Greenwashing: Trügerische Nachhaltigkeit

Von CO-2-kompensiert bis klimapositiv: Produkte und Dienstleistungen werden immer wieder als besonders umwelt- oder klimafreundlich beworben.

Wenn Umwelteigenschaften dabei positiver dargestellt werden, als sie eigentlich sind, spricht man von Greenwashing. Im Interview erklärt Jochen Geilenkirchen, Referent Nachhaltiger Konsum im Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), was an Greenwashing problematisch ist und warum die bisherige Regulierung nicht ausreicht.

Jochen Geilenkirchen: Greenwashing kann viele verschiedene Formen annehmen und sich sowohl auf die Herstellung eines Produktes, seine Nutzung, Entsorgung oder Verpackung beziehen. Besonders deutlich wird Greenwashing, wenn eine umweltbezogene Werbeaussage offensichtlich falsch ist. Beispielsweise wenn Bambusbecher als „biologisch abbaubar“ beworben werden, obwohl das auf das Produkt gar nicht zutrifft. Eine subtilere Form von Greenwashing ist, einen einzelnen positiven Aspekt eines eigentlich schädlichen Produkts herauszustellen und so das ganze Produkt umweltfreundlicher erscheinen zu lassen. Beispielsweise, wenn Fisch aus Aquakulturen als umweltfreundlich gelabelt wird, weil er eine Überfischung der Meere verhindert – und dabei unter den Tisch fällt, dass für Aquakulturen oftmals Mangrovenwälder zerstört werden und der Fisch damit auf eine andere Art umweltschädlich ist. Auch das Werben mit Selbstverständlichkeiten (beispielsweise „frei von FCKW“ – obwohl die Verwendung von FCWK ohnehin schon seit Jahren verboten ist) kommt immer wieder vor.

Und was ist daran problematisch?

Greenwashing stellt Verbraucher:innen vor ein Problem: Möchten sie nachhaltig konsumieren, sind sie auf Informationen angewiesen, die ihnen von Herstellern zur Verfügung

gestellt werden. Diese Informationen können jedoch keine Orientierung bieten, wenn unklar ist, wie verlässlich sie sind. Eine aktuelle Untersuchung im Auftrag des vzbv hat gezeigt: Verbraucher:innen schätzen die Verlässlichkeit von Werbeaussagen und Siegeln auf Lebensmitteln oft falsch ein.

Eine Konsumlandschaft, in der nahezu alle Produkte mit Umwelteigenschaften beworben werden, macht es Verbraucher:innen unmöglich, nachhaltige von nichtnachhaltigen Produkten zu unterscheiden. Das schadet nicht nur Verbraucher:innen, sondern auch der Umwelt: Wenn die Umwelteigenschaften von Produkten nicht unterscheidbar sind, ändern sich schädliche Konsummuster nicht, sondern setzen sich fort.

Warum ist die Werbung mit „Klimaneutralität“ Greenwashing?

Klimaneutralität ist ein wichtiges klimapolitisches Ziel im globalen Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel. Der Begriff findet sich jedoch auch immer häufiger in Werbeclaims wieder: Verbraucher:innen wird „klimaneutrales Haarshampoo“, „klimapositive Pasta“ oder gar „CO2-neutrales Heizöl“ angeboten.

Die Werbung für vermeintlich „klimaneutrale“ Produkte, Dienstleistungen oder Unternehmen ist aus Sicht des vzbv hochproblematisch: Sie spielt mit dem Unwissen von Verbraucher:innen über den Zusammenhang von „Klimaneutralität“ mittels Kompensation von Treibhausgasen und der zweifelhaften Wirksamkeit solcher Maßnahmen. Außerdem erweckt sie den Eindruck, beworbene Produkte haben keine schädlichen Auswirkungen auf das Klima. Das ist aber bislang unmöglich. Werbung mit „Klimaneutralität“ ist damit klassisches Greenwashing.

Warum reichen bisherige Gesetze nicht aus?

Viele Formen von Greenwashing können schon jetzt juristisch unterbunden werden: Die EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UCPD) ermöglicht beispielsweise Klagen gegen bestimmte „irreführende“ Aussagen.

Ein generelles Problem der nachträglichen gerichtlichen Überprüfung von Werbeaussagen ist jedoch, dass sie zunächst auf dem Markt verwendet werden können, bis sich ein Kläger findet. Komplett verhindern lässt sich Greenwashing so nicht. Außerdem gibt es bislang keine allgemeingültigen Vorgaben, wie beworbene positive Umwelteigenschaften nachgewiesen werden müssen und unter welchen Bedingungen mit Umwelteigenschaften geworben werden darf.

Quelle: vzbv