Welches Potenzial hat Hanf als Nutzpflanze?

Hanf wird oft auf seine berauschende Wirkung reduziert. Doch die Kultur ist ein idealer Rohstoff für viele Bereiche.

Hanf
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Hanf wird weltweit seit Jahrhunderten als Kulturpflanze angebaut und war im 17. und 18. Jahrhundert der wichtigste Rohstoff auf dem Weltmarkt. Man unterscheidet zwischen Nutzhanf und Cannabis, dessen Blätter und Blüten größere Mengen des berauschenden Inhaltsstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) enthalten. Nutzhanf hat dagegen nur sehr geringe Gehalte an THC. Er wird vor allem als Faserpflanze genutzt. Dennoch unterliegt der Anbau von Hanf in vielen Ländern einer strengen staatlichen Kontrolle, auch in Deutschland.

Nur landwirtschaftliche Betriebe dürfen Hanf anbauen

Von 1929 bis 1996 war der Anbau in Deutschland komplett verboten. Seit 1996 darf die Pflanze wieder angebaut werden, allerdings unter strengen Auflagen. Eine Zulassung erhalten lediglich landwirtschaftliche Betriebe, Privatpersonen ist der Hanfanbau verboten. Zudem dürfen nur Sorten aus dem Katalog der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) angebaut werden, deren THC-Gehalt unter 0,2 Prozent liegt. Sorte und Menge müssen gemeldet werden und auch für die Ernte wird eine offizielle Freigabe von der BLE benötigt.

Obwohl die Anbaufläche für Hanf allein im Jahr 2021 um knapp 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen hat, ist die Pflanze eine absolute Nischenkultur in Deutschland. Insgesamt wurde Hanf 2021 nur auf 6.444 Hektar angebaut. Zum Vergleich: Die Anbaufläche von Weizen lag im gleichen Jahr bei knapp drei Millionen Hektar. Der Schwerpunkt des Hanfanbaus liegt derzeit in Niedersachsen und Bayern.

Hanf ist anspruchslos

Grundsätzlich ist der Anbau an fast allen Standorten in Deutschland möglich, denn die Pflanze stellt keine hohen Ansprüche an den Boden und hat einen relativ geringen Bedarf an Wasser und Nährstoffen. Zudem produziert die Pflanze sehr viel Biomasse und hinterlässt dadurch einen weitgehend unkrautfreien Acker. Nennenswerte Krankheiten oder Schädlinge gibt es derzeit nicht, sodass der Aufwand für den Pflanzenschutz gering ist. Das macht die Kultur auch für den Ökolandbau attraktiv.

Eine stärkere Ausdehnung des Anbaus verspricht man sich von der geplanten Legalisierung von Marihuana und Hasch, deren Besitz und Verkauf zukünftig erlaubt werden soll. Marihuana wird aus den Blüten und Blättern weiblicher Hanfpflanzen hergestellt, Hasch unter anderem aus dem Harz der Pflanze.

Hanf als Basis für nachhaltige Produkte

Die Ausdehnung des Hanfanbaus in den letzten Jahren beruht auf den vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten fast aller Pflanzenteile. Aus Hanfsamen lässt sich zum Beispiel Hanföl herstellen, das für die menschliche Ernährung geeignet ist, aber auch als Bestandteil hautschonender Kosmetika oder für medizinische Zwecke. Zudem gilt Hanf als „Superfood“, weil die Körner reich an Proteinen, Vitaminen und ungesättigten Fettsäuern sind. Deshalb wird Hanf inzwischen zum Beispiel als Ergänzung in Brot, Müsli, Schokolade und Aufstrichen verwendet.

Papier aus Hanf

Besonders interessant sind die Hanfstängel, die aus Fasern und einem holzigen Innenkern bestehen, den sogenannten Schäben. Die darin enthaltene Zellulose eignet sich sehr gut für eine umweltfreundliche Papierherstellung. Denn mit dem Ertrag von einem Hektar Hanf lässt sich deutlich mehr Papier herstellen als aus dem Holz von einem Hektar Wald. Dennoch überwiegt aktuell noch die Herstellung aus Holz, da weltweit zu wenig Hanf angebaut wird, um eine ausreichende Rohstoffversorgung sicherzustellen.

Auch für die Textilherstellung ist Hanf als Rohstoff eine sehr nachhaltige Lösung. Die Fasern sind dafür ebenso gut geeignet wie Baumwolle und lassen sich problemlos mit anderen Naturfasern mischen. Im Gegensatz zu Baumwolle werden beim Herstellungsprozess nur ein Bruchteil oder gar keine Chemikalien benötigt. Dennoch basiert die weltweite Textilproduktion derzeit zu 85 Prozent auf Baumwolle. Hanf kommt lediglich zu 0,5 Prozent zum Einsatz, weil die Kosten für die Herstellungstechnik bei Hanf höher liegen.

Bauen mit Hanfsteinen

Weiteres Potenzial ergibt sich für Hanf als klimaschonendes Baumaterial. Hanffasern und Schäben sind sehr leicht, haben eine enorme Zugfestigkeit und sehr gute Isoliereigenschaften. Zudem sind sie langlebig und recyclebar. Deshalb wird Hanf zum Beispiel zur Wärmedämmung sowie zum Schall- und Brandschutz eingesetzt. In Kombination mit Naturkalk lassen sich aus Hanfschäben auch zu umweltfreundlichen Ziegeln für den Hausbau verarbeiten. Die Herstellung ist allerdings zurzeit noch sehr teuer.

Durch ihre vielen positiven Eigenschaften werden Hanffasern häufig für die Herstellung von Verbundwerkstoffen genutzt. Im Gegensatz zu anderen Stoffen wie Glas- oder Carbonfasern sind sie deutlich günstiger und lassen sich rückstandsfrei verbrennen. Deshalb kommen sie zum Beispiel in der Automobilindustrie zum Einsatz, wo sie als Naturfaserverbundstoff für die Innenverkleidung bei Türen oder Instrumententafeln verbaut werden.

Comeback benötigt eine bessere Infrastruktur

Dass Hanf trotz seines großen Potenzials als vielfältiger Rohstoff noch eine Nischenkultur ist, liegt unter anderem an den fehlenden Strukturen für die Verarbeitung der Pflanze. So gibt es zurzeit nur acht Anlagen bundesweit, die Faserstroh aus Hanf aufarbeiten. Die Hanferzeugung ist für landwirtschaftliche Betriebe nur interessant, wenn eine Anlage in der näheren Umgebung liegt. Denn längere Transportwege machen den Anbau schnell unwirtschaftlich. Im Bereich der Hanfölgewinnung gibt es meist nur kleine, spezialisierte Mühlen, die überwiegend Bio-Hanf aus der Region verarbeiten.

Aufgrund der geringen Anbaubedeutung wird in Deutschland relativ wenig zu Hanf geforscht. Lediglich das Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe in Bayern (TFZ) und die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen führen häufiger Versuche zu Anbau und Verarbeitung durch. Im Zuge des wachsenden Bedarfs an nachhaltigen, klimaneutralen Produkten wie Baustoffen, Papier und Textilien dürfte Hanf aber zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen.

 

Quelle: Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) – landwirtschaft.de