Lebensmittel mit Insekten: Marktcheck deckt fehlende Kennzeichnung auf

Insekten zum Essen: Obwohl solche Produkte inzwischen auch bei uns Einzug in die Lebensmittelangebote halten, hat die EU Herstellung und Handel damit noch nicht geregelt.

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Fried insects sold in the streets of Bangkok, Thailand

Ein Marktcheck der Verbraucherzentralen deckt Regelungslücken und Kennzeichnungsmängel auf. Das Wichtigste in Kürze:

  • Lücken bei der Allergenkennzeichnung und bei Hinweisen darauf, wie Keime in der Herstellung abgetötet worden sind: Unser Marktcheck zeigt, was sich bei Lebensmitteln mit Insekten verändern muss.
  • Einige Produkte sind außerdem stark zucker- oder salzhaltig, enthalten wenig Insekten und sind sehr teuer.
  • Hersteller, die Europäische Union sowie die Lebensmittelüberwachung sind gefragt, bei den neuartigen Produkten für die Einhaltung von Gesetzen und höhere Transparenz zu sorgen.

Ob als Zutat in Nudeln, Proteinriegeln, Müslis oder als gewürzte Snacks: Heuschrecken, Mehlwürmer und Co. tauchen zunehmend im Sortiment des Lebensmittelhandels auf. Sie sind neuartige Lebensmittel (Novel Food), deren dauerhafte Zulassung in der Europäischen Union noch aussteht. Für Produkte, für die ein Novel-Food-Antrag vorliegt, gelten Übergangsregelungen. Darum dürfen sie vorerst in den Handel gelangen. Im Mai 2021 hat der gelbe Mehlwurm (Tenebrio molitor) als erstes Insekt eine Zulassung als neuartiges Lebensmittel erhalten.

Aber was steckt drin und wie wird das Käufern transparent gemacht? Die Verbraucherzentralen haben in einem Marktcheck 32 insektenhaltige Lebensmittel aus dem stationären Handel auf Nährwerte, Kennzeichnung und Werbeaussagen geprüft. Was wir festgestellt haben:

  • Die Kennzeichnung möglicher Kreuzallergien ist lückenhaft.
  • Es fehlen Hinweise, ob die Produkte bei der Herstellung erhitzt oder einem anderen Verfahren zur Keimabtötung unterzogen wurden.
  • Teils wird mit unzulässigen nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben geworben.
  • Einige Produkte sind stark zucker- oder salzhaltig und
  • allesamt sind sie sehr teuer.

Verbotene Werbeaussagen zu Nährwerten und Gesundheit

Sicherheitsbedenken bei fehlenden Verwendungshinweisen

Insektenhaltige Lebensmittel können krankmachende Keime enthalten. Damit sie ohne Bedenken gegessen werden können, sollten die eingesetzten Speiseinsekten entweder erhitzt oder einem anderen Verfahren, wie einer Hochdruckbehandlung, unterzogen werden. Gesetzliche Vorgaben dafür gibt es bislang noch nicht, die EU arbeitet daran.

Bei fast 60 Prozent der im Marktcheck überprüften Produkte war nicht ersichtlich, ob die Speiseinsekten bei der Herstellung erhitzt oder anderweitig zur Keimabtötung behandelt wurden. Wir fordern daher die Hersteller auf, das angewendete Verfahren zu kennzeichnen und gegebenenfalls darauf hinzuweisen, dass die Speisen vor dem Verzehr erhitzt werden sollten.

Kennzeichnung möglicher Allergene lückenhaft

Bei Allergien gegen Schalen- und Krustentiere, Hausstaubmilben und Weichtiere kann der Verzehr von Speiseinsekten eine entsprechende, teils gefährliche Reaktion auslösen. Derzeit ist eine entsprechende Allergenkennzeichnung für Produkte mit Insekten in der EU aber nicht verpflichtend.

  • Bei allen im Marktcheck untersuchten Lebensmitteln wurde auf eine mögliche allergische Reaktion bei bestehender Schalen- und Krustentierallergie hingewiesen.
  • Dagegen fand sich lediglich bei 72 Prozent der Produkte ein entsprechender Hinweis für Hausstaubmilbenallergiker und nur knapp bei der Hälfte ein Hinweis für Weichtierallergiker.
  • Bei einigen Insektensnacks waren Gluten und Soja als Allergene gekennzeichnet, was vermutlich auf die Fütterung der Insekten zurückzuführen ist, da der Darm üblicherweise mitverzehrt wird.

Wir raten: Vor allem Personen mit einer bestehenden Allergie auf Schalen- und Krustentiere, Weichtiere und Hausstaubmilben sollten beim Verzehr von Speiseinsekten vorsichtig sein. Einen verpflichtenden Allergenhinweis halten wir für notwendig.

Werbeangaben zum Teil fehlerhaft

Zwölf der überprüften Insektenprodukte trugen insgesamt 20 eindeutig unzulässige nährwertbezogene Angaben. So wurden beispielsweise zahlreiche Produkte als „reich an Protein“ beworben, obwohl der gesetzlich vorgeschriebene Mindestgehalt an Eiweiß nicht enthalten war.

Die Auslobung von Vitaminen und Mineralstoffen, deren tatsächlicher Gehalt dann aber nicht in der Nährwerttabelle aufgeführt wird, ist ebenso nicht erlaubt. Auch hier fordern wir Hersteller auf, gesetzeskonform zu kennzeichnen.

Die Lebensmittelüberwachung schließlich sollte insektenhaltige Lebensmittel stärker auf unzulässige Angaben kontrollieren und Kennzeichnungsmängel ahnden.

Nutzen fraglich und teuer

Viele der im Rahmen des Marktchecks geprüften insektenhaltigen Lebensmittel sind in ihrem Nutzen in Frage zu stellen. Denn sie enthalten oft einen sehr geringen Insektenanteil, aber teils viele süßende Zutaten oder viel Salz.

Außerdem sind Insektenprodukte, allen voran die Snacks, viel zu teuer. Bei den in der Marktstichprobe erhobenen durchschnittlichen Preisen von mehr als 43 Euro pro 100 Gramm werden insektenhaltige Lebensmittel sonst auch weiterhin ein Nischendasein fristen.

Quelle: Verbraucherzentrale Bremen