Studierende der FH Münster entwickeln glutenfreie Backwaren in Zusammenarbeit mit einem Start-up

Keine Krümel, kein Gummi.

Seit ihrem 13. Lebensjahr weiß Maita Beglau, dass sie von Zöliakie betroffen ist. Bevor sie ein Lebensmittel isst, muss sie sichergehen, dass es kein Gluten enthält. Die Auswahl an glutenfreien Produkten ist zwar über die Jahre größer geworden. Allerdings schmecken ihr viele Ersatzprodukte auf Basis von Mais oder Reis nicht immer. Inzwischen ist Maita Beglau 24 und Oecotrophologie-Studentin an der FH Münster. „Einfach spontan essen zu können, das vermisse ich immer noch“, sagt sie. Vor jedem Happen steht der kritische Blick auf die Zutatenliste und im Lokal muss sie fragen, ob die Speisen möglicherweise mit Gluten in Kontakt gekommen sind.

Wie der jungen Frau mit der Autoimmunerkrankung geht es etwa einem Prozent der Bevölkerung hierzulande. Laut Deutscher Zöliakie-Gesellschaft ist die Dunkelziffer weitaus höher. Nehmen Betroffene das Eiweiß Gluten zu sich, reagiert ihr Körper mit Entzündungen im Dünndarm. Über einen langen Zeitraum führen sie zu langfristigen Veränderungen, in deren Folge der Körper Nährstoffe nicht mehr richtig aufnehmen und verwerten kann. Schon Spuren von Gluten können Beschwerden auslösen. Während Menschen mit Zöliakie Gluten meiden müssen, verzichten einige freiwillig darauf.

Gluten kommt in vielen Getreidesorten vor und bringt als „Klebereiweiß“ eine wichtige Eigenschaft mit. Es hält die Bestandteile im Getreidemehl zusammen und bildet ein Netzwerk, das sogenannte Teiggerüst. „Fehlt es, können die gebildeten Gase der Hefen oder anderer Backtriebmittel nicht gehalten werden. Der Teig fällt beim Backen zusammen. Gluten ist daher aus lebensmitteltechnologischer Sicht nur schwierig zu ersetzen“, erklärt Prof. Dr. Matthias Lamping. Der Chemiker von der FH Münster betreut mit dem Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Guido Ritter Studierende der Oecotrophologie, die in den nächsten Monaten in einem Projekt zu glutenfreien Backwaren arbeiten. Simon Hüve und Raphael Utters entwickeln Rezepturen für Laugengebäck, Kekse und Baguette. Beide haben vor ihrem Studium eine Bäckerausbildung abgeschlossen. Die Studentinnen Maita Beglau und Lea Koch begleiten sie im Prozess. Wie Beglau ist auch Koch von Zöliakie betroffen.

Die Grundzutat liefert das Start-up Loaf aus Düsseldorf. „Alleskönner*in“ heißt der glutenfreie Mehlersatz, der ohne Mais, Reis und ohne zugesetzten Zucker auskommt. „Der Clou ist, dass wir das Gluten vollständig und schonend aus dem Weizen entfernen. So bekommen unsere Kunden den gewohnten Weizengeschmack und müssen ihre Lieblingsrezepte, die auf glutenhaltigem Mehl basieren, nicht abändern“, sagt Loaf-Mitgründerin Dr. Sarah Hintermayer. Für die Kooperation mit dem FH-Team nutzen die Biotechnologin und ihr Gründerkollege Johannes Mahn einen NRW-Innovationsgutschein. Von der Zusammenarbeit verspricht sich Hintermayer gut funktionierende Rezepturen, die sowohl Endverbraucher als auch Bäckereien erreichen sollen.

Es wird nicht nur darum gehen, die Rezepturen im Geschmack und in der Verarbeitbarkeit zu optimieren. Es sollen auch Produkte entstehen, die haltbar, gesund und nachhaltig sind und keine lange Zutatenliste haben. Vegetarisch oder sogar vegan sollen sie sein und frei von sogenannten FODMAPs. Damit sind schnell vergärende Kohlenhydrate gemeint, die unter anderem in Backwaren vorkommen und das Reizdarmsyndrom auslösen können. Obendrein muss im Zusammenspiel aller Zutaten die Textur stimmen. „Stimmt sie nicht, hat man entweder Krümel oder Gummi“, bringt es die Studentin Lea Koch auf den Punkt.

Für den gesamten Prozess nutzen die Studierenden die Ausstattung ihres Fachbereichs Oecotrophologie – Facility Management: Im food lab muenster arbeiten sie an der Entwicklung, den Geschmack und die Textur testen sie mit Proband*innen im Labor für Sensorik. „Da steht uns noch eine Menge spannender Arbeit bevor“, sagt Student Simon Hüve. Er freue sich aber darauf, die praxisnahe Aufgabe anzugehen und gemeinsam Lösungen zu finden. In den Laboren für Lebensmittelchemie untersucht Prof. Dr. Matthias Lamping die Produkte schließlich auf Rückstände von Gluten und FODMAPs.

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Quelle: FH Münster