„Zahnloser Tiger“: Deutsche Umwelthilfe kritisiert fehlende Sanktionen gegen Verstöße bei neuer EU-Tierarzneimittel-Verordnung

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) übt harsche Kritik an der am 28.01.2022 in Kraft tretenden EU-Tierarzneimittel-Verordnung.

Die Regulierung zielt darauf ab, die vorbeugende Gruppenbehandlung von Tiere mit Antibiotika im Futter und Trinkwasser stark zu reduzieren. Die neue Verordnung sieht bei Verstößen allerdings keine Sanktionen vor und wird deshalb kaum positive Auswirkungen entfalten. Auch der routinemäßige Einsatz von Reserveantibiotika wird nicht gestoppt. Die DUH fordert die EU-Kommission deswegen dazu auf, in den anstehenden Detail-Rechtsakten massiv nachzubessern.

Dazu Reinhild Benning, Agrar-Expertin der DUH: „Mit ihrer neuen Tierarzneimittel-Verordnung stellt die EU-Kommission die Interessen der Fleischindustrie und Futtermittelkonzerne über die Rettung kranker Menschen. Ohne handfeste Sanktionen gegen den alltäglichen Gebrauch von Antibiotika in der Massentierhaltung bleibt sie nur ein zahnloser Tiger, der nichts gegen die zunehmende Gefahr durch resistente Krankheitserreger ausrichten wird.

Weltweit sind antibiotikaresistente Keime jährlich für 1,27 Millionen Todesfälle verantwortlich. 18,9 Prozent der Antibiotikaresistenzen bei Menschen stammen dabei laut Studien von Lebensmitteln, allen voran von Fleisch. In einem von uns beauftragten Stichproben-Test haben wir bei jeder dritten Putenfleischprobe von Lidl und jeder vierten von Aldi resistente Erreger gefunden. Auch das zeigt, wie dringend Handlungsbedarf besteht. Die EU-Kommission muss sofort die notwendigen Schritte ergreifen, um die Praxis von routinemäßigem Antibiotikaeinsatz zu sanktionieren.“

Gerade der Einsatz von Reserveantibiotika in der Massentierhaltung wird von Ärzten und Umweltschützern seit langem heftig kritisiert. Reserveantibiotika im Trinkwasser und Futter zur Verabreichung an ganze Herden von Tieren sind in der EU noch immer nicht verboten. Dabei sollen diese Medikamente eigentlich für Menschen reserviert werden, bei denen alle anderen Antibiotika aufgrund resistenter Krankheitserreger bereits versagen.

Quelle: DUH