Eckpunkte der Bundesregierung: Ernährungswende ja, aber wie wird sie finanziert?

Eckpunktepapier der Bundesregierung benennt Notwendigkeit einer stärker pflanzenbasierten Ernährung.

Das Bundeskabinett hat heute das Eckpunktepapier „Weg zur Ernährungsstrategie der Bundesregierung“ verabschiedet. Das Bündnis #ErnährungswendeAnpacken begrüßt, dass die Notwendigkeit einer deutlich pflanzlicheren Ernährung als zentraler Hebel für das Erreichen globaler Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele benannt wird und auch die Bekämpfung der Ernährungsarmut einen hohen Stellenwert erhält. Zu bemängeln bleibt jedoch, dass der Ernährungsstrategie konkrete Ziele sowie ein Budget für die Umsetzung fehlen. Hinzu kommt, dass die Zuständigkeit für konkrete Maßnahmen teils nicht in der Zuständigkeit des Bundes liegt.

Das Bündnis #ErnährungswendeAnpacken begrüßt, dass das Eckpunktepapier der Bundesregierung mit der Aufführung von zwölf Themenfeldern darauf abzielt, die Ernährungswende umfassend anzugehen. Das Papier beschreibt zutreffend die Relevanz der Ernährungsgewohnheiten in Deutschland mit Blick auf Gesundheit, Umwelt und Klima sowie soziale Gerechtigkeit und bekennt sich vor diesem Hintergrund zu internationalen und europäischen Abkommen im Bereich Klimaneutralität und Ernährungsgerechtigkeit.

Wie genau die Ernährungswende erreicht werden soll, bleibt jedoch im Nebel. Das Bündnis kritisiert, dass es an konkreten, messbaren Zielen und verbindlichen Maßnahmen fehlt. Es fehlt vor allem jegliche Aussage zur Finanzierung relevanter Handlungsfelder wie beispielsweise der Bereitstellung einer gesunden und nachhaltigen Verpflegung für Heranwachsende in Schule und Kita sowie in der Kinder- und Jugendhilfe – ein Ziel, das mit Blick auf die zunehmende Ernährungsarmut in Deutschland an Brisanz gewinnt. Fehlt einer zukunftstauglichen Gemeinschaftsverpflegung weiterhin das finanzielle Fundament, droht sie erneut ein hohles Versprechen zu bleiben. Der wissenschaftliche Beirat beim Bundeslandwirtschaftsministerium empfahl dafür bereits 2020, eine Finanzierung in Milliardenhöhe vorzusehen.

Eine ähnliche finanzielle Lücke tut sich beim Elefanten im Raum auf: Die Strategie beabsichtigt, den Konsum tierischer Lebensmittel auf ein nachhaltiges und gesundheitsförderndes Maß zu reduzieren. In Gegenzug sollen Produktion und Angebot von möglichst unverarbeitetem Gemüse und Obst, Hülsenfrüchten und Nüssen erhöht werden. Auch dies ist ein großes transformatives Vorhaben, bei der die Gesellschaft mitgenommen werden soll und muss.

Die Referentin für nachhaltige Ernährung und Klimaschutz des WWF Deutschland, Silke Oppermann, sagte:

„Es ist gut, dass die Bundesregierung die Wende hin zu einer pflanzenbetonten Ernährung in den Kontext von internationalen Abkommen zum Klima und zu Kinderrechten rückt. Positiv ist auch, dass die Gemeinschaftsverpflegung in den Fokus gerückt und ihr Potenzial für den gesellschaftlichen Wandel erkannt wird. Unklar bleibt allerdings, wie das BMEL mangels eigener Zuständigkeit im Schulbereich hier mit Ländern und Kommunen zusammenarbeiten will. Unverständlich ist die Blockade der FDP gegen die einfach und zeitnah umsetzbare Entlastung durch Mehrwertsteuersenkung auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte, für das die EU bereits im April den Weg geebnet hat. Es bleibt abzuwarten, wie die Visionen der Strategie umgesetzt werden, denn diese enthält weder konkrete Maßnahmen noch Aussagen zur Finanzierung.“

Für die Vertreter*innen von #ErnährungswendeAnpacken steht fest: Angesichts der sich verschärfenden Umwelt- und Gesundheitskrisen sowie Fragen der sozialen Gerechtigkeit benötigt es dringender denn je eine ambitionierte, von Beginn an ausreichend finanzierte Ernährungsstrategie, die gesundes und nachhaltiges Essen für alle zugänglich macht. Das zu erreichen, muss das Ziel der Bundesregierung sein. Die vorgelegten Eckpunkte der Ernährungsstrategie müssen hierfür den Rahmen schaffen. Andernfalls verursacht das ausbleibende Handeln Kosten in Milliardenhöhe – für uns und zukünftige Generationen.

Das Bündnis wird getragen von: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. (BVKJ), BerufsVerband Oecotrophologie e. V. (VDOE), Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern (BÄK), Bundesvertretung der Medizinstudierenden, Deutschland e. V. (bvmd), Bundeszahnärztekammer, Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e.V. (BZÄK), Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e. V. (BÖLW), Deutsche Adipositas Gesellschaft e. V. (DAG) Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) der DAG, Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM), Deutsches Netzwerk Schulverpflegung (DNSV), Ecologic Institute, Netzwerk der Ernährungsräte, Institut für Welternährung, iSuN – Institut für Nachhaltige Ernährung, Fachhochschule Münster, Physicians Association for Nutrition (PAN), ProVeg, RAL Gütegemeinschaft Ernährungs-Kompetenz e.V., Slow Food Deutschland e. V., Verband der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband e. V. (VDD), Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv), WWF Deutschland

Quelle: WWF