Allergie, Unverträglichkeit oder einfach nur Bauchschmerzen?

Neue nationale Empfehlungen geben Hilfestellung.

Bauchschmerzen nach dem Mittagessen in der Kita, Husten nach dem Snack am Nachmittag oder Juckreiz nach dem Abendbrot – was ganz harmlose Ursachen haben kann, lässt viele Kleinkind-Eltern besorgt zurück. Ist mein Kind allergisch auf ein bestimmtes Nahrungsmittel oder leidet es an einer Unverträglichkeit? Das Netzwerk Gesund ins Leben klärt in seinen aktualisierten Handlungsempfehlungen zu Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter über den Umgang mit dieser Frage auf.

Erzieherinnen und Erzieher kennen das: Eltern melden in der Kita, dass ihr Kind bestimmte Lebensmittel nicht verträgt. Entsprechend passen die Kita-Angestellten die Mahlzeiten des Kindes an. Das ist vollkommen richtig, wenn die Allergie oder Unverträglichkeit durch eine Ärztin oder einen Arzt nachgewiesen wurde. Stellen Eltern die Ernährung ihres Kindes ohne Befund um, kann das auf verschiedenen Ebenen zu Problemen führen. Zum einen steigt der Aufwand der Betreuungseinrichtungen, die die Außer-Haus-Verpflegung organisieren. Zum anderen entstehen gegebenenfalls Nachteile für das Kind. Welche Schritte nötig sind, um eine Allergie oder Unverträglichkeit festzustellen und wie Eltern mit kritischen Lebensmitteln umgehen sollten, wird in den aktualisierten Handlungsempfehlungen zu Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter des bundesweiten Netzwerks Gesund ins Leben erklärt.

Keine Ernährungsanpassung ohne ärztlichen Rat

Vermuten Eltern bei ihrem Kleinkind eine Nahrungsmittelallergie oder -unverträglichkeit, streichen sie die unter Verdacht stehenden Lebensmittel oft instinktiv vom Speiseplan. Dabei kann eine Einschränkung der Lebensmittelauswahl zu sozialen sowie gesundheitlichen Belastungen führen. Bestimmte Lebensmittel einfach wegzulassen, kann außerdem zu einem Nährstoffmangel führen und damit die Gesundheit des Kindes negativ beeinflussen. Das Netzwerk Gesund ins Leben im Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) empfiehlt daher, Nahrungsmittel längerfristig nur auf Basis einer gesicherten ärztlichen Diagnose aus der Ernährung von Kleinkindern auszuschließen. Aber Achtung: Nicht alle angebotenen Diagnoseverfahren eignen sich dazu, eine Allergie oder Unverträglichkeit nachzuweisen. Eine Aufzählung geeigneter sowie ungeeigneter Verfahren ist in den aktualisierten Handlungsempfehlungen zu finden.

Verhalten bei positiver Diagnose

Wie Eltern mit Nahrungsmittelallergien, -unverträglichkeiten oder anderen ernährungsrelevanten Erkrankungen bei ihren Kindern am besten umgehen, ist von der Diagnose abhängig:

  • Bei einer Nahrungsmittelallergie muss das allergieauslösende Nahrungsmittel strikt gemieden werden. Allergien treten bei Kindern hauptsächlich beim Verzehr von Hühnerei, Kuhmilch, Erdnuss, Schalenfrüchten (Nüssen), Fisch, Sesam und Soja auf.
  • Wurde eine Nahrungsmittelunverträglichkeit nachgewiesen, ist die individuell vertragene Menge unterschiedlich. So genügt es bei einer Fruktose-Malabsorption – bei der die Fruktose aus der Nahrung durch eine Fehlfunktion nicht oder nur begrenzt vom Dünndarm aufgenommen wird – meist, den Konsum fruktose- bzw. sorbithaltiger Lebensmittel zu reduzieren. Die Fruktose-Malabsorption ist nicht mit der seltener auftretenden erblichen Fruktoseintoleranz gleichzusetzen, bei der lebenslang auf Fruktose verzichtet werden muss. Von einer Laktoseintoleranz – auch als Milchzuckerunverträglichkeit bekannt – sind Kleinkinder in der Regel noch nicht betroffen – sie tritt bei genetisch veranlagten Menschen meist erst im Laufe des Schulalters auf.
  • Die Zöliakie ist eine besondere Form der Allergie, die außerdem Merkmale einer Autoimmunerkrankung aufweist. Im Falle einer positiven Diagnose ist es notwendig, glutenhaltiges Getreide (z. B. Weizen, Roggen, Dinkel, Gerste) komplett wegzulassen.
  • Übrigens: Auch Eltern von Kleinkindern mit Neurodermitis sollten potenziell allergieauslösende Nahrungsmittel nicht pauschal aus der Ernährung ihres Kindes ausschließen, sondern zunächst einen Arzt oder eine Ärztin konsultieren.

Ausgewogen und abwechslungsreich essen trotz Allergie oder Unverträglichkeit

Stellen Arzt oder Ärztin eine Unverträglichkeit oder Allergie auf bestimmte Nahrungsmittel fest, muss die Ernährungsweise des Kleinkindes entsprechend angepasst werden. Wichtig ist es, die Mahlzeiten trotzdem ausgewogen und abwechslungsreich zu gestalten. Nur so kann der Bedarf an Energie und Nährstoffen zuverlässig gedeckt werden. Das Netzwerk Gesund ins Leben empfiehlt in diesen Fällen eine qualifizierte Beratung durch eine Fachkraft wie Ernährungsberaterin und -berater sowie Ärztin und Arzt.

Und was ist mit Kita und Co.?

Während die Eltern sich nach professioneller Beratung auf die besonderen Bedürfnisse ihres Kindes einstellen können, werden die neuen Gegebenheiten in anderen Lebensbereichen nicht automatisch berücksichtigt. Kitas und andere Betreuungseinrichtungen, in denen das Kind isst, müssen zum Beispiel gesondert über die veränderten Umstände informiert werden. Dazu hat das Netzwerk Gesund ins Leben ein Formular zur ärztlichen Bescheinigung für Nahrungsmittel-Allergien und -unverträglichkeiten zur Vorlage in Kindertagesstätten sowie begleitende Erläuterungen entwickelt. Es klärt die betreuenden Einrichtungen über die ärztlich bestätigten Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -allergien eines Kindes auf und hält dazu an, das weitere Vorgehen auf dieser Grundlage gemeinsam zu besprechen.

Hintergrund

Die Handlungsempfehlungen zu Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter wurden 2022 aktualisiert und sind nationaler Beratungsstandard für Fachkräfte. Im Rahmen des Aktualisierungsprozesses bewerteten die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirates die wissenschaftliche Evidenz auf Basis von aktuellen systematischen Reviews, Metaanalysen, Leitlinien und weiteren belastbaren Studiendaten zu Themen wie Ernährung, Nahrungsmittelunverträglichkeiten/-allergien und körperliche Aktivität im Kleinkindalter (ein bis einschließlich drei Jahre). Sie verabschiedeten auf dieser Grundlage die aktualisierten Empfehlungen im Konsens, die durch alle relevanten Berufsverbände sowie die beteiligten wissenschaftlichen Fachgesellschaften unterstützt werden. Der Prozess wurde vom Netzwerk Gesund ins Leben koordiniert.

Gesund ins Leben ist ein Netzwerk von Institutionen, Fachgesellschaften und Verbänden zur Förderung der frühkindlichen Gesundheit – von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Das Netzwerk gehört zum Bundeszentrum für Ernährung. Dieses ist in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung angesiedelt, im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Das Netzwerk Gesund ins Leben ist Teil des Nationalen Aktionsplans „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“.

Quelle: www.bzfe.de