Sport & Ernährung: Food first, Supplements second

Experten bei f.eh live im Talk zum Thema „Sport und Ernährung – sind Supplemente nötig?“: Braucht ausgewogene Ernährung, um Nährstoffbedarf zu decken – Supplemente sind nur Ergänzung.

Nahrungsergänzungsmittel gewinnen im Sport immer mehr an Bedeutung. Sie können eine ausgewogene und ausreichende Ernährung aber keinesfalls ersetzen, sondern lediglich punktuell ergänzen. Zudem ist für positive gesundheitliche Effekte nicht nur die Menge einzelner Nährstoffe wichtig, sondern deren Zusammenwirken mit der gesamten Lebensmittelmatrix und anderen Nährstoffen, so die Experten beim f.eh live im Talk zum Thema „Sport und Ernährung – sind Supplemente nötig?“. MMag. Judith Haudum, MSc, (Paris Lodron Universität Salzburg) und Mag. Alexander Pürzel (Universität Wien) betonen zudem, dass die Ernährung den unterschiedlichen Belastungen und deren Dauer angeglichen werden sollte. Über eine vielfältige Ernährung kann der Tagesbedarf an Nährstoffen im Normalfall erreicht werden, so die Experten im Gespräch mit Elisabeth Sperr, MSc, wissenschaftliche Mitarbeiterin im forum. ernährung heute (f.eh). Um Nebenwirkungen zu vermeiden, sollte man sich vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln jedenfalls ausführlich informieren oder beraten lassen. Das Webinar kann auf der Seite forum-ernaehrung.at/live-im-talk nachgesehen werden.

Nahrungsergänzungsmittel sind aus der Sportwelt nicht mehr wegzudenken. Mit Nährstoffen angereicherte Shakes, Kapseln und Pulver werden von vielen Sportbegeisterten regelmäßig eingenommen – und zwar unabhängig davon, ob es sich um Profi-, Amateur- oder Hobbysportler handelt. Laut einer aktuellen Umfrage des Verbraucherzentralen Bundesverbands1 in Deutschland gibt die Hälfte der Erwachsenen an, regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel zu kaufen. Umfragen zufolge ist der Hauptgrund das Erhalten der Gesundheit – die auch laut Experten der wichtigste Faktor für sportliche Erfolge ist – gefolgt von der Leistungssteigerung. In diesem Fall sind Supplemente meist Teil der „Marginal Gains“ – also unterschiedlichen kleinen Stellschrauben –, mit denen insgesamt eine Weiterentwicklung erreicht werden soll.

Nur einnehmen, was wirklich gebraucht wird

Besonders populär sind laut Experten momentan Eiweißpräparate wie BCAAs (engl. branched chain amino acids) – ein Komplex aus den Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin – sowie im Ausdauerbereich Ketone. BCAAs wirken positiv bei Muskelkater und gegen eine Ermüdung nach langandauernder Aktivität, jedoch nicht hypertroph. Die Aminosäure Leucin regt allerdings den Proteinstoffwechsel an, weshalb aktuell verstärkt an der entsprechenden Zufuhrmenge geforscht wird. Zudem werden häufig Omega-3- und Vitaminpräparate eingenommen, obwohl es kaum wissenschaftliche Evidenz zu deren leistungssteigernder Wirkung gibt.

Den Experten beim f.eh live im Talk zufolge liegen wiederum gute Belege zur Wirkung von Koffein und Kreatin vor. Der aufputschende Effekt des Koffeins kann allerdings bei hohen Mengen als Nebenwirkung die Schlafqualität beeinträchtigen, was sich wiederum negativ auf die Leistung auswirken kann. Als Richtwert gelten laut Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für gesunde Erwachsene bis zu 400 mg pro Tag als unbedenklich. Kreatin wiederum wirkt vor allem bei längeren hochintensiven Belastungen und unterstützt hier auf dem sprichwörtlichen letzten Meter.

Ausgewogene Ernährung ist Pflicht

Die Experten raten von einer pauschalen Einnahme von Supplementen ab. Sie betonen, dass Nahrungsergänzungsmittel keinesfalls eine normale, abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung ersetzen können oder sollen. Zwar erhöht sich je nach Trainingsumfang und Belastung der Nährstoffbedarf, der Körper reagiert darauf jedoch auch mit mehr Hunger. Daraus resultieren in der Regel größere Portionen, mit denen der Großteil des Nährstoffbedarfs abgedeckt werden kann. Es gilt das „Food-First-Prinzip“, also Nährstoffe vor allem über die normale Ernährung aufzunehmen und Supplemente nur als Ergänzung einzunehmen.

Wer als „harter Sportler“ gelten möchte, sollte somit ausgewogen kochen lernen, um einen Nährstoffmangel zu vermeiden, statt unreflektiert zu supplementieren, sagt Alexander Pürzel. Zudem ist es günstig, kleinere Zwischenmahlzeiten zwischen Trainingseinheiten einzubetten (Pre- und Post-Workout-Nutrition), damit der Körper die nötige Energie und die Nährstoffe abrufen kann. Bei längeren Ausdauersporteinheiten (z. B. Langstreckenlauf, Triathlon) sollte auch während der Einheiten Energie zugeführt werden (Peri-Workout-Nutrition), da der Körper über einen langen Zeitraum einer erhöhten Belastung ausgesetzt ist. Im Kraftsport sind sogenannte Booster stark nachgefragt. Wie alle Mix-Präparate sind sie vor der Einnahme kritisch zu überprüfen, weil sie auch Stoffe enthalten können, die auf der Dopingliste stehen und die Gesundheit beeinträchtigen können.

Bei Nahrungsergänzungsmitteln besteht zudem das Risiko einer Überdosierung. Gerade bei Eiweißsupplementierung wird häufig mehr aufgenommen, als für die Weiterentwicklung der Muskulatur nötig ist, so Judith Haudum. Hier zeigen Studien, dass damit andere Makronährstoffe wie Kohlenhydrate und Fette nur über einen Kalorienüberschuss abgedeckt werden können. Generell gilt bei Nahrungsergänzung: Mehr ist nicht automatisch besser.

Unbedingt beraten lassen

Doch welches Produkt ist nun für den Einzelnen das richtige? Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Vor der Einnahme sollte man sich insbesondere hinsichtlich Nebenwirkungen informieren oder beraten lassen. Die Experten nennen hierfür etwa die Österreichische Gesellschaft für Sporternährung oder die Swiss Sports Nutrition Society. Eine professionelle Ernährungsberatung kann ebenfalls hilfreich sein, um den individuellen Bedarf besser heraus zu arbeiten. Bei Jugendlichen raten die Experten gänzlich von Nahrungsergänzungsmitteln ab: Zum einen fehlen meist aussagekräftige Studien zu den Wirkungen, andererseits ist es während des Wachstums wichtiger, mit einer ausgewogenen Ernährung die Basics für später zu schaffen.

Quelle: f.eh