zeigt erwartungsgemäß, wie sich die Wuchshöhe von Pflanzenarten entlang der Breitengrade verändert, aufgrund des unterschiedlichen Klimas. Die Ökonomie der Pflanzen zeigt diesen Gradienten aber nicht. Ebenso ist die Bodenqualität nur zum Teil vom Klima geprägt, weshalb es einen Breitengrad-unabhängigen Anteil in der Bodeninformation gibt. Joswig und ihre Kolleg:innen zeigen, dass diese Bodeninformation aber auch für die Ökonomie relevant ist. Bodenbildende Faktoren sind neben dem Klima: im Boden lebende Organismen, die Geologie und die Topographie sowie natürlich der Zeitfaktor. Der Globale Wandel betrifft das Klima, die Organismen und teilweise die Topographie. Die Studie legt daher nahe, die Risiken für Pflanzen besonders in Bezug auf den Klimawandel und die Bodenerosion zu erforschen.

Danksagung: Diese Studie nutzte Pflanzeneigenschaftsdaten aus einer Sammlung von Datensätzen, die in der TRY-Datenbank des MPI-BGC zur Verfügung gestellt werden.

Originalpublikation:

Climatic and soil factors explain the two-dimensional spectrum of global plant trait variation: Julia S. Joswig, Christian Wirth, Meredith C. Schuman, Jens Kattge, Björn Reu, Ian J. Wright, Sebastian D. Sippel, Nadja Rüger, Ronny Richter, Michael E. Schaepman, Peter M. van Bodegom, J. H. C. Cornelissen, Sandra Díaz, Wesley N. Hattingh, Koen Kramer, Frederic Lens, Ülo Niinemets, Peter B. Reich, Markus Reichstein, Christine Römermann, Franziska Schrodt, Madhur Anand, Michael Bahn, Chaeho Byun, Giandiego Campetella, Bruno E. L. Cerabolini, Joseph M. Craine, Andres Gonzalez-Melo, Alvaro G. Gutierrez, Tianhua He, Pedro Higuchi, Herve Jactel, Nathan J. B. Kraft, Vanessa Minden, Vladimir Onipchenko, Josep Penuelas, Valerio D. Pillar, Enio Sosinski, Nadejda A. Soudzilovskaia, Evan Weiher, Miguel D. Mahecha. Nature Ecology and Evolution (2021)

DOI: 10.1038/s41559-021-01616-8

Quelle: Universität Leipzig