Zusatzstoffe – Fluch oder Segen?

Zusatzstoffe in Zahlen

Aktuell sind über 300 Zusatzstoffe in der Europäischen Union zugelassen. Alle zugelassenen Zusatzstoffe unterliegen einer turnusmäßigen Neubewertung. Das heißt, sie werden immer wieder neu überprüft und nur dann weiterhin zugelassen, wenn ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit erneut bestätigt werden kann.

Foto: ©DawnFoods

Zitat

„Es gibt wohl keine andere Stoffgruppe im Lebensmittelbereich, die seit vielen Jahrzehnten einer so intensiven Beobachtung und gesetzlichen Reglementierung unterliegt wie die Zusatzstoffe. Wie in den meisten Lebensmitteln werden auch in Backwaren Zusatzstoffe eingesetzt. Diese dienen in erster Linie dazu, naturbedingte Schwankungen in den Rohstoffen auszugleichen, eine hohe Qualität zu gewährleisten und die Haltbarkeit zu verbessern.“

CHRISTOF CRONE
Vorsitzender und Geschäftsführer, Wissensforum Backwaren e.V.

Was sind Zusatzstoffe eigentlich?

Zusatzstoffen haftet im Allgemeinen eher ein schlechter Ruf an, wie auch eine Befragung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) aus dem Jahr 2021 bestätigt (siehe unten). Die gleiche Befragung zeigt aber auch, dass vielen gar nicht bewusst ist, was Zusatzstoffe eigentlich sind und warum sie eingesetzt werden.

Nach Artikel 3 der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 ist ein Lebensmittelzusatzstoff „ein Stoff mit oder ohne Nährwert, der in der Regel weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische Lebensmittelzutat verwendet wird und einem Lebensmittel aus technologischen Gründen (…) zugesetzt wird (…).“

Eine Zulassung für Zusatzstoffe darf gemäß der Verordnung nur erteilt werden, wenn …

  • sie gesundheitlich unbedenklich sind,
  • sie technologisch notwendig sind,
  • Verbraucher durch ihre Verwendung nicht getäuscht werden.

Klassische Zusatzstoffe sind etwa Farb- und Konservierungsstoffe, Süßungs- und Säuerungsmittel, Emulgatoren und Stabilisatoren sowie Antioxidationsmittel, aber auch Backtriebmittel. Aromen zählen übrigens NICHT zu den Zusatzstoffen. Dennoch gibt es natürlich auch für Aromen Regelungen zu Zulassung und Kennzeichnung, hier greift die europäische Verordnung (EG) Nr. 1334/2008.

Wahrheit & Wahrnehmung

Im Mai 2021 befragte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rund 1.000 Verbraucherinnen und Verbraucher zum Thema Lebensmittelzusatzstoffe. Im „BfR-Verbrauchermonitor 2021 | Spezial Zusatzstoffe in Lebensmitteln“ legt das Institut die Ergebnisse der repräsentativen Studie vor.

55 % gaben hier an, dass sie beim Einkauf von Lebensmitteln versuchen, bestimmte Zusatzstoffe zu vermeiden. Dazu zählen Geschmacksverstärker (84 %), Süßungsmittel (69 %), Farbstoffe (64 %), Konservierungsstoffe (60 %) und Emulgatoren (43 %). Denn das gesundheitliche Risiko – besonders von Süßungsmitteln, Geschmacksverstärkern und Konservierungsstoffen – wird von rund der Hälfte der Befragten als sehr hoch eingeschätzt. Unverträglichkeiten, Krebs, Übergewicht und Diabetes waren die häufigsten gesundheitlichen Risiken, die bei offener Fragestellung als Folge vermutet wurden.

Das BfR weist ausdrücklich darauf hin, dass in der Europäischen Union Lebensmittelzusatzstoffe erst zugelassen werden müssen, bevor sie verwendet werden dürfen, und hierfür ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit Voraussetzung ist. Die Angst vor etwaigen gesundheitlichen Folgeschäden lässt sich wissenschaftlich also nicht belegen.

Einen Teil der Erklärung für diesen Widerspruch liefert die Umfrage aber gleich mit: Verbraucherinnen und Verbraucher fühlen sich nicht gut über Lebensmittelzusatzstoffe informiert.

Die Sache mit den E-Nummern

Jeder Zusatzstoff muss gesundheitlich geprüft und gesetzlich zugelassen werden. Ist dieses Prüfverfahren abgeschlossen, erhält der Stoff eine E-Nummer (E für Europa). E-Nummern lassen sich wie folgt einteilen:

E 100-180: Farbstoffe

E 200-297: Konservierungsstoffe

E 300-385: Antioxidations- & Säuerungsmittel

E 400-495: Verdickungs- & Feuchthaltemittel

E 500-586: Säuerungsmittel u. a.

E 620-650: Geschmacksverstärker

E 950-1521: Süßstoffe u. a.

Die Zulassung: doppelt und dreifach geprüft

Die Zulassung von Zusatzstoffen ist in vielen Fällen auf bestimmte Lebensmittel und Höchstmengen begrenzt. Die wissenschaftliche Beurteilung erfolgt in der Regel durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Diese wiederum greift auch auf Erkenntnisse der nationalen Risikobewertungsbehörden zurück, etwa des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Zusätzlich sind internationale Gremien beteiligt: Der internationale Gemeinsame FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) nimmt seit Jahrzehnten kontinuierlich Sicherheitsbewertungen vor. Darüber hinaus gibt es die sogenannte Codex-Alimentarius-Kommission, die 1962 als gemeinsames Gremium der FAO (Welternährungsorganisation) und der WHO (Weltgesundheitsorganisation) von den Vereinten Nationen gegründet wurde. Innerhalb dieser Kommission gibt es auch ein Codex-Komitee für Lebensmittelzusatzstoffe. Es legt weltweit Standards, Richtlinien, auch Höchstgehalte und Risikoabschätzungen für Zusatzstoffe in Lebensmitteln fest.

Derzeit wird gemäß der europäischen Zusatzstoffverordnung (VO (EG) Nr. 1333/2008) die Sicherheit aller Lebensmittelzusatzstoffe, die vor dem 20. Januar 2009 in der EU zur Verwendung zugelassen wurden, nach einem festgelegten Plan erneut überprüft und bewertet.

Gute Stoffe, böse Stoffe: Fluch oder Segen?

Viele Zusatzstoffe sind auch von Natur aus schon in Lebensmitteln enthalten, wie etwa Ascorbinsäure (E 300 – E 302), was nichts anderes als Vitamin C ist, oder Pektin (E 440), ein löslicher Ballaststoff, der in Äpfeln und anderen Früchten vorkommt − wer schon einmal selbst Marmelade gekocht hat, weiß um seine gelierende Wirkung. Würde man bei einem Apfel alle enthaltenen Stoffe kennzeichnen, die man kennzeichnen müsste, wenn man sie von außen zusetzt, wäre die Zutatenliste sehr lang.

Auch Lecithin (E 322) ist natürlicherweise in Hühnerei, Sojabohnen oder Weizenkeimen enthalten. Ein Hühnerei enthält deutlich mehr Lecithin als eine Backware, in der Lecithin als Emulgator oder Mehlbehandlungsmittel eingesetzt wurde.

Wir alle essen täglich Zusatzstoffe − solche, die schon in den Rohwaren an sich enthalten sind und solche, die zusätzlich von außen hinzugefügt wurden. Kein Zusatzstoff wird grundlos zugesetzt, allein schon, weil es nicht wirtschaftlich wäre, eine zusätzliche Zutat zu verwenden, die nicht nötig ist. Aus dem gleichen Grund gilt auch bei jedem Hersteller das Motto „So wenig wie möglich“. Meist wird nur ein Bruchteil der erlaubten Höchstmenge verwendet.

Durch die ständigen Prüfverfahren kann es allerdings vorkommen, dass auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die gesundheitliche Unbedenklichkeit eines Zusatzstoffes nicht mehr mit absoluter Sicherheit gewährleistet werden kann, und um jedes Risiko auszuschließen, die Verwendung verboten wird, wie zuletzt bei Titandioxid. Dies zeigt aber auch, dass die Kontrollmechanismen funktionieren und schon im Verdachtsfall entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.

Der schlechte Ruf, den Zusatzstoffe haben, ist nicht gerechtfertigt. Sie machen Lebensmittel, wie wir sie heute kennen und schätzen, erst möglich, sorgen für Haltbarkeit und Sicherheit und führen somit auch zu deutlich weniger Lebensmittelabfällen. Ein kritischer Blick ist immer gut. Wertschätzung aber ebenso.


Über das Wissensforum Backwaren

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