Hülsenfrüchte: ungenütztes Potenzial für Gesundheit und Nachhaltigkeit

„ernährung heute“ zeigt die positiven gesundheitlichen und ökologischen Effekte von Hülsenfrüchten sowie ihre Bedeutung für ein nachhaltiges Ernährungssystem auf.

Als hochwertiger Eiweißlieferant sind Linsen, Bohnen, Erbsen und Kichererbsen eine gute Möglichkeit, um den eigenen Fleischkonsum zu reduzieren. In der Planetary Health Diet kommt Hülsenfrüchten aufgrund ihrer Gesundheits-, Umwelt- und ökonomischen Vorteile eine tragende Rolle zu.

Doch auch in der Küche werden sie nach einem Schattendasein in den vergangenen Jahren zunehmend zum Star, da sie eine wichtige Eiweißquelle für vegan und vegetarisch lebende Menschen sind. Das forum. ernährung heute (f.eh) widmet daher den Schwerpunkt in der aktuellen Ausgabe von ernährung heute den Hülsenfrüchten. Weitere Themen sind Kraftsport und die Bewegungspyramide als hilfreiche Orientierung für einen aktiven Lebensstil sowie die Vogelmiere als nächster Teil der Wildkräuter-Serie.

Hülsenfrüchte finden sich in allen Esskulturen, werden aber als Schlüsselfaktor im Ernährungssystem noch unterschätzt. Vor allem in punkto nachhaltiger Ernährung bieten sie zahlreiche Vorteile. So spricht ihnen die Planetary Health Diet der EAT-Lancet Commission eine wesentliche Rolle zu, weil ihr Konsum mit Gesundheitsvorteilen einhergeht sowie der Anbau eine nachhaltige Landwirtschaft und mehr Biodiversität fördert. Während dabei tierisches Eiweiß aus Fleisch, Fisch und Eiern in den Hintergrund rückt, ist ein größerer Anteil aus Nüssen und Hülsenfrüchten vorgesehen.

Der tatsächliche Verzehr liegt jedoch weit unter den empfohlenen 75–100 g Hülsenfrüchte pro Tag. Laut Österreichischem Ernährungsbericht 2017 konsumieren Frauen und Männer der Altersgruppe 21–51 Jahre täglich 9 g Bohnen, Linsen & Co., was nur einem Zehntel der Empfehlung entspricht.

Soja ist tierischem Eiweiß (nahezu) ebenbürtig

Viele Menschen meinen, mit Hülsenfrüchten nicht ausreichend Eiweiß aufzunehmen, da die Qualität des pflanzlichen Eiweißes gegenüber dem tierischen geringer ist. Auch Hülsenfrüchte enthalten mehr entbehrliche und weniger unentbehrliche Aminosäuren. Daher wird diskutiert, die Zufuhrempfehlung für Menschen, die wenig oder kein tierisches Eiweiß konsumieren, auf bis zu 1,0 g/kg Körpergewicht und Tag anzuheben. Aktuell beträgt der D-A-CH-Referenzwert für gesunde Erwachsene ab 19 Jahren bis unter 65 Jahren 0,8 g/kg.

Wer in erster Linie auf pflanzliches Eiweiß setzt, sollte aber auf zwei weitere Dinge achten: Erstens, insgesamt genug zu essen, um eine ausreichende Energiezufuhr sicherzustellen und zu vermeiden, dass Eiweiß als Energiequelle herangezogen wird. Und zweitens, eine breite Auswahl pflanzlicher Eiweißquellen zu nutzen und gezielt zu kombinieren – allen voran Hülsenfrüchte und Getreide, denn Erstere sind reich an Lysin und arm an Methionin, während es bei Letzteren genau umgekehrt ist. Durch diese Kombination ergänzen sich die beiden essenziellen Aminosäuren. Das ist etwa der Fall bei Linsen mit Semmelknödel, Hummus mit Fladenbrot oder Bohnen mit Tortillas.

Auch Sojaeiweiß kann eine wichtige Alternative sein, denn seine Qualität ist jener von tierischen Eiweißquellen fast oder ganz ebenbürtig (je nach Datenquelle). Sojabohnen und daraus hergestellte Produkte wie Tofu, Sojadrink und Tempeh punkten mit hoher Qualität und haben viele Nährstoffvorteile gegenüber tierischen Lebensmitteln (z. B. Fettsäurezusammensetzung, Ballaststoffe, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe).

Positive Gesundheitseffekte

Hülsenfrüchte punkten zudem mit weiteren gesundheitsrelevanten Aspekten. So adressieren sie genau jene Parameter, die bei vielen Menschen aus dem Lot geraten sind, etwa Blutzuckerspiegel, Cholesterin- und Triglyceridspiegel, Blutdruck und Darmgesundheit. Der Grund dafür liegt unter anderem in ihrem hohen Anteil an Kohlenhydraten von 55 bis 65 % in der Trockensubstanz. 30–40 % davon liegen als Amylose vor, also als resistente Stärke, die günstig wirkt. Sie passiert den Dünndarm unverdaut, beeinflusst den Blutzuckerspiegel nicht und ist nicht glykämisch wirksam.

Erst im Dickdarm wird die resistente Stärke durch die Darmbakterien zu kurzkettigen Fettsäuren wie Butyrat oder Propionat verstoffwechselt. Daher zählt die resistente Stärke zu den Ballaststoffen und fördert unter anderem die Darmgesundheit. Kurzkettige Fettsäuren schützen die Darmbarriere und hemmen chronische Entzündungsprozesse, die mit der Entwicklung von gastrointestinalen Problemen wie Colitis, Übergewicht und Diabetes Typ 2 verbunden sind. Bei Menschen mit Diabetes wurde festgestellt, dass die Aufnahme von resistenter Stärke hilft, den Insulinspiegel und die Insulinresistenz deutlich zu reduzieren.

Die Themen im Heft

  • Die Vielfalt bei Hülsenfrüchten ist enorm. Elisabeth Sperr, wissenschaftliche Mitarbeiterin im f.eh, gibt einen Einblick in die unterschiedlichen Arten und zeigt auf, worauf für einen sorgenfreien Verzehr zu achten ist.
  • Soja ist als Öl- und Eiweißpflanze in aller Munde und wird zunehmend für die Lebensmittelherstellung genutzt. Das f.eh hat mit Matthias Krön von Donau Soja über die europäische Eiweißwende gesprochen.
  • Kräftige Muskeln sind wichtig, um die Widerstandskraft zu erhöhen. Sportwissenschafter Alexander Pürzel gibt einen Einblick in richtiges Training und zum Eiweißbedarf bei Kraftsport.
  • Nicht nur Krafttraining ist gesund, sondern Bewegung im Allgemeinen. Aber wie und wie oft sollte man Sporteln? Die f.eh-Bewegungspyramide und die 2020 aktualisierten Österreichischen Bewegungsempfehlungen des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) geben konkrete Vorschläge für alle Altersgruppen.
  • Ernährungswissenschafterin und Sensorikerin Eva Derndorfer stellt in der Wildkräuterserie diesmal die Vogelmiere vor. Sie begleitet die Menschheit bereits seit der Steinzeit und wächst heute weltweit an unterschiedlichen Standorten zu verschiedenen Jahreszeiten.

Das Heft wird auf Anfrage an presse@forum-ernaehrung.at gerne als pdf-Version zur Verfügung gestellt.

Quelle: forum. ernährung heute