Die Verdaulichkeit von Proteinen im Labor messen und Tierversuche reduzieren

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Wie viel der vorhandenen Proteine in Lebensmitteln kann der menschliche Körper aufnehmen und wie hochwertig sind diese Proteine?

Das sind die wichtigen Fragen in den Diskussionen rund um eine gesunde und nachhaltige Ernährung. Agroscope hat eine Methode entwickelt, mit der die Proteinverdaulichkeit von verschiedenen Lebensmitteln im Labor zuverlässig gemessen werden kann. Das eröffnet vielversprechende Perspektiven in der Ernährungsforschung und reduziert aufwändige Versuche an Mensch und Tier.

Eine gesunde und nachhaltige Ernährung wird immer wichtiger. Und dabei spielen Proteine und deren Bestandteile, die Aminosäuren, eine entscheidende Rolle. Agroscope ist es gelungen, das menschliche Verdauungssystem im Labor zu simulieren und so die Proteinverdaulichkeit von Lebensmitteln genau zu bestimmen. Die Resultate wurden kürzlich im renommierten Fachmagazin «Food Chemistry» publiziert.

Forschung für gesunde und nachhaltige Ernährung

Die Proteinverdaulichkeit ist ein entscheidender Faktor, um die Qualität von Nahrungsproteinen in Lebensmitteln zu beurteilen. Sie sagt aus, wie viel der theoretisch verfügbaren Aminosäuren in Lebensmitteln nach dem Verdauungsprozess tatsächlich verfügbar sind, um vom menschlichen Körper aufgenommen zu werden. Aminosäuren sind wichtig für den Stoffwechsel und die Muskulatur. Die Proteinverdaulichkeit hat somit einen direkten Einfluss auf eine gesunde und nachhaltige Ernährung.

Tierversuche reduzieren

Agroscope ist es 2019 gelungen, den menschlichen Verdauungsprozess im Reagenzglas im Labor zu simulieren («in vitro») – angefangen beim Speichel, über den Magen bis zum Dünndarm. Die Forschenden haben die Methode seither weiterentwickelt und die Proteinverdaulichkeit von sieben Nahrungsmitteln im Menschen, im Schwein und im Reagenzröhrchen gemessen. Dabei zeigte sich, dass die drei Messverfahren sehr ähnliche Resultate lieferten. Die Abweichungen betrugen nur rund 0,2%. Damit kann die Methode mithelfen, künftig eine Vielzahl von Versuchen an Mensch und Tier zu vermeiden.

Wie ökologisch sind Lebensmittel?

Agroscope nutzt die neue Methode bereits in zahlreichen Projekten, um mögliche Qualitätsverbesserungen verschiedener Lebensmittel zu erforschen: beispielsweise in Versuchen mit Sojaprodukten, Joghurts, Milchersatzprodukten auf pflanzlicher Basis oder auch mit neuartigen Nahrungsmitteln wie Insekten. Da die Proteinverdaulichkeit einen Einfluss auf den ökologischen Fussabdruck von Lebensmitteln hat, fliessen die Resultate auch in Ökobilanzierungen ein.

Wertigkeit von Nahrungsmitteln bestimmen

Die Erkenntnisse sollen zudem ermöglichen, die Wertigkeit von Nahrungsmitteln weltweit standardisiert zu bestimmen. Dafür soll die Methode möglichst bald als ISO-Standard publiziert werden. Aktuell wird sie in 32 verschiedenen Laboren, in 18 Ländern und auf vier Kontinenten auf Robustheit getestet. Der Zeitpunkt dafür ist ideal, da die Welternährungsorganisation FAO künftig verlangen wird, dass die Proteinverdaulichkeit von Lebensmitteln ausgewiesen und die Konsumenten so über die Qualität der Lebensmittel informiert werden. Auch die Lebensmittelindustrie, die bei dem Forschungsprojekt mitarbeitete, wartet auf eine solche Möglichkeit.

Weitere Forschungsfelder

Das neue Verfahren wird in den kommenden Monaten an weiteren Proteinquellen getestet. So wissen die Forschenden zum Beispiel noch nicht, ob es auch geeignet ist, technologisch prozessierte Lebensmittel zu analysieren. Sie wollen auch herausfinden, welche Faktoren bei der Herstellung von Lebensmitteln die Proteinverdaulichkeit beeinflussen. Zudem soll es später möglich sein, die unterschiedliche Verdauung von Menschen verschiedener Altersgruppen (z.B. Säuglinge oder ältere Leute) oder solchen mit medizinisch beeinträchtigter Verdauung zu simulieren. An diesen Themen wird Agroscope in einem internationalen Netzwerk weiterforschen und ihre langjährige Expertise in der Ernährungsforschung weiter vertiefen.

Kontakt:
Reto Portmann
Forschungsgruppe Biochemie der Milch und Mikroorganismen
Agroscope, Schwarzenburgstrasse 161, 3003 Bern
Mediendienst Agroscope
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Quelle: Agroscope