Listerien in Lebensmitteln: foodwatch übt Kritik an Hessens

Verbraucherschutzministerin Priska Hinz und fordert Reform des Kontrollsystems.

Nach dem Listerienfall in einem hessischen Obst-und-Gemüsebetrieb hat die Verbraucherorganisation foodwatch Kritik an der hessischen Verbraucherschutzministerin Priska Hinz geübt. Zweieinhalb Jahre nach dem Skandal um die ebenfalls mit Listerien belastete Wilke-Wurst mit mindestens drei Toten seien grundlegende Schwachstellen der Lebensmittelüberwachung nicht behoben worden. Pflichtkontrollen fielen aus, die Überwachung auf kommunaler Ebene könne zu Interessenkonflikten führen, Kontrollergebnisse würden nur in seltenen Fällen veröffentlicht. Nach wie vor fehle der politische Wille, die Verbraucher:innen wirksam vor unsicheren Lebensmitteln zu schützen. foodwatch forderte eine grundlegende Reform des Systems: Es brauche eine unabhängige Landesanstalt für Lebensmittelüberwachung, die mit ausreichend Personal ausgestattet ist und alle Kontrollergebnisse veröffentlichen muss.

Der betroffene Obst- und Gemüsebetrieb in Südhessen war gut zwei Jahre lang nicht kontrolliert worden. Erst nachdem mehrere Menschen über Krankenhausessen an Listeriose erkrankten, kamen die Behörden Mitte Februar den gravierenden Hygienemängeln auf die Spur. Öffentlich wurde der Fall erst Mitte April aufgrund einer Zeitungsrecherche, die Behörden hatten zuvor nicht darüber informiert.

„Schimmel, Abwasserpfützen, Rattenkot – zweieinhalb Jahre nach dem Skandal um die Wilke-Wurst ist erneut ein hessisches Lebensmittelunternehmen in den Schlagzeilen, in dem katastrophale hygienische Bedingungen herrschten. Verbraucherschutzministerin Priska Hinz hat aus dem Fall Wilke keine wirksamen Konsequenzen gezogen. Die Fehler liegen im System: Wir brauchen mehr Personal, müssen weg von der fehleranfälligen kommunalen Überwachung und von der Geheimniskrämerei um die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen“, sagte foodwatch-Geschäftsführer Chris Methmann.

Verbraucherschutzministerin Hinz habe nach dem Wilke-Skandal zwar die landesweite Task-Force Lebensmittelsicherheit personell aufgerüstet, die den aktuellen Listeriose-Fällen schnell nachgegangen sei, so foodwatch. Um zukünftige Fälle zu verhindern, sei jedoch eine grundlegende Reform der Überwachung nötig. Erst im März dieses Jahres hatte der Hessische Rechnungshof der Lebensmittelüberwachung in Hessen in seinem Jahresbericht ein miserables Zeugnis ausgestellt.

Der Listerienfall offenbart laut foodwatch grundlegende Schwachstellen des Kontrollsystems – in Hessen wie auch bundesweit:

Viele Lebensmittelkontrollen fallen aus: 2018 fand in Deutschland jede dritte vorgeschriebene Lebensmittelkontrolle nicht statt. Das hat eine foodwatch-Recherche zu den rund 400 zuständigen Behörden ergeben. Die Situation dürfte sich laut foodwatch seither nicht verbessert, sondern eher verschärft haben. So habe die Corona-Pandemie dazu geführt, dass die Lebensmittelüberwachung massiv eingeschränkt wurde. Etwa, weil Lebensmittelkontrolleur:innen in den Gesundheitsämtern aushelfen mussten. Zudem habe die vorherige Bundesregierung Ende 2020 dafür gesorgt, dass die Anzahl der Pflichtkontrollen reduziert wurde. Auch dies sei nicht im Sinne der Lebensmittelsicherheit, kritisierte foodwatch. Im aktuellen Fall in Hessen hatte das zuständige Veterinäramt den Obst- und Gemüsebetrieb zwei Jahre lang nicht kontrolliert.

Mögliche Interessenkonflikte auf kommunaler Ebene: In Deutschland sind rund 400 meist kommunale Kontrollämter für die Lebensmittelüberwachung zuständig. Das kann zu Interessenkonflikte führen, denn die Kommunen sollen sich einerseits um den Verbraucherschutz kümmern, gleichzeitig sorgen die Lebensmittelbetriebe für Steuereinnahmen und Arbeitsplätze. Im Fall des hessischen Obst- und Gemüsebetriebs stellt sich die Frage, ob die im Bericht der Task-Force Lebensmittelsicherheit aufgeführten baulichen Mängel, etwa die fehlenden Abflüsse im Boden, schon jahrelang durch die Kommune geduldet wurden. foodwatch fordert: Die Lebensmittelüberwachung muss von der Landkreis- auf die Länderebene verlagert werden – in eine eigenständige, politisch unabhängige Behörde.

Mangelnde Transparenz über Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen: Die hessischen Behörden stießen Mitte Februar auf die massiven Hygienemängel im Obst- und Gemüsebetrieb und die Verunreinigungen mit Listerien und schlossen daraufhin den Betrieb. Die Öffentlichkeit erfuhr jedoch erst am Osterwochenende im April über eine Zeitungsrecherche davon. Behörden müssen per Gesetz dazu verpflichtet werden, Missstände immer sofort öffentlich zu machen. Länder wie Dänemark machten es längt vor: Die konsequente Veröffentlichung aller amtlichen Kontrollergebnisse sorgt dort nachweislich für bessere Hygiene in Lebensmittelbetrieben.

Quellen und weiterführende Informationen:

Quelle: foodwatch