Die Spiegel mehrfach ungesättigter Omega-6-Fettsäuren wurden schon früher mit dem Risiko für Typ-2-Diabetes in Verbindung gebracht.
Doch entscheidend ist, welche Klasse von Plasmalipiden betrachtet wird. Damit eignen sich bestimmte Lipide als Biomarker, um den Einfluss der Ernährung aber auch des Fettstoffwechsels in der Entstehung der Erkrankung besser bewerten zu können. Zu diesen Ergebnissen kommt ein Team um Marcela Prada, Fabian Eichelmann und Matthias Schulze vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE), einem Partner des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) e.V., jetzt in Diabetes Care.
Schon früher haben Forschende die Blutspiegel an Omega-6-Fettsäuren, einer Gruppe mehrfach ungesättigten Fettsäuren, wie Linolsäure oder Dihomogammalinolensäure, mit einem geringeren bzw. höheren Diabetes-Risiko in Verbindung gebracht. Die Fettsäuren wurden jedoch nur im Gesamtplasma oder in recht umfangreichen Plasmafraktionen bestimmt.
Spezifische Phospholipide und andere Lipidklassen hatten Wissenschaftler:innen bisher nicht in derselben Population vergleichend analysiert. Da Lipidklassen unterschiedliche Funktionen haben und teils unterschiedlich mit dem Diabetes-Risiko assoziiert sind, wollten die Forschenden bestehende Wissenslücken schließen.
Daten aus der EPIC-Potsdam Studie liefern neue Erkenntnisse
Grundlage ihrer neuen Veröffentlichung war die European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Potsdam-Kohorte mit 27548 Teilnehmenden. Alle Proband:innen machten bei der Aufnahme in die Kohorte ausführliche Angaben zu Vorerkrankungen, zur Größe, zum Gewicht und zum Lebensstil. Außerdem nahmen die Forscher*innen Blutproben von allen Teilnehmenden. Zu Beginn der Studie hatte niemand Typ-2-Diabetes. Während der Nachbeobachtungszeit, die im Mittel bei 6,5 Jahren lag, wurden Patient:innen mit neu auftretender Typ-2-Diabetes-Diagnose erfasst.
Mit Hilfe modernster Messmethoden charakterisierten die Forschenden das Lipidom, sprich Hunderte von Lipidmolekülen, in Blutproben von insgesamt 1.602 Proband:innen, darunter 536 Personen mit Typ-2-Diabetes. Sie konnten die Zusammensetzung der Fettsäuren in mehrere Lipidklassen beziehungsweise Lipid-Subklassen detailliert bewerten. Danach verglich das Team die Lipidkonzentrationen bei Proband:innen, die an Diabetes erkrankten, mit Personen ohne Diabetes-Diagnose.
Konzentrationen mehrerer Omega-6-Fettsäuren mit Diabetes-Risiken assoziiert
Die Auswertung zeigt im Überblick: Höhere Konzentrationen von Linolsäure waren mit einem niedrigeren Typ-2-Diabetes-Risiko assoziiert, vor allem in den Lipidklassen der Lysophosphatidylcholine und Monoacylglycerolen. Und höhere Konzentrationen von Dihomogammalinolensäure in unterschiedlichen Fettsäureklassen oder als freie Fettsäuren waren mit einer höheren Typ-2-Diabetes-Inzidenz verbunden. Bei Arachidonsäure gab es keine statistisch signifikante Assoziation.
„Unseres Wissens ist dies die erste prospektive Studie, die sich auf mehrfach ungesättigte Omega-6-Fettsäuren in einem großen Lipidpanel und auf deren Zusammenhang mit dem Diabetesrisiko konzentriert, und wir haben festgestellt, dass die Risikoassoziationen je nach Lipidklasse stark variieren“, sagt Prada.
Eichelmann ergänzt: „Die identifizierten Lipide sind potenzielle Biomarker für Stoffwechselstörungen; sie können zum Verständnis von Aspekten des Lipidstoffwechsels beitragen, die mit Typ-2-Diabetes in Verbindung stehen.“
Auf mögliche Perspektiven weist Schulze hin: „Da Diabetes schleichend auftritt, könnte der Nachweis von Biomarkern vor der eigentlichen Diagnose wertvoll sein, um frühzeitig Personen mit erhöhtem Diabetes-Risiko zu erkennen.“ Dazu seien jedoch weitere Studien erforderlich.
Lipide als mögliche Zielstrukturen für die Prävention
In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden in Erfahrung bringen, ob die Ernährung die Konzentration von Linolsäure in verschiedenen Lipidklassen verändern kann, speziell in Lysophosphatidylcholinen und Monoacylglycerolen, die mit einem geringeren Diabetes-Risiko in Verbindung stehen.
Abgesehen von der Nahrungsaufnahme sind Stoffwechselprozesse, die zu höheren oder niedrigeren Konzentrationen an Linolsäure oder Dihomogammalinolensäure führen, interessant. Falls sich Stoffwechselwege extern beeinflussen lassen, könnten sie zur Verringerung des Typ-2-Diabetes-Risikos genutzt werden.
Quelle: DIfE