Passt Mango zu Kohlrabi?

Projekt „ReformBio“ erforscht das Potenzial von Foodpairing bei der Zuckerreduktion.

Blutzucker
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Weniger Süßigkeiten, mehr Obst und Gemüse: Auch in diesem Jahr gehört das Ziel, sich ab sofort gesünder zu ernähren, zu den beliebtesten Neujahrsvorsätzen. Allerdings können sich in vermeintlich gesunden Lebensmitteln, wie Müsli und Fruchtjoghurt, große Zuckermengen verstecken. Das Projekt „Reformulierungsstrategien für Bio-Lebensmittel“ (ReformBio) an der Hochschule Bremerhaven sucht nach Möglichkeiten, wie sich der Zuckergehalt in verarbeiteten Bio-Lebensmitteln reduzieren lässt, ohne dass Geschmack und Konsistenz leiden. Ein mögliches Instrument ist das sogenannte Food Pairing, bei dem sich zum Teil sehr unterschiedliche Lebensmittel geschmacklich perfekt ergänzen. Bei der diesjährigen Biofach in Nürnberg vom 14. bis 17. Februar können sich Messebesucher:innen am Stand des Landes Bremen selbst davon überzeugen, dass Zuckerreduziertes nicht weniger lecker ist. Dort ist das Projekt mit Produkten zur Verkostung vertreten.

Derzeit arbeiten Projektleiterin Dipl.-Ing. Kirsten Buchecker und Projektmitarbeiterin Lisa Nitze an einem zuckerreduzierten Fruchtjoghurt und untersuchen, inwiefern sie die Eigenschaften von Food Pairing nutzen können. Dies könnte beispielsweise eine Chance für natürliche Süße in Fruchtzubereitungen bieten. „Natürliche Süßungsmittel, beispielsweise Traubendicksaft, können einen ungewohnten Eigengeschmack haben. In Kombination mit bestimmten Früchten kann dieser aber das fruchtige Aroma verstärken oder für mehr Süße sorgen“, erklärt Kirsten Buchecker. Genutzt wird eine Datenbank, in der Informationen über die aromatischen Verbindungen in verschiedenen Lebensmitteln gespeichert sind. So lässt sich herausfinden, welche Lebensmittel zueinander passen und ihre Aromen gegenseitig verstärken können. Dabei können Kombinationen herauskommen, die scheinbar nicht zusammenpassen – zum Beispiel Mango und Kohlrabi. „Das haben wir nicht für unsere Joghurts getestet, aber zum Beispiel Erdbeere und Rosmarin. Vielleicht finden wir innovative Geschmackskombinationen oder können beliebte Sorten mit weniger Zucker neu kombinieren“, so Buchecker.

Doch nicht nur der Geschmack eines zuckerreduzierten Fruchtjoghurts muss die Konsument:innen überzeugen, sondern auch die Konsistenz. Das ist eine besondere Herausforderung für die Forscherinnen. „Eine Zuckerreduktion von bis zu 20 Prozent ist ohne größere Probleme möglich. Wenn wir aber den Zuckergehalt um 25 Prozent senken, wird der Joghurt flüssig“, weiß Projektmitarbeiterin Lisa Nitze. Der Grund: In Kombination mit Verdickungsmitteln bildet der Zucker Strukturen, die für die gewünschte Konsistenz sorgen. Wird der Zuckergehalt zu gering, funktioniert dies nicht mehr.

Im Labor der Hochschule arbeitet das Projektteam daran, dass sich der Joghurt nicht in Trinkjoghurt verwandelt. Für Bio-Lebensmittel sei dies nicht so einfach, da viele Zusätze nicht erlaubt sind. „Zwar gibt es auch natürliche Verdickungsmittel, die wir verwenden dürfen. Diese haben aber entweder einen Eigengeschmack oder sorgen dafür, dass die Frucht nicht mehr gut zu schmecken ist. Dann müsste man mit Aromen arbeiten, was im Biobereich nicht erlaubt ist. Daher untersuchen wir auch hier, ob Food Pairing uns weiterhilft“, erklärt Nitze. Aktuell entwickeln die Wissenschaftlerinnen Rezepturen für Erdbeer-, Mango- und Heidelbeerjoghurt. „Bisher haben wir noch keine Lösung gefunden, mit der wir die feste Konsistenz des Joghurts bei einer Zuckerreduktion ab 25 Prozent erhalten konnten. Wir arbeiten zwar daran, aber möglicherweise ist das Ergebnis am Ende, dass es einfach nicht funktioniert“, so Nitze.

Der hohe Zuckergehalt in verarbeiteten Lebensmitteln ist ein Problem. Gerade Produkte für Kinder enthalten häufig mehr als 20 Prozent Zucker. Dies gilt nicht nur für konventionelle Lebensmittel, sondern auch für Bio-Produkte. Um dem entgegenzuwirken, wurde 2018 die „Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten“ beschlossen. Bis 2025 wollen die Hersteller beispielsweise den Zuckergehalt in Fruchtjoghurts um 15 Prozent, in Frühstückscerealien sogar um mindestens 20 Prozent senken. Langfristig ist eine Zuckerreduktion um 30 Prozent geplant.

Die erste Produktentwicklung des Projekts „ReformBIO“, ein Knuspermüsli, hat bereits mehrere Verkostungen hinter sich gebracht – mit positivem Ergebnis. „Wir konnten ein Müsli entwickeln, das genauso knusprig wie die zuckerhaltigen Sorten ist, aber 30 Prozent weniger Zucker enthält. Dadurch hat sich auch der Nutriscore von C auf A verbessert“, so Buchecker. Aktuell arbeiten die Forscherinnen nicht nur an einem zuckerreduzierten Fruchtjoghurt, sondern auch an Keksen. Auch hier ist die Konsistenz eine große Herausforderung, da Zucker die gewünschte Knusprigkeit erzeugt. Bis zum Projektende wollen sie außerdem ein Erfrischungsgetränk mit bis zu 30 Prozent weniger Zucker entwickeln.

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Quelle: Hochschule Bremerhaven