Europas Regierungen setzen die Gesundheit der Schwarmfischbestände im Nordostatlantik aufs Spiel

Der Markt zieht Konsequenzen und orientiert sich nach Übersee.

Führende Einzelhändler und Hersteller in Europa haben begonnen, nachhaltige Makrele aus Chile zu beziehen, da die Befischung der Makrelenbestände im Nordostatlantik nicht nachhaltig reguliert ist.

Das Scheitern einer nachhaltigen Fangquotenaufteilung zwischen den europäischen Fischereinationen hat zu einer zu starken Befischung der Makrelenbestände im Nordostatlantik geführt [1] und für alle Fischereien den Verlust des MSC-Umweltsiegels bedeutet.

Infolgedessen suchen nun einige europäische Marken nach Makrelen-Alternativen, um dem Wunsch der Verbraucher nach Produkten aus nachhaltiger Quelle auch weiterhin entsprechen zu können.

In Deutschland wird Followfood, eine der richtungsweisenden Marken in Sachen Nachhaltigkeit, demnächst erstmals ein Dosenprodukt mit chilenischer Jack Makrele (dt. auch „Bastardmakrele“) auf den Markt bringen. Auch die führenden Einzelhändler Migros in der Schweiz, Delhaize in Belgien und Albert Heijn in den Niederlanden haben erstmals chilenische Makrele als nachhaltige Alternative zur Makrele aus dem Nordostatlantik in den Handel gebracht [2].

Europäischer Markt sucht nach nachhaltigen Alternativen

Julius Palm, verantwortlich für Strategie und Marke bei Followfood, betont: „Wir setzen bei unseren Fischprodukten durchgängig und kompromisslos auf Nachhaltigkeit. Das MSC-Siegel ist für uns die wichtigste Grundlage unserer followfish Fischereirichtlinien. Die europäische Makrelenfischerei im Nordostatlantik wird schlecht gemanagt und hat daher das MSC-Siegel verloren. Damit kommt sie für unser Portfolio nicht mehr in Frage. Wir sind froh, mit der chilenischen Jack Makrele eine nachhaltige Alternative gefunden zu haben“.

Raf de Smet, Category Manager Fisch und Fleisch bei der belgischen Charlier-Brabo Group (CBG), stellt fest. „Der Verlust des MSC-Siegels für die Fischereien im Nordostatlantik hat die Fisch-Landschaft im Einzelhandel gehörig durcheinander gebracht.“ Aber, ergänzt er, „“dass die Makrele aus dem Nordostatlantik nicht vollständig aus dem Sortiment genommen wurde, hat ein falsches Signal an die Verbraucher gesendet. CBG setzt bewusst auf MSC-zertifizierte Jack Makrele aus Chile. Wir hoffen, dass sich diese nachhaltige Alternative auf den europäischen Märkten durchsetzen wird. Wir unterstützen die klare Botschaft, dass eine MSC-Zertifizierung ein Muss ist!“ Die niederländische CBG ist Eigentümerin der Fisch- und Meeresfrüchte-Marke First State und Zulieferer der Marke FishTales.

MSC fordert entschlossenes Handeln der europäischen Regierungen

Der MSC, eine internationale Non-Profit-Organisation, die sich weltweit für den Erhalt gesunder Fischbestände einsetzt, fordert unterdessen ein entschlossenes Handeln in Sachen Fangquoten bei den anstehenden Regierungsverhandlungen im Mai.

Erin Priddle, MSC Programmdirektorin für Nordeuropa mahnt: „Eine Fischerei kann enorme Anstrengungen unternehmen, um ihre Nachhaltigkeit zu verbessern – aber wenn der politische Rahmen fehlt, reichen diese Anstrengungen oft nicht aus. Arten wie die Makrele, mit einem großen Verbreitungsgebiet, stellen eine besondere Herausforderung für die Fischerei dar, da sie von mehreren Staaten befischt werden. Solche Bestände können nicht auf der Grundlage nationaler Interessen bewirtschaftet werden – sie brauchen internationale Vereinbarungen und einen länderübergreifenden Bewirtschaftungsplan, der sich an wissenschaftlichen Vorgaben orientiert.“

Was macht Südamerika besser als Europa?

Im Gegensatz zur Makrele im Nordostatlantik wird die Makrele im Südpazifik nachhaltig befischt: Die 15 Nationen, die dort die chilenische Jack Makrele befischen, konnten sich auf eine nachhaltige Fangquotenaufteilung einigen. Der Jack Makrelenbestand ist gesund, und die Gesamtfangmenge steht im Einklang mit den wissenschaftlichen Empfehlungen des Internationalen Rates für Meeresforschung.

Für die chilenischen Fischer ist es erfreulich, dass sich ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich auszahlen, wenn nun in Europa ein neuer Markt entsteht. Die europäischen Makrelenfischer hingegen befinden sich in einer schwierigen Lage: Die Nachhaltigkeit ihrer Fischerei ebenso wie Teile ihres Absatzmarktes stehen auf dem Spiel, solange die Politik keine Einigung erzielen.

Hinweis: Die nächsten internationalen Verhandlungen über Quoten für Makrele im Nordostatlantik finden vom 11. bis 13. Mai 2022 statt.

Anmerkungen

[1] Die Europäische Union, Norwegen, Island, die Färöer-Inseln, das Großbritannien, Russland und Grönland waren bisher nicht in der Lage, sich auf eine nachhaltige Aufteilung der Fangquoten für Makrele, Atlanto-Skandischen Hering und Blauen Wittling im Nordostatlantik zu einigen. Stattdessen haben die einzelnen Staaten separate Quoten festgelegt, die zusammengenommen deutlich über den vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) empfohlenen nachhaltigen Richtwerten liegen. Für das Jahr 2021 liegen die festgelegten Gesamtquoten für die drei genannten Arten um 41 %, 35 % bzw. 25 % über den nachhaltigen Grenzwerten. Alle Fischereien hatten 2019 (Makrele) und 2020 (AS-Hering, Blauer Wittling) ihr MSC-Zertifikat verloren.

[2] Jack Makrelen-Produkte sind in den Regalen führender europäischer Einzelhändler wie Migros (Eigenmarke M-Classic „MSC Makrelenfilets“), Delhaize (First State „MSC Jack Mackerel“) oder Albert Heijn (FishTales „MSC Hors Makreel in Olie“) zu finden. Die nach Europa eingeführten Gesamtmengen steigen derzeit an. Potenzial für zukünftiges Wachstum besteht: Die jährliche Gesamtfangmenge der chilenischen Jack Makrelen-Fischereien liegt bei 600.000 Tonnen. Die Fischereien wurden 2019 und 2020 MSC-zertifiziert. Jack Makrele ist der nordostatlantischen Makrele in Geschmack, Konsistenz und Omega-3-Sättigung sehr ähnlich.

Quelle: MSC