Akuter Botulismus in deutschen Milchviehbeständen

Stellungnahme Nr. 027/2022 des BfR vom 20. Oktober 2022: Botulismus-Fälle des Menschen nach Verzehr von Milch und Milcherzeugnissen sind sehr unwahrscheinlich.

Der Botulismus des Menschen ist eine schwere Erkrankung, die durch Gifte, die BotulinumNeurotoxine (BoNT), ausgelöst wird. Sie werden vor allem von Bakterien der Spezies Clostridium (C.) botulinum im Lebensmittel gebildet und mit der Nahrung aufgenommen. Die Erkrankung führt in der Regel zu spezifischen neurologischen Störungen, z. B. Sehstörungen, Mundtrockenheit, Sprech- und Schluckstörungen, und kann tödlich verlaufen. Auch Tiere können erkranken, wenn sie BoNT mit dem Futter aufnehmen. Von Nutztieren sind in erster Linie Rinder betroffen. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) das Risiko bewertet, in Deutschland durch Milch und Milcherzeugnissen an Botulismus zu erkranken, wenn Milch gesunder Kühe verarbeitet wird, die allerdings aus einem Betrieb mit akuten Botulismus-Fällen im Milchviehbestand stammt.

In der Europäischen Union muss Rohmilch von Tieren stammen, deren allgemeiner Gesundheitszustand gut ist. Sie dürfen keine Anzeichen von Krankheiten aufweisen, welche eineKontamination der Milch zur Folge haben könnte. In Milchviehbetrieben mit akuten Botulismus-Fällen können jedoch sowohl von gesunden als auch von kranken Rindern größereMengen an C. botulinum-Sporen mit dem Kot ausgeschieden werden und beim Melken gesunder Kühe in die Tankmilch gelangen. Durch Verdünnungseffekte beim Transport und während der Verarbeitung in der Molkerei würde sich der Sporengehalt jedoch erheblich reduzieren.

Zudem ist ein Auskeimen der Sporen und die Bildung von BoNT in Milcherzeugnissen, die gekühlt oder gefroren gelagert werden (z. B. pasteurisierte Milch, Milcheis), stark gesäuert sind (Sauermilcherzeugnisse) oder einen niedrigen Wasseranteil besitzen (Butter, Milchpulver), nicht zu erwarten. Deshalb sind Botulismus-Fälle nach Verzehr dieser Milcherzeugnisse sehr unwahrscheinlich. Darüber hinaus können die Sporen von C. botulinum durch eine mindestens dreiminütige Erhitzung auf 121 °C oder vergleichbare Erhitzungsverfahren (z.B. Sterilisation, Ultrahocherhitzung) vollständig abgetötet werden. Bei der Ultrahocherhitzung (UHT-Behandlung, engl. Ultra-high temperature) erfolgt eine kurzzeitige Erhitzung auf eine Temperatur von mindestens 135 Grad Celsius. Daher sind durch den Verzehr von UHT-Milch und daraus hergestellten Milcherzeugnissen keine Botulismus-Fälle zu erwarten.

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Quelle: BfR